SpaceX Raumanzug

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Offline Regnart

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Re: SpaceX Raumanzug
« Antwort #175 am: 17. September 2024, 07:46:27 »
Wo oder wie wird die Temperatur gemessen? Am Bein? Am Arm? In der Achselhöhle? Direkt auf der Haut? Zwischen Unterwäsche und Anzug? In den Layern vom Anzug oder gar Helm, die ausgeatmete Luft oder die eingeatmete Luft? Auf der Kopfhaut? Hier wäre es sicher am besten, da Kopf am empfindlichsten ist und nicht schwitzen kann. Je nach Messpunkt wären 33 °C auch viel zu kalt.

Es geht hier nicht um die Körpertemperatur, sondern um die Innentemperatur des Anzugs, sinnvollerweise gemessen am Ausgang zum Abluftschlauch (Spekulation). Dort liegt die Temperatur idealerweise bei etwa 20 °C:
https://de.wikipedia.org/wiki/Raumtemperatur#Geb%C3%A4udetechnik_und_Alltag

Wenn man sich nicht bewegt, sind 30 °C, wie zum Beispiel beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre, für ein paar Minuten auch noch akzeptabel. Das mussten die Pflanzensamen aushalten, die als Testpiloten mit Chang’e 6 zum Mond flogen; bei menschlichen Raumfahrern liegt die Innentemperatur des Druckanzugs, wenn ich mich recht entsinne, in dieser Situation bei 27 °C. 33 °C ist viel zu warm. Dabei geht es nicht darum, was der Raumfahrer subjektiv empfindet, sondern darum, dass in einem luftdichten Raumanzug keine Lüftung möglich ist und die Körperkerntemperatur unaufhaltsam dem Hitzschlag zustrebt. Die 33 °C wurden sicher nicht in wenigen Sekunden erreicht; da braucht man schon einige Minuten. Isaacman hat sich wohl bereits beim Öffnen der Luke überhitzt.

Wenn der Schweiß auf der Stirn stehen bleibt, hat der Raumfahrer noch Glück. Wenn er Pech hat, verdunstet der Schweiß und kondensiert an der Helmscheibe, wie bei Matthias Maurer.

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Offline Erika

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Re: SpaceX Raumanzug
« Antwort #176 am: 17. September 2024, 08:02:02 »
Die Abweichen vom SX Anzug zu den "echten" Raumanzügen sind mir nun klar, aber wo liegt der unterschied zu den normalen Kapselanzügen von SX, mal abgesehen vom coolen Designe?

Der aller erste Raumanzug von Alan Sheppart sah ja auch ganz cool aus, war aber für echte Weltraumspaziergänge nicht geeignet, etwa so wie die PolarisDawn Anzüge. Die Gemini Anzüge waren dann schon klobiger.



Wissen ist Macht. Nichts wissen macht nichts

Offline Regnart

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Re: SpaceX Raumanzug
« Antwort #177 am: 17. September 2024, 08:55:44 »
Wesentliche Unterschiede sind die zweite Sauerstoffzufuhr zur Kühlung, die beweglicheren Schultergelenke, das Head-up-Display, mit dem den durch die Schwerelosigkeit sowieso schon desorientierten Raumfahrern nutzlose Informationen ins Sichtfeld projiziert werden, und die getönte Helmscheibe, durch die Sarah Gillis auf der Nachtseite der Erde wohl gar nichts mehr gesehen hat (bei einem professionellen Außenbordanzug kann man das getönte Visier hochschieben).

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Offline alepu

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Re: SpaceX Raumanzug
« Antwort #178 am: 17. September 2024, 11:23:09 »
 ;D
Na zumindest "etwas" hat sie schon noch gesehen, aber ihre hauptsächliche Erinnerung ist tatsächlich "Dunkelheit"

Als Quelle hierzu folgendes Interview mit Tim Dodd wenige Stunden nach dem Ausstieg (etwa ab 05:05):


www.youtube.com/watch?v=phswCJvLp6M

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Offline Blondi

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Re: SpaceX Raumanzug
« Antwort #179 am: 17. September 2024, 11:36:23 »
Wieso "der Kopf nicht Schwitzen kann" verstehe ich jetzt aber nicht so ganz!
Ich meine damit, dass keine Wärme über Schwitzen abgegeben werden kann. Das gilt aber für den ganzen Körper, wenn man in so einem Anzug ist.

Die Abkühlung beim Schwitzen entsteht durch die Verdunstungskälte des Schweißes auf der Haut. Je mehr man schwitzt und der Schweiß verdunstet desto mehr Abkühlung.

Das "einfache" Thermomanagement der SpaceX Anzüge kann ME nur wenig zur Wärmeregulierung beitragen, wenn man sich in Erinnerung ruft wie komplex diese bei den NASA EVA Suits ist (Wasserkreislauf in die Unterwäsche eingebaut zur Kühlung/Heizung) dann muß einem klar sein dass die SpaceX Anzüge wie sie in dieser Entwicklungsstufe sind nur Eingeschränkt Tauglich sind für längere Aufenthalte im Weltraum. Was nicht heissen soll dass dies bei einer weiteren Entwicklungsstufe einmal möglich ist, kommt nur darauf an wie das Thermalmanagement der Anzüge mit der Aufgabenstellung einer Kühlung (Wärmeproduktion des Menschen im Ruhezustand ~100 W, bei Anstrengung bis zu ~400 W!) oder Heizung zu Rande kommt.

Un dann kommt nochdazu wie das ausgeatmete Kolendioxid in der Atemluft gebunden und entsorgt werden kann, nur einfach 100% Sauerstoff zu Atmen am beginn eines EVA's reicht hier nicht aus. Der Mensch verbraucht von den 21% O2 in der Luft hier auf der Erde ~ 4%, atmet also Luft mit 17% O2 aus. Man kann sich also ausrechnen wann der O2 Anteil auch in einer reinen Sauerstoffatmosphäre unter die kritische Menge von 10% fällt bei der der Mensch automatisch das Bewusstsein verliert.

Nicht umsonst sind die EVA Anzüge so unförmig wegen der Umfangreichen Technik die in dem Geräteteil am Rücken eingebaut ist. Die SpaceX Anzüge hängen zwar über eine Nabelschnur an den Systemen der Raumkapsel, aber wegen des fehlens eines ausreichenden Thermalmanagements sind diese wie schon oben gesagt für mich nur eine Entwicklungsstufe auf dem Weg zu einem Anzug der dann ähnlich wie die heute von der NASA und Roscosmos verwendeten einen mehrstündigen Aufenthalt im Weltraum für Wartungsarbeiten ausserhalb des Raumfahrzeuges erlauben.

lg Werner

Re: SpaceX Raumanzug
« Antwort #180 am: 17. September 2024, 13:47:42 »
Un dann kommt nochdazu wie das ausgeatmete Kolendioxid in der Atemluft gebunden und entsorgt werden kann, nur einfach 100% Sauerstoff zu Atmen am beginn eines EVA's reicht hier nicht aus. Der Mensch verbraucht von den 21% O2 in der Luft hier auf der Erde ~ 4%, atmet also Luft mit 17% O2 aus. Man kann sich also ausrechnen wann der O2 Anteil auch in einer reinen Sauerstoffatmosphäre unter die kritische Menge von 10% fällt bei der der Mensch automatisch das Bewusstsein verliert.
Nicht der abnehmende Sauerstoffgehalt, sondern das ansteigende CO2 stellt das weitaus größere Problem dar. Wie Du selbst schreibst, werden bei jedem normalen Atemzug ca. 4% O2 verbraucht und durch 4% CO2 in der ausgeatmeten Luft ersetzt. Normale Raumluft enthält höchstens 0,1% CO2, in der Atmosphäre der Erde sind es ca. 0.04%. Bereits ein Anstieg auf über 0,15% fühlt sich wie schlechte Luft an, 1% verursacht deutliche Symptome wie Atemnot, Schwindel und Übelkeit, über 4% kann der Tod durch CO2-Narkose eintreten (siehe Apollo 13 mit der zu geringen Kapazität des LM-CO2-Absorbers). Den fehlenden Sauerstoff kann man einfach ersetzen, das CO2 muss entfernt werden. Bei den EVA-Anzügen von SpaceX wird dies bisher einfach mit O2 ausgespült. Wieviel Kapazität diese Spülmöglichkeit hat, um z.B. bei körperlicher Aktivität das CO2 im Anzug unter 0,15% zu halten wissen wir nicht. Auf jeden Fall steigt aber deutlich der Sauerstoffverbrauch. Für längere Missionen oder körperliche Aktivität werden diese Anzüge kaum ausreichen - für PR-Getöse schon.
Das ist nichts was unmöglich zu verbessern wäre, aber für einen vernünftigen Anzug der auch für längere z.B. Reparaturmissionen geeignet ist muss noch einiges entwickelt werden. Als Vergleich: bisher hat man einen einfachen Taucheranzug der dafür taugt unter halbwegs temperiertem Wasser zu überleben ohne groß zu arbeiten. Was man braucht ist ein komplexer Rebreather mit Atemluftaufbereitung und Temperaturmanagement.
« Letzte Änderung: 17. September 2024, 16:09:19 von thunder5 »
Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit Radius null - und das nennen sie ihren Standpunkt. (David Hilbert - nicht, wie oft behauptet, Albert Einstein)

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Offline Blondi

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Re: SpaceX Raumanzug
« Antwort #181 am: 17. September 2024, 18:07:48 »
Un dann kommt nochdazu wie das ausgeatmete Kolendioxid in der Atemluft gebunden und entsorgt werden kann, nur einfach 100% Sauerstoff zu Atmen am beginn eines EVA's reicht hier nicht aus. Der Mensch verbraucht von den 21% O2 in der Luft hier auf der Erde ~ 4%, atmet also Luft mit 17% O2 aus. Man kann sich also ausrechnen wann der O2 Anteil auch in einer reinen Sauerstoffatmosphäre unter die kritische Menge von 10% fällt bei der der Mensch automatisch das Bewusstsein verliert.
Nicht der abnehmende Sauerstoffgehalt, sondern das ansteigende CO2 stellt das weitaus größere Problem dar. Wie Du selbst schreibst, werden bei jedem normalen Atemzug ca. 4% O2 verbraucht und durch 4% CO2 in der ausgeatmeten Luft ersetzt. Normale Raumluft enthält höchstens 0,1% CO2, in der Atmosphäre der Erde sind es ca. 0.04%. Bereits ein Anstieg auf über 0,15% fühlt sich wie schlechte Luft an, 1% verursacht deutliche Symptome wie Atemnot, Schwindel und Übelkeit, über 4% kann der Tod durch CO2-Narkose eintreten (siehe Apollo 13 mit der zu geringen Kapazität des LM-CO2-Absorbers). Den fehlenden Sauerstoff kann man einfach ersetzen, das CO2 muss entfernt werden. Bei den EVA-Anzügen von SpaceX wird dies bisher einfach mit O2 ausgespült. Wieviel Kapazität diese Spülmöglichkeit hat, um z.B. bei körperlicher Aktivität das CO2 im Anzug unter 0,15% zu halten wissen wir nicht. Auf jeden Fall steigt aber deutlich der Sauerstoffverbrauch. Für längere Missionen oder körperliche Aktivität werden diese Anzüge kaum ausreichen - für PR-Getöse schon.
Das ist nichts was unmöglich zu verbessern wäre, aber für einen vernünftigen Anzug der auch für längere z.B. Reparaturmissionen geeignet ist muss noch einiges entwickelt werden. Als Vergleich: bisher hat man einen einfachen Taucheranzug der dafür taugt unter halbwegs temperiertem Wasser zu überleben ohne groß zu arbeiten. Was man braucht ist ein komplexer Rebreather mit Atemluftaufbereitung und Temperaturmanagement.
100% Zustimmung und Asche auf mein Haupt. Als Rebreather Taucher sollte man das mit dem CO2 auch wissen, war bei mir ob der langen Zeit in der ich nicht mehr Tauchen war (20 Jahre) leider verschütt gegangen.

lg Werner

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Offline alepu

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Re: SpaceX Raumanzug
« Antwort #182 am: Gestern um 16:48:16 »
Hier der 2. Teil des Interviews Senkrechtstarter/Prof. Dr. Claas Olthoff
(1. Teil siehe Antwort#142 vom 15.09.)
Diese Folge hat jetzt allerdings überhaupt nichts mit SX zu tun, es geht speziell um den früheren SpaceShuttle-, bisherigen ISS- und zukünftigen NASA/Axiom -Anzug.


www.youtube.com/watch?v=AoJYcp8CyMI

3. Teil folgt wohl in kürze
(wen der Moritz mal in den Fingern bzw. "vor dem Mikrophon" hat, den läßt er so schnell nicht mehr los  ;))