Hallo,
zu der "Eingewöhnungsphase" der Roverdriver :
Am Ende eines 1,9 Meter langen Instrumentenarmes befindet sich ein fast 60 Zentimeter durchmessender, drehbarer Aufsatz mit einem Gewicht von ~33 Kilogramm. Daran befestígt sind an verschiedenen Positionen mehrere Instrumente und Gerätschaften, welche der Untersuchung der Marsoberfläche und der Entnahme von Oberflächenproben dienen. Bei einem dieser Gräte handelt es sich um eine kleine Schaufel.
Stellt Euch jetzt einmal vor, dass Ihr eine solche Schaufel, welche hier auf der Erde z.B. an einem ferngesteuerten "Spielzeug"-Bagger befestigt ist, bedienen sollt. Hierfür dürft Ihr aber keinen direkten Sichtkontakt nutzen, sondern Ihr seit ausschließlich auf verschiedene Bilder und daraus abgeleitete Daten angewiesen...
Wie weit ist meine Schaufel vor dem Beginn einer Aktion von der Oberfläche entfernt? Wie weit muss ich den Aufsatz drehen, um die Schaufel in eine optimale Position für eine Probenentnahme zu bringen? In welchem Winkel muss ich die Schaufel anschließend bewegen, um nach xxx Zentimetern in welchem Winkel die Oberfläche zu berühren? Wie viel Kraft müssen die Motoren der Schaufel jetzt einsetzen, um Material von der Oberfläche aufzusammeln? Habe ich damit wirklich Material von der Oberfläche entnommen und - wenn ja - wieviel ( spätestens hier sind neue Bilder nötig )? Wie muss ich den Arm jetzt bewegen, um diese Probe zu einem der Analysegeräte zu befördern? Hat auch dies wie vorgesehen funktioniert ( weitere Bilder )?
Wie gesagt - Ihr habt keinen direkten Blickkontakt, um den Erfolg einer jeden dieser einzelnen Aktionen zu überwachen, sondern Ihr braucht wieder und wieder neue Bilder, welche den Erfolg der vorgesehenen Aktionen bestätigen! Was auf der Erde so schon ziemlich schwierig sein dürfte, ist bei einem auf der Marsoberfläche operierenden Rover noch einmal um ein Vielfaches komplizierter. Die Entfernung zwischen Erde und Mars limitiert die Zeitpunkte, zu denen neue Bilder verfügbar sind. Andere Schwerkraftverhältnisse beeinflussen die Bewegungen des Instrumentenarmes und des Aufsatzes.
Die auf dem Mars gegebenen, im Vergleich zu der Erde anders ausfallenden Schwerkraftverhältnisse lassen sich dabei zwar bis zu einem gewissen Punkt in die geplanten Aktionen einberechnen. Trotzdem führen sie dazu, dass sich der Instrumentenarm aufgrund des an seinem Endes befestigten, auf der Erde 33 Kilogramm wiegende Instrumentenaufsatzes unter Mars-Gravitationsbedingungen anders verhält als auf der Erde. Wie weit deckt sich diese tatsächliche Abweichung jetzt von den zuvor erstellten Modellen?
"Überstürzte Aktionen" der Roverdriver führen dabei in einem ungünstigsten Fall zu einem automatischen Abbruch einer kommandierten Aktion ( Sicherheitsparameter ) und haben dann einen Zeitverlust von mindestens zwei Tagen zur Folge. Wenn es richtig dumm läuft, dann werden allerdings eventuell der Arm oder das Instrument beschädigt.
@T-REX: Die Roverdriver haben bereits Monate vor der Landung von Curiosity mit einem wirklich intensiven Training begonnen und konnten dabei auf die Erfahrungen mit den vorherigen Marsrovern zurückgreifen. Aber die Curiosity-Mission ist nun einmal anders und lässt sich nicht einfach so in eine bereits bestehende Schublade schieben...
Ein größerer, schwererer Rover mit größeren Rädern. Ein vollkommen neu konstruierter, schwererer und anders aufgebauter/ bestückter Instrumentenarm, welcher den Gewichtsschwerpunkt des Rovers beeinflusst. Ein vorher in seinen Details vollkommen unbekannter Untergrund, welcher zu befahren ist. Ein Probenentnahmesystem, welches in dieser Konfiguration noch nie zuvor auf dem Mars eingesetzt wurde...
Im Rahmen der Übungen wurde ein Testrover der NASA verwendet, welcher beim Einsatz auf der Erde die gleichen Merkmale zeigen sollte wie auch Curiosity auf dem Mars. Trotzdem lassen sich mit diesem Testmodell nicht alle Eigenschaften nachvollziehen, welche Curiosity auf dem Mars an den Tag legen wird - jedenfalls nicht in der benötigten Akkuratesse. Auch mittels Computersimulationen lassen sich nicht wirklich alle Verhaltensweisen unter Mars-Gravitationsbedingungen fehlerfrei vorhersagen.
Daraus resultierten bisher die am Anfang der Mission relativ kurzen Tagesetappen, welche der Rover absolvierte. Erst nachdem sich zeigte, dass Curiosity während der Fahrten wirklich so fährt wie geplant, wurden die Längen der Etappen leicht erhöht. Für die Zukunft sind dann noch längere Tagesstrecken vorgesehen, welche der Rover dann auch zumindestens teilweise autonom überbrücken soll. Für den Einsatz des Instrumentenarmes gilt das gleiche : Mehr ( positive ) Erfahrung => mehr Mut...
Schöne Grüße aus Hamburg - Mirko