Nitro hat schon fast alles geschrieben, ich hab nur noch ein paar Krümel zu ergänzen:
Die Fallschirme werden auch jedes mal unter anderen Rahmenbedingungen und in anderer Konfiguration getestet. Nur weil man einen Test gemacht hat und die Kapsel dabei nicht verloren gegangen ist heißt das nicht gleich dass das System schon alle Anforderungen ausreichend erfüllt.
Die Orion-Kapsel soll regulär mit drei Hauptfalschirmen landen.
Beim aktuellen Test hat man untersucht, wie es ist, wenn nur zwei Hauptfallschirme öffnen.
Die Orion soll eine parachut-out-capability bekommenn, hat die NASA wahrscheinlich bei SpaceX abgeguckt...ach nein bei Apollo war das auch schon so!
Offensichtlich war der Versuch erfolgreich, auch mit nur zwei Schirmen würde die Besatzung überleben.
Der EFT-1 hat vor dem CDR, dem Critical Design Review, der Kapsel statt gefunden und war keine Qualifaktionsflug sondern ebenfalls ein Test um die Kapsel unter bestimmten Rahmenbedingungen zu testen und Ergebnisse zu sammeln welche dann in das endgültige Design eingehen konnten welches zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingefroren war. Bei diesem Flug hatte man noch kein Service-Modul, keine Lebenserhaltungssysteme etc. Das wird alles erst bei EM-1 getestet.
Bei EFT-1 wurde festgestellt, dass der Hitzeschild in der ursprünglichen, monolithischen Form nicht optimal ist.
Jetzt wird der Hitzeschild aus einzelnen Segmenten gefertigt, ich hoffe ich gebe es richtig wieder.
Der letzte Punkt ist meiner Meinung nach wirklich eine berechtigte Kritik. Man hat sich hier bei der Planung gegen die Wand gefahren. Vom SLS Block 1 zum SLS Block 1B zu gehen ist ein logischer Schritt. Man kann sich bei der Block 1 erst mal auf die Hauptstufe (den Teil der Rakete welcher in allen Varianten der gleiche ist) und die Booster konzentrieren. Die Oberstufe ist auch schon vorhanden. Die für den Flug ist sogar schon gebaut und wartet nur noch auf den Start. Sobald die Block 1 fliegt könnte man die frei gewordenen Ressourcen verwenden um die Oberstufe für Block 1B zu entwickeln. Jetzt ist aber durch die ganzen ständigen Änderungen in der Missionsstrategie die bemannte Block 1 Mission hinfällig geworden und man macht gleich mit Block 1B weiter.
Hier muss man leider ergänzen, dass der Mobile Launcher (ML) mit SLS 1, Orion und allen notwendigen Zugangsarmen eigentlich schon zu schwer wird für den Crawler.
Es ist die Rede von 100 t Übergewicht.
Die Sicherheitsmarge (Faktor 4) der NASA für bemenschte Flüge wird dann knapp verfehlt.
Allerdings wird EM-1 ja noch unbemenscht starten, deshalb gibt es da noch kein Problem.
Mit SLS 1b und EM-2 kommt noch die größere und schwerere neue Oberstufe (EUS) hinzu, dann funktioniert es mit dem aktuellen (ursprünglich für Constellation geplanten und für SLS 1 umgebauten) ML nicht mehr.
Dann drohen 600 t Übergewicht.
Außerdem muss der ML noch mal von SLS 1 auf SLS 1b umgebaut werden.
Mit der EUS wird die Rakete ja größer, die Zugangsarme passen dann nicht mehr alle.
Für diesen Umbau veranschlagt man momentan 30 Monate.
Außerdem verlangt die NASA, dass vor einem bemannten Flug mit einer neuen Rakete (gilt dann auch für die neue EUS) ein unbemannter Flug stattfindet.
Daher muss eigentlich nach EM-1 noch ein unbemannter Start stattfinden, geplant ist der Start von Europa Clipper.
Allerdings ist (auch in Abhängigkeit von der Finanzierung) längst nicht sicher, dass Europa Clipper rechtzeitig fertig wird.
