Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?

  • 22 Antworten
  • 9021 Aufrufe

AnnoW

  • Gast
Hallo zusammen,

ich habe dieses interessante Forum entdeckt auf der Suche nach einer Frage, die mir nicht so ganz einleuchten will.
In den USA hört man im Moment so viel aus der privaten Raumfahrt, besonders von SpaceX und dem Konkurrenten Blue Origin. Auch Virgin Galactic ist ziemlich bekannt.

Nun sind all das Privatunternehmen, anders als z.B. die NASA. In Deutschland dagegen scheint es überhaupt keine privaten Raumfahrtunternehmen zu geben. Ich spreche nicht von Zulieferern oder sowas wie den Zentren der ESA, sondern von Privatunternehmen, die selbstständig Missionen durchführen auf ihrem eigenen Gelände usw.

Was würde der Gründung eines privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland im Wege stehen?

Am Geld kann es doch nicht liegen, Unternehmer wie Elon Musk, Jeff Bezos oder vllt auch Richard Branson mögen natürlich Riesen sein, aber auch in Deutschland muss es doch Unternehmer mit Ambitionen geben, die die nötigen Mittel auftreiben können...
Was die geografischen Aspekte betrifft, so ist man doch inzwischen schon in der Lage, Raketenstufen ziemlich genau wieder zu landen, was SpaceX ja immer wieder beweist. Dass der "Platz" nicht vorhanden ist, kann doch auch ein KO-Kriterium mehr sein, besonders im Hinblick auf die Zukunft.

Die Frage ist sicherlich naiv, ich hoffe trotzdem, dass jemand ein wenig Licht ins Dunkel bringt.  ???

Grüße
Anno

Offline Ruhri

  • *****
  • 4042
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #1 am: 23. Juni 2016, 11:02:14 »
Deutschland ist aber weder von seiner Bebauung noch von seiner geographischen Lage dazu prädestiniert, eine Raketenstartanlage zu betreiben. (Die mobile Anlage des DLR zur Forschungszwecken lasse ich dabei einmal außen vor.) Man müsste also direkt ins Ausland gehen, am besten an den Äquator. Damit gehen die Kosten natürlich schon gleich wieder hoch.

Und übrigens beweist SpaceX zwar, wie genau man Raketen steuern kann, aber auch, dass die Sache nicht ohne weiteres möglich ist. Gerade erst gab es mal wieder eine Bruchlandung, und auch wenn man so etwas bestimmt weiter reduzieren kann, wird es ab und an immer mal wieder dazu kommen. Irgendwann wird bestimmt auch einmal eine Stufe landen, die man nach genauer Durchsicht eigentlich nur noch auf den Schrott werfen kann.

Und natürlich muss jemand, der eigene Raketen bauen oder sogar eigene Missionen fliegen will, erst einmal bekloppt sein. Man steckt gerade am Anfang sehr viel Geld hinein, weiß aber gar nicht, ob man es jemals wieder heraus bekommen wird. Der "Break-even", der für Manager von großer Bedeutung ist, wird erst spät oder vielleicht auch niemals erreicht.

*

Offline tomtom

  • Raumcon Moderator
  • *****
  • 8096
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #2 am: 23. Juni 2016, 12:21:12 »
Hallo Anno und willkommen im Forum,

das ist eine sehr gute Frage.

Ich schreibe jetzt mal nicht, was ich so denke, sondern fange mal so an:

Deine Feststellung stimmt gar nicht, Deutschland war sogar da ganz vorne dabei, OTRAG war die erste privat-kommerzielle