Stickstoff
kann ein Oxidanz sein - allerdings ist der atmosphärische Stickstoff N
2 ein "toter Hund", wie es im Laborjargon heißt - oder, um es etwas fachlicher Auszudrücken, ist das Stickstoffmolekül wegen seiner stabilen Dreifachbindung und die damit verbundene hohe Bindungsdissoziationsenergie von 942 kJ/mol sehr reaktionsträge.
Das heißt, man braucht um Luftstickstoff überhaupt mit irgend etwas reagieren zu lassen, eine hohe Aktivierungsenergie, um diese Verbindung erst einmal zu trennen, etwa einen Lichtbogen, oder einen geeigneten Katalysator - z. B. fein verteiltes Platin oder Rhodium (je nachdem, was man mit dem Stickstoff anstellen will).
Ohne Zweifel reagiert Luftstickstoff bei der in einem Ramjet herrschenden hohen Temperatur und hohem Druck nicht nur mit dem Luftsauerstoff (unter Bildung von "Stickoxiden"), sondern ggf. auch mit dem Brennstoff. Das Dumme ist nur, dass diese Reaktion allesamt endotherm sind, also, dass die Reaktionsprodukte mehr Energie enthalten als die Ausgangsstoffe. Salopp gesagt: da muss ich mehr Energie ´reinstecken, als´rauskommt.
Zu der Reaktionsgleichung:
N
2 + 2 O
2 => 2 NO
2NO
2 hat eine Standardbildungsenthalpie von + 33,1 kJ/mol, die von N
2 und O
2 ist bequemerweise jeweils 0. Somit ist die Reaktionsenthalpie + 66,2 kJ/mol. Ich muss also rechnerisch 66,2 Kilojoule Energie
hineinstecken (das sind, anders ausgedrückt, 0,0158218 kWh), um ca. 92 g NO
2 zu erzeugen.
Infolgedessen ist NO
2 ein sehr guter Oxidator.
Noch ein paar Worte zu Plichta: ich habe mich vor Jahren etwas intensiver mit seinen Vorschlägen einer "Silanwirtschaft" befasst - speziell mit seinen Silantriebwerken (die, würden sie funktionieren, ziemlich scheußliche Feinstaubschleudern wären).
Plichta ist ein hervorragender Chemiker; zumindest in den 70er Jahren war er
der Pionier der Silan-Chemie. Wie es bei Menschen, die einen ausgezeichneten "Hammer" haben, so oft geht: alle Probleme erscheinen ihnen als "Nägel". Oder anders gesagt: der Mann ist so von seinen Erfindungen fasziniert, dass er die praktische Probleme, die sich daraus ergeben, übersieht oder beiseite schiebt. Hinzu kommt, dass Plichta einen Hang zur Zahlenmystik hat und versucht, die Welt aus einem Primzahlkreuz heraus zu erklären. Das ist ein interessanter (metaphysischer) Ansatz, aber Plichta ist so davon überzeugt, dass man es nur noch als "fixe Idee" beschreiben kann (und Plichta m. E. zurecht den Ruf eines "Mathe-Esoterikers" weg hat).
Ich halte Plichta für einen an sich hervorragenden Wissenschaftler, der aber irgendwann "abhob" und ebenso exentrische wie praxisfremde Ideen produziert.
MM