Die Dikussion darum wieviel MCT kostet und ob es zu stämmen wäre, wurde zwar woanders geführt... aber ich gebe meinen Senf hier dazu, wo es eher On Topic ist. Da mein Hintergrund ein wirtschaftswissenschaftlicher ist denke ich, dass ich da vielleicht die ein oder andere gute Sache zur Diskussion beisteuern kann. Von Technik verstehe aber auch schon bisschen was
Die Skeptiker gehen von quasi gigantischen Entwicklungskosten in Bereichen von 5 oder 6 Mrd $ oder gar mehr aus, was SpaceX entsprechend nie stemmen könnte. Zum Vergleich: Die Entwicklung eines neuen modernen Automodells beträgt ca. 1 Mrd $ und die eines Verkehrsflugzeuges 1-3 Mrd $.
Wäre eine Monsterrakete wirklich zwangsläufig so teuer?
Gehen wir der Sache nach!... und nehmen wir ein älteres Programm als Orientierung.
Die bisherigen Super-Schwerlastträger (Saturn, N-1, Energija) liegen schon einige Jahre zurück. Wirklich realistische Quellen zu Kosten gibt es nur zum Apollo-Programm insgesamt und da wohlgemerkt nur zum ganzen Programm. Diese belaufen sich inflationsbereinigt nach heutigem Maßstab auf 125 Milliarden $, wobei manche Quellen mehr angeben. In Lohn und Brot standen mind. 400.000 Menschen. Was nur die Saturn V kostete wissen wir nicht.
Beeindruckend, aber woher kamen die Kosten? Welche Dinge haben einen bedeutenden Teil der Kosten ausgemacht?
Wie wir wissen wurde vor Apollo ein solches Unterfangen nie ernsthaft in Angriff genommen. Es war DAS erste Mal für die Menschheit. Vor allem in technologischer Hinsicht. Für Apollo wurde unfassbar viel Grundlagenforschung und Entwicklung ganz neuer Technologien nötig. Nie zuvor baute jemand eine solch große Rakete, ein Gefährt für die bemannte Landung auf einem Himmelskörper oder einen solch notwendigerweise leistungsfähigen und gleichzeitig kleinen Bordcomputer. Sicher:
die zu entwickelnde Technologie als Grundvorraussetzung war ein hoher Kostenfaktor!Zum nächsten Part. Das Personal in der bereits erwähnten Stärke von mind. 400.000. Ich kann mir größere Ausführungen sparen, da offensichtlich ist, dass hier ein weiterer gewichtiger Faktor liegt.
Personal ist immer ein gewichtiger Kostentreiber, umso hochkarätiger (z.B. Ingenieure) desto hochpreisiger. Sicherlich waren nicht alle Ingenieure, aber selbst die Näherinnen der Raumanzüge fallen ins Gewicht. Die eine Lohngruppe wegen "ihrem hohen Preis" (verhältnismäßig geringe Anzahl), die anderen durch ihre hohe Anzahl (verhältnismäßig geringer Lohn).
Ein weiterer Kostentreiber bei Apollo war die immense Infrastruktur. Ob die Michoud Assembly Facility, die Teststände in Huntsville oder am offensichtlichsten das KSC.
Die Infrastruktur war ein Megaprojekt!Bei allem sollte noch bedacht werden, dass in den 60ern der Mond das Ziel war und Geld (fast) keine Rolle spielte. Man darf also annehmen, dass nach wirtschaftlichen Maßstäben es die ein oder andere kostenmäßige Ineffizienz gab.
Blicken wir nun zu SpaceX
Nehmen wir uns die Faktoren von Apollo mal vor und schauen wie es da nach heutigen Maßstäben aussieht.
Technologie: In über 50 Jahren Raumfahrt und allgemeinen technologischen Fortschritt wurde viel Know-How angehäuft. Die Technologie existiert im wesentlichen. Es sind fast nur kleine Technologielücken zu füllen. Technisch ist die Machbarkeit von MCT nicht in Frage zu stellen. Die Kosten der Grundlagenforschung entfallen größtenteils. Vielmehr geht es um die Konstruktion des eigentlichen Gefährts.
Was uns zu
Personalkosten bringt: SpaceX hat ca. 3000 Mitarbeiter, Tendenz steigend. Boeing Defense, Space & Security hat im Vergleich 68.000 Mitarbeiter (allerdings bei weitem nicht alle im Space Bereich). Machen wir uns nichts vor: SpaceX ist verhältnismäßig schlank strukuriert, was sie aber in ihren Entscheidungen auch agil macht. Gut das geht von Kosten wieder weiter weg, aber es ist klar: Einer der wichtigsten Kostenfaktoren ist hier auch schlank.
Bei der
Infrastruktur wissen wir, dass SpaceX simpel aber zweckmäßig baut. Dazu kommt die potentielle Einsparung wenn man LC-39A bekommen sollte. Ein gigantischer Aufwand wie bei Apollo wird SpaceX bei der Infrastruktur nicht sein. Große Anlagen ja, aber nichts in den Ausmaßen der Apollo-Infrastruktur.... und wenn, dann wird passende gebraucht eingekauft (siehe Fabrik in Kalifornien).
Hier wird schon deutlich, dass der an MCT angelegte Maßstab der falsche ist. MCT würde wesentlich weniger kosten, als eine vergleichbare von der NASA oder anderen Agentur entwickelten vergleichbaren Rakete.
Zum Ende des Beitrages könne wir ja ein wenig mit den Zahlen spielen. Wir können ja mal spaßeshalber Personalanzahl und Programmkosten in Relation setzen. Ganz so abwegig ist das nicht, da die Personalkosten ein immenser Faktor sind und daher in gewisser Weise einen Grad an Propotionalität aufweisen. Die Rechnung erhebt keinen Anspruch akkurat zu sein, aber eine interessante grobe Orientierung ist sie.
Apollo: 400.000 Mitarbeiter, 125 Mrd. $
Skalieren wir es mal auf mögliche SpaceX-Beschäftigenanzahlen, bei MCT. Sicherlich brauch man viel mehr Mitarbeiter. Angesichts der schlanken Struktur, die man sicher im Verhältnis halten will kalkulieren wir mal mit 10.000 Mitarbeitern. Angenommen alle arbeiten an MCT, dann kommen wir nach Apollo-Relation auf 3,1 Mrd $ Kosten. Wohlgemerkt die Relation für das gesamte Apollo-Programm.
Damit würde MCT in etwa soviel wie die Entwicklung eines modernen Verkehrsflugzeugs kosten. Gemessen daran, welch ein Aufwand ein Programm wie der Airbus A380 oder die Boeing 787 mit ihren teils revolutionär neuen Technologien in sich tragen, ist diese Zahl für mich durchaus vorstellbar.
SpaceX außen vor gelassen: In Relation zu den Entwicklungskosten anderer Technologieprogramme (inkl. Rüstungsprogramme) finde ich die Kosten für SLS oder einige andere Programme geradezu absurd hoch. Dabei streitet keiner ab, dass es so teuer sein muss bzw. dass es nicht anders gehen würde.