Nein, da ich ja vom ESA-Verbund sprach ist dieses Denken europäisch und nicht nationalistisch, aber ich möchte nicht zu sehr ins politische abgleiten.
Nun, dir ist sicherlich aufgefallen, dass ich später auch von Europa gesprochen habe, oder?
Es geht um den Zugang zu Technologien und es ist nicht einzusehen, warum wir Europäer dies den Amerikanern und Asiaten überlassen sollten.
Nun, das tun wir ja nicht. Es gibt genügend Dinge in Astronomie und Astronautik, die wir können, sogar einiges, was z.B. die Amerikaner eben nicht können oder zumindest nicht so gut. Aber noch einmal: Muss wirklich jeder alles können?
Zweitens ist Chinas Weg doch keinesfalls mühsam, sie erarbeiten sich halt die nötigen technologischen Fertigkeiten für eine bemannte Raumfahrt, da muss man schon mal die Ärmel hochkrempeln und den Ingenieurshelm selbst aufsetzen.
Das ist nun wirklich ein Beispiel dafür, wie selektive Wahrnehmung funktioniert. Die Chinesen starten mit Kapseln, die etwa den Sojus entsprechen und aus diesen entwickelt wurden, und haben bislang weniger Menschen ins All bekommen als Deutschland. Von den Einsatzzeiten wollen wir gar nicht reden, denn da ist selbst die Gesamtaufenthaltsdauer eines Thomas Reiter um ein Vielfaches größer als die aller chinesischen Raumfahrer zuammen genommen.
Ihre erste Raumstation war noch niemals bemannt und ist kaum mehr als ein flugfähiges 1:1-Modell. So etwas haben die Amerikaner und Russen bereits in den 70er Jahren getestet.
Internationale Kooperationen - also über dem europäischen Rahmen hinaus - würde es trotzdem geben. Nur mit mehr europäischer Technologiekompetenz.
Nun ja, wir haben aber eben ziemlich viel Technologiekompetenz. Warum fliegen praktisch auf jeder NASA-Sonde europäische Instrumente mit? Wieso fliegen die Amerikaner mit ihrer SOFIA-Boeing ein deutsches Teleskop durch die Weltgeschichte?
Beispiel: Klar beteiligt sich Europa mit einem eigenen Labormodul an der ISS, aber dann wäre eine konsequente Raumfahrtpolitik eben auch dazu übergegangen parallel die ESA-Astronauten selbständig dorthin zu bringen und sogar dann noch andere internationale Partner mitzunehmen (oder gar zahlende Touristen, wie uns das die Russen sehr schön vormachen). Man muss da ja nicht unbedingt an ATV oder Hermes denken, da gibt es mehrere Möglichkeiten.
Europa hat aber nicht nur
Columbus gebaut, sondenr auch die Knoten
Harmony und
Tranqility sowie die Beobachtungskanzel
Cupola. Wo stehen die Chinesen jetzt im Vergleich zu den Europäern. Europa sorgt sogar, gerade zurzeit mit
Edoardo Amaldi, für den Antrieb der ISS. Haben die Chinesen so etwas bereits auf die Beine gestellt?
Was mir im europäischen Rahmen schlicht fehlt ist ein visionäres Denken. Raumfahrt ist da nur ein Hochtechnologiebereich wo wir hinterherhinken, aber schon aus wirtschaftlichen Gründen darf sich das Europa nicht erlauben (intelligente Stromnetze, Materialforschung etc. wären weitere Baustellen).
Visionen sind ja schön und gut, aber müssen es unbedingt Visionen der Vergangenheit anderer Staaten sein? Darüber ist Europa nun wirklich hinaus.
Wir
machen bereits viel im Weltraum - die Chinesen
probieren immer noch herum.
Wenn es schlecht laufen sollte und man uns aus weiteren Projekten ausschlösse, könnten wir immer noch etwas eigenes bauen. Aber sollten wir nicht lieber solange Dinge tun, die noch keiner vorher getan hat und die keiner so gut tun könnte wie wir?