Bei deiner These, dass der Treibstofftransport beliebig teilbar ist, vergisst du, dass viele kleine Raketen mehr Strukturmasse haben als eine große. Die Strukturmasse muss auch transportiert werden.
D.h. der Aufbau eines Orbialtdepots als Alternative zu einem einzigen Start einer Grossrakete erfordert den Transport von mehr toter Strukturmasse. Beachte bitte, dass das Tankvolumen eine Funktion 3. Potenz, die Strukturmasse aber eine Funktion 2. Potenz ist. Wir reden hier also nicht über einen kleinen Unterschied, den die tote Strukturmasse ausmacht.
Und abgesehen davon muss ja auch noch das Depot selber hoch transportiert werden, was nicht trivial ist und zusätzliche Strarts von reiner Depot-Strukturmasse erfordert.
Die Materialkosten sind vernachlässigbar, sie machen nur wenige Prozent des endgültigen Startpreises aus. Das ist kein Argument dafür, dass Schwerlastraketen billiger sind. Ganz im Gegenteil, je seltener eine Rakete fliegt, desto teurer der einzelne Start, weil eine ganze Infrastruktur erhalten werden muss. Startet man hingegen sehr häufig, so werden die Fixkosten über viele Starts verteilt. Fällt das HLV aus, dann ist die Mission gescheitert, während man bei einer Depot-Architektur mit mehreren kleinen Raketen immer noch Ausweichmöglichkeiten hätte. So kommen zum Start von Orion beispielsweise Atlas V, Delta IV Heavy oder Falcon Heavy in Frage.
Noch dazu gibt es eine Reihe von Lerneffekten, die ins Spiel kommen, wenn eine Rakete häufig startet. Lerneffekte bei der Bodenmannschaft, d.h. Abläufe werden optimiert, die Zuverlässigkeit steigt und Lerneffekte bei der Herstellung von Tanks und Triebwerken. Durch die hohe Auslastung der Fabriken sinken die Stückkosten. In der Luftfahrt oder in der Autoindustrie läuft das nicht anders. Das Ford Model T ist erst durch die Fließband-Massenproduktion billig geworden.
Außerdem hat eine Schwerlastrakete nur einen Kunden, die NASA, der voll für die entstehenden Kosten aufkommen muss. Nimmt man hingegen Raketen wie die Delta IV, Atlas V oder Falcon 9, so ist die NASA nicht der einzige Kunde, sondern das DoD und kommerzielle Firmen tragen mit ihren Satellitenstarts ebenfalls zur Deckung der laufenden Kosten bei. Alle kommen so billiger weg.
Hinzu kommt, dass viele Starts kleiner bis mittlerer Träger sehr viel teurer sind, da entweder mehr Startanlagen benötigt werden oder das ganze Prozedere sehr lange dauert, wobei dann die gesamte Infrastruktur über einen deutlich längeren Zeitraum bezahlt werden muss.
Natürlich gibt es auch ein Zwischending aus beidem und selbstverständlich reduziert eine höhere Startfraquenz die Kosten - aber leider nur die Stückkosten des Trägers, nicht die Infrastrukturkosten.
Durch steigende Erfahrung und optimierte Abläufe können kleinere Raketen sehr viel schneller hintereinander vom der selben Startanlage aus starten. Die Sowjets haben in den Achzigern regelmäßig Sojus innerhalb von drei Tagen von der selben Rampe aus gestartet. Es gibt keinen Grund, warum Raketen wochenlang auf einen Start vorbereitet werden müssen. Schon gar nicht, wenn man nur Treibstoff transportiert. Nur würde man selbst nach dem ULA Plan nicht im Wochentakt starten, das in dem Bericht vorgeschlagene Programm ließe sich mit den jetzt vorhandenen Anlagen durchführen (mit Modifikationen für Orion).
Außerdem müssten ja nicht nur ULA-Raketen verwendet werden, sondern andere Anbieter, wie z.B. SpaceX, Arianespace, die Russen oder die Inder würden ebenfalls Treibstofftransporte übernehmen wenn sich dort ein Profit realisieren ließe ...
Wenn du dir den ULA-Bericht durchliest, so wirst du feststellen, dass die geschätzten Kosten deutlich unter denen von Constellation liegen, bei gleicher Leistungsfähigkeit. Die ACES-Oberstufe würde z.B. nicht nur aus NASA-Mitteln entwickelt werden sondern das DoD würde auch einen Teil dazu beisteuern, weil beide die gleichen Träger nutzen würden.
Dein Argument, dass die NASA nicht zum Mond, sondern zu einem der erdnahen Asteroiden will, macht die Sache eigentlich noch ungünstiger für Kommerzielle, denn für solche Missionen ist keine hohe Startzahl zu erwarten. D.h. die ganze Argumentationskette für Kommerzielle hat keine Grundlage mehr.
(Hast garnicht gemekrt, dass ich dir mit dem Mondprojekt als Beispiel ne Argumentationsbrücke gebaut habe)
Mit Treibstoffdepots im LEO und am L2 ließen sich alle möglichen Ziele anfliegen.
Wir müssen so oder so die Technologie zum Transfer und zur Lagerung kryogener Treibstoffe im Weltraum entwickeln, wenn wir eine Mondbasis mit in-situ Ressourcennutzung errichten oder zum Mars fliegen wollen. Warum also nicht jetzt?
Anders sieht es aus wenn es um Standardtransporte in den LEO geht. Da sind inzwischen viele Rahmenbedingungen für kommerzielle Transporte erfüllt.
DK
Treibstoff ist ein Standardtransport. Ein günstigeres Produkt gibt es nicht. Da könnten selbst Anbieter einen Profit realisieren, deren Raketen nicht die beste Zuverlässigkeit aufweisen. Treibstoff muss nicht zu horrenden Summen versichert werden. Die Ukrainer mit ihren billigen, aber relativ unzuverlässigen Zenit-Raketen wären geradezu prädestiniert für die Rolle als Treibstoffliferanten. Und wenn eine Zenit mal kurz nach dem Start in einem Feuerball verglüht, könnten immer noch andere einspringen.