Zunächst mal grundsätzlich zum Revell-Orbiter in 1:72 folgendes:
Formal ist das Ding ganz gut gelungen, und wenn man den Entstehungszeitraum (ca. 1978) berücksichtigt, geht die Detailtreue auch in Ordnung. Man muss bedenken, dass es zu dem Zeitpunkt nur die Enterprise gab, die sich ja doch zum Teil erheblich von den raumflugfähigen Orbitern unterscheidet (vor allem in Bezug auf das TPS). Wenn man nun noch die Unterschiede in der "Bekachelung" zwischen Columbia und Challenger sowie den letzten drei Orbitern Discovery, Atlantis und Endeavour bedenkt, wird auch schnell klar, dass es unmöglich ist, ein Modell für alle Orbiter zu machen, wenn man das TPS nicht mittels Decals sondern "in Hardware" darstellt.
Die Konsequenz daraus ist, dass die Kachelstruktur zum einen von der Größe her übertrieben ist (vor allem im Bereich Cockpit), zum anderen am ehesten zu Columbia und Challenger passt (Kacheln treppenförmig seitlich am Rumpf hoch bis auf die Payloadbay Doors). Das ist, wie oben schon erwähnt, dem Entstehungszeitraum des Modells geschuldet. Daraus resultierend fehlen natürlich auch die Neuerungen im Verlauf des Programms wie beispielsweise der Bremsfallschirm, was sich jedoch recht einfach korrigieren lässt.
Weniger schön ist, dass die Kachelstruktur erhaben statt vertieft umgesetzt wurde, so dass man, wenn man es sehr genau nimmt, selbst bei Columbia und Challenger gezwungen ist, diese wegzuschleifen und durch etwas eigenes (eingeritzt, aufgeklebt oder Decals) zu ersetzen. Auch sind die Düsen der OMS Triebwerke formal nicht korrekt. Hier gibt es allerdings Abhilfe von Realspace (wofür ich nur noch eine gute Bezugsquelle ausfindig machen muss, die vorzugsweise nicht im außereuropäischen Ausland liegt) oder Fisher Model (noch schöner, aber erheblich teurer!).
Weiters ist die Passgenauigkeit der verschiedenen Teile untereinander stellenweise mehr als bescheiden, vor allem im Bereich der Nase (hier sind die Rumpfhälften nicht einmal symmetrisch - also viel Korrektur nötig!), dem Stoßpunkt zwischen vorderem Rumpfunterteil und der großen hinteren Bodenfläche (größerer Absatz da stellenweise eingesunken) sowie Payloadbay Doors (ungleichmäßiger, zum Teil erheblicher Spalt zwischen beiden Seiten) und Aft RCS Pods (viele "Fehlstellen", die Spachteln erfordern). Inwieweit dies mittlerweile auf das Alter der Gussformen zurück zu führen ist, kann ich nicht sagen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Alles in allem dürfte sich der 1:72 Orbiter von Revell auf dem gleichen oder einem leicht höheren Niveau bewegen wie sein Pendant von Monogram. Jedes Modell hat seine individuellen Stärken, ein paar spezielle und viele gemeinsame Schwächen.
Wer es bis hier hin zu lesen geschafft hat - Gratulation!