Es ist zwar denkbar, dass der unbemenschte Start auf dem dann umgebauten ML mit reduzierter Sicherheitsmarge stattfindet, aber für EM-2 mit Menschen kann ich mir das eigentlich nicht vorstellen, außer die NASA schraubt massiv an ihren eigenen Sicherheitsvorgaben (nach unten).
Das ganze setzt auch noch voraus, dass die neue EUS auch rechtzeitig fertig wird.
Ich hoffe (ich weiß es nicht) dass wenigstens dafür die Finanzierung bereits gesichert ist.
Um diese Zwickmühle zu lösen, müsste jetzt mehr oder minder sofort mit dem Bau eines neuen ML begonnen werden, der die Sicherheitsmargen einhält, da er von vornherein für SLS 1b/2 konzipiert wird.
Dafür müsste aber die entsprechende Finanzierung gewährleistet sein.
Davon ist aber, zumindest bis zu den nächsten Haushaltsverhandlungen (müsste für das Finanzjahr 2019 sein) nichts zu sehen.
Aber selbst mit einem neuen ML bleibt noch das Problem, was macht man, wenn Europa Clipper nicht rechtzeitig fertig wird?
Einfach eine SLS 1b ohne Nutzlast verschießen? --> sehr teuer, sehr schwer irgendjemandem verständlich zu machen
Ein Bauteil für das DSG hochschießen? --> setzt voraus, dass dieses Teil schon so weit entwickelt ist, und ohne astronautische Unterstützung ausgesetzt und betrieben werden kann. Auch eher unwahrscheinlich.
Eine andere, gerade fertige Nutzlast umdesignen und hochschießen???
In einer früheren Planungsphase ist man davon ausgegangen, dass man zwei ICPS (Interim Cryogenic Upper Stage), und damit zwei SLS 1 bauen würde.
Eine für den unbemenschten Erstflug und die zweite als erster bemenschter Flug.
Danach sollte erst der Schwenk zur EUS und SLS 1b kommen.
Dann hat man sich gedacht, man kann was sparen, wenn man gleich mit dem zweiten Flug zur neuen EUS wechselt.
Allerdings mit der Notwendigkeit eines zusätzlich eingeschobenen unbemenschten Flugs (siehe oben...).
Letztlich glaube ich, hat man sich damit selbst ein Bein gestellt.
Wenn Zeit keine (große) Rolle spielen würde, könnte man sich auf den zweiten ML konzentrieren und alles startet eben dann, wenn es fertig ist... (wieviele Punkte muss man machen, wenn man selbst nicht mehr so recht dran glauben kann?)
Oder gibt es noch eine andere Lösung?
Ich persönlich würde vorschlagen, neben der Finanzierung des zweiten ML auch noch eine zweite ICPS in Auftrag zu geben, das kostet zwar noch mal 150 Mio $ extra (ich glaube das war der Preis der ersten) aber man erkauft sich etwas Zeit.
Man kann nach EM-1 in absehbarer Zeit EM-2 bemenscht starten (wenn auch ohne Bauteil für DSG) und kann parallel in vertretbarer Zeit den zweiten ML bauen, die EUS entwickeln und Europa Clipper fertigstellen.
Dann startet in hoffentlich noch überschaubarer Zeit zunächst Europa Clipper auf der ersten SLS 1b vom neuen ML und danach EM-3 mit dem zweiten DSG-Teil.
Parallel könnte man das erste Bauteil des DSG (Antriebs- und Versorgungsmodul) mit einem anderen Träger (SpaceX FH?
) starten und die Besatzung von EM-3 fügt beide Teile während ihrer Mission zusammen.
Da das Antriebs- und Versorgungsmodul alleine nicht viel ausrichten könnte, muss es auch nicht früher beim Mond ankommen, d.h. zeitlich würde sich für DSG durch diese Lösung kaum etwas verändern.
Ganz ehrlich, EM-1 wird kommen, dafür ist die Hardware schon zu weit und schon viel zu viel Geld reingeflossen.
Wenn sich aber EM-2 wegen was auch immer länger als drei Jahre nach EM-1 verzögert, dann glaube selbst ich nicht mehr dran, dass das noch eine Erfolgsgeschichte wird.
Viele Grüße
Rücksturz