Chinas Planung zur Monderforschung

  • 252 Antworten
  • 62001 Aufrufe

Offline Regnart

  • *****
  • 819
Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #250 am: 02. August 2024, 09:17:15 »

Bild: CSU

... Man hat sich jetzt auf das Mare Fecunditatis (rechts) und den Oceanus Procellarum (links von der Mitte) eingeschossen:


Bild: CSU

Als Grund werden neben dem flachen Terrain mit der relativ sicheren Landemöglichkeit auch die Vulkane mit eventuell später nutzbaren Lavaröhren sowie die Mondrillen angegeben, die von hohem wissenschaftlichen Wert sind. Außerdem lassen sich aus dem Basalt Metalle und Sauerstoff gewinnen. Dazu kommt noch, dass man in der Äquatorialregion nur geringen zeitlichen Beschränkungen für einen Rückstart unterworfen ist, während in den Polregionen die Startfenster sehr eng sind.

Auch bei der Elsternbrücke-Konstellation, die sowohl von der CMSA als auch von der CNSA genutzt wird (und selbstverständlich auch Raumfahrtbehörden anderer Nationen zur Verfügung steht) hat man sich jetzt für die Phase II (2045-2060) auf das Gebiet südlich von 60° nördlicher Breite (der obere Rand des Oceanus Procellarum) geeinigt:
http://journal26.magtechjournal.com/kjkxjs/EN/10.16708/j.cnki.1000-758X.2024.0034#1

Die Konstellation sieht dann so aus:


Bild: CAST

Zu den Satelliten (ELFO steht für "Elliptical Frozen Orbit") kommen in dieser Phase zwei lunare Bodenstationen: eine an der Landestelle von Chang’e 8 (die erste Version der Internationalen Mondforschungsstation) und eine am Äquator auf der erdzugewandten Seite des Mondes (die Bemannte Lunare Experimentierstation). Die Ingenieurinnen und Ingenieure in der Hauptentwicklungsabteilung der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie gehen für Phase III der Elsternbrücke-Konstellation sicher davon aus, dass auf der Rückseite des Mondes eine dritte Station errichtet wird. Während in Phase I und II die Monderkundung durch staatliche Behörden betrieben wird, sollen in Phase III dann auch private Raumfahrtunternehmen (nicht zu verwechseln mit kommerziell orientierten GmbHs im Staatsbesitz wie ExPace oder Chinarocket) die vom Staat aufgebaute Infrastruktur nutzen und auf dem Mond aktiv werden.

Anmerkung 1:
Letzteres ist nicht im Mondprogramm der Volksrepublik China festgelegt, sondern eine tagespolitische Vorgabe von Premierminister Li Qiang vom März 2024 ("wir fördern die Wirtschaft"). Das kann sich bis 2060 ändern und hängt auch davon ab, was private Raumfahrtunternehmen jenseits von Trägerraketen bis dahin leisten können.

Anmerkung 2:
Bei dem Artikel in der CAST-Werkzeitung vom 25. Juni handelt es sich um einen Beitrag im Rahmen eines vorgestern abgeschlossenen Ideenwettbewerbs des Labors für Tiefraumerkundung zur Elsternbrücke-Konstellation. Es gibt auch andere Vorschläge zur Struktur der Konstellation, aber bei den gefrorenen elliptischen Orbits und den Lagrange-Punkten sind sich alle einig. Hier werden alternative Konzepte präsentiert:


https://www.youtube.com/watch?v=hrnEIvPoTT4

Offline Regnart

  • *****
  • 819
Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #251 am: 15. August 2024, 16:38:53 »
Im englischsprachigen Internet werden wieder einmal wirre Informationen zur Elsternbrücke-Konstellation verbreitet. Hier ist der Originalartikel der Ingenieure vom Pekinger Forschungsinstitut für Telemetrie der China Aerospace Science and Technology Corporation und dem Forschungsinstitut für Bahnverfolgungs- und Kommunikationstechnik der Volksbefreiungsarmee vom 31. Juli 2024:
https://www.sciengine.com/CJSS/doi/10.11728/cjss2024.03.2023-0129

Es handelt sich hier um einen weiteren Diskussionsbeitrag im Rahmen des am 31. Juli abgeschlossenen Ideenwettbewerbs. Die geostationären Tianlian-Relaissatelliten der CMSA, von denen es derzeit 6 aktive gibt, können untereinander kommunizieren, also Informationen rund um die Erde funken, und haben bei der Mission Chang’e 6 bereits Telemetrie, Bahnverfolgung und Steuerung der Sonde bis zu deren Eintritt in den Mondorbit übernommen (die ESA hatte mit ihren Bodenstationen nur einen Beobachterstatus):
https://www.stdaily.com/index/kejixinwen/202405/1ea1135dc7c14a9ea0c06ac54288d451.shtml

Das mit der Unzuverlässigkeit der argentinischen Regierung wird von den CAST-Ingenieuren in dem oben erwähnten Artikel genauso gesehen. Dort schlägt man vor, zunächst einen eigenen geostationären Satelliten bei 20,4° östlicher Länge zu stationieren, mit dem der Sichtbereich der Tiefraumstation Kashgar (76° Ost) nach Westen erweitert wird, ab 2060 dann einen weiteren geostationären Satelliten bei 171° östlicher Länge, mit dem der Sichtbereich der Tiefraumstation Giyamusi (130° Ost) nach Osten erweitert wird. Diese beiden Satelliten sollen echte Tiefraumstationen werden, mit einem Antennendurchmesser von 18 m und einer Sendeleistung von 2 kW.

Der oben als "Cislunar Space Station" gekennzeichnete GEO-Satellit heißt auf Chinesisch "Interplanetarer Umsteigebahnhof" (行星际中转站), hier rot gekennzeichnet:


Bild: DSEL/Andrew Jones

Das ist wörtlich zu nehmen. Zumindest einer dieser GEO-Satelliten soll zu einer Raumstation ausgebaut werden, wo modulare (Mars-)Raumschiffe montiert sowie mit Treibstoff und Versorgungsgütern beladen werden können (支持航天器在轨组装以及在轨补加,在特定空间位置上做好枢纽中转):
https://mp.weixin.qq.com/s?__biz=MzI5MjE0NzU2MQ==&mid=2649416435&idx=1&sn=14ce49140539a5b9b7f1dbadeb966bcd

Offline Regnart

  • *****
  • 819
Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #252 am: Heute um 11:18:11 »
Um auf das Mobile Mondlabor zurückzukommen, hier ist ein Artikel des Landesverbands Jilin der KPCh über das dortige Bodensimulationslabor für Landmaschinen (existiert seit Ende der 50er Jahre), wo in dem eingebetteten Video neben kleineren Rovern auch Räder für größere Fahrzeuge zu sehen sind:
https://news.sina.com.cn/zx/gj/2024-06-07/doc-inaxwxiy4109322.shtml

Um einen Eindruck von den Größenverhältnissen zu bekommen, hier ist ein Rad für die gegenwärtige Variante des Mondlabors. Auf der Anlage können Geschwindigkeiten bis 50 km/h getestet werden, bei einer ununterbrochenen Fahrt von bis zu 600 km:


Bild: Bionik-Labor der Jilin-Universität


Bild: SAST

Das ganz schwarze Rad oben hier war für die ursprüngliche Variante gedacht, darunter kann man noch Testräder mit anderen Profilen sehen (das sind verkleinerte Modelle):


Bild: Bionik-Labor der Jilin-Universität


Bild CAST

Auf diesem Foto von der Testung des ersten Jadehasen kann man die Gesamtanlage sehen:


Bild: Jilin-Universität