Die Delta Heavy in einem Atemzug mit dem SLS zu nennen finde ich abwegig, da letztere Saturn V-Kaliber hat. Mit SLS kann man ganz andere Kaliber an Strukturen, Modulen und ähnlichem starten...
Ich bin selber nicht der größte Fan vom technischen Ansatz des SLS. Schon allein auf Gedeih und Verderb das Ding "Shuttle-Derived" zu machen finde ich nicht so toll, aber das geht dann in die politische Dimension der ATK- und Boeing-Lobby. Wie auch immer, insgesamt finde ich das Konzept gut und erstaunlich clever. Einen fetten dicken Leviathan wie Constellation kann man heute politisch einfach nicht rechtfertigen, da macht der Step-by-Step Einsatz mehr Sinn und könnte sich in ein paar Jahren als Geniestreich herausstellen.
Zuerst sollte man Wissen welcher Kelch mit Constellation an der NASA vorbeigegangen ist. Ein Monsterprogramm mit bürden, die die Kosten ins uferlose treiben bzw. getrieben hätten. Allein zwei Raketen für ein Ziel (Mond bzw später Mars) parallel zu entwickeln ist kosten- und effzienztechnischer Unfug gewesen. Dazu kommt noch der Entwurf der Ares I, der mehr Probleme machte als er lösen vermochte. Dass nun Crew und Schwertransport zusammengelegt wurde macht wesentlich mehr Sinn. Da macht SLS genau das richtige.
Auch lässt der SLS-Ansatz insgesamt mehr zu als das doch inhaltlich stark begrenzte Constellation Programm. Connie besagte "zum Mond und dann irgendwann zum Mars, sonst nix" ... SLS sagt "wir bauen 'ne Plattform und können dann flexibel Meteoriten, Station bei L2 etc. aufziehen".
Hier sehen wir schon: Das "Wir haben doch keine Ziele"-Gejammer hat keine Grundlage. Der Fokus steht momentan darauf eine Infrastruktur aufzubauen, wie sie die NASA nach Apollo de facto verloren hatte und der Menschheit seitdem nicht mehr zu Verfügung stand. Im Rückblick gesehen war bei der Apollo-Technik nur die Spitze des Eisbergs angekratzt worden. Was einem da verloren ging, sieht man in den Unterlagen zum Apollo Applications Programm (AAP) und den Überlegungen Von Brauns zur Marslandung in den 80ern. Die Saturn V samt Apollo CSM und LM war ein System das mit entsprechenden Ergänzungen schon damals interplanetare Raumfahrt möglich machte. Das wichtigste war entwickelt, erprobt und flog. Beispielsweise wäre der "manned Venus Flyby" auf Basis einer Skylab-ähnlichen Drittstufe der Saturn V durchgeführt worden, also technisch zweifelsfrei machbar. AAP beinhaltete auch eine mögliche Mondbasis (zumindest temporär). Die Abstiegsstufe des LMs wäre die Basis gewesen für den LM-Truck - einer Cargoversion des LM. Das neueste wären die Module für die Basis gewesen. Von Brauns Ansatz für den Mars setzte mehr auf Neuentwicklungen (davon zumind. zeitweise auf einen Atomantrieb) aber beinhaltete auch die Saturn V und Apollo-Technologie, so wäre das Marsraumschiff mit 2 bis 3 Saturn V-Starts im Erdorbit zusammengesetzt worden. Man merkt: Apollo blieb nahezu Lichtjahre hinter seinem technischen Potential.
Was die NASA "dank" der Shuttle-Fixierung ins Museum schob war dazu Technik, die auf die Jahre hinaus möglicherweise sogar günstiger geworden wäre (Stichwort: Fixkostendegression, Skaleneffekte). Zumindest günstiger als das Shuttle, das im übrigen auch ein Programm ohne Ziel war.... oder wurde Freedom jemals gebaut? Ohne den Fall des eisernen Vorhangs gäbe es heute mit Sicherheit keine ISS oder alternativ Freedom. Beinahe wäre STS also genauso "Ziellos" gewesen wie SLS. Die zweiwöchigen Flüge mit Spacelab und ähnlichem sind da mehr ein Feigenblatt gewesen, da die NASA eigentlich von Anfang an mit dem Shuttle eine Raumstation bauen und versorgen wollte.
Immerhin sah das Shuttle cool aus
im Grunde fesselte es "uns" an den LEO und bot schlechtere Crew Safety als jedes anderes bemannte Raumfahrzeug.
Auch hält sich die NASA so offen wie mögliche spätere Mondexkursionen genauer gestaltet werden. Sollte sich der kommerzielle Ansatz im LEO bewähren, so dürfte es nur eine Frage der Zeit sein bis die NASA ein lunares Commercial-Programm (ob bemannt oder nur Cargo mal nun offen gelassen) startet.
Wenn SLS einmal soweit ist, dass es fliegt (und sei es unbemannt mit Boilerplate) oder zumindest weit gediehen ist, dann wird der nächste Schritt sein die Ziele genauer festzulegen. Man baut eine flexible Basis auf der man sehr viel Aufbauen kann. Natürlich braucht die Entwicklung der spezifischen Hardware einer Asteoridenmission nochmals extra Vorlaufzeit und das erst ins Visier zu nehmen wenn SLS fertig ist, wäre zu spät. Dennoch ist der Scheibchenansatz von SLS clever.
Im schlimmsten Fall wenn SLS + Orion fertig sind und man keine NEOs, den Mond oder den Mars anfliegt?
Dann hat man immerhin eine Rakete mit der man eine Nachfolgeversion der ISS starten kann und dabei Module in den LEO bringen kann, wie man sie seit Skylab nicht mehr sah, zB das projektierte Bigelow BA2100:
http://en.wikipedia.org/wiki/BA_2100Eine Station aus 3 bis 4 solcher Module (eines pro SLS-Start, jeweils das Volumen des ISS) würde möglicherweise sogar günstiger kommen als "die alte ISS".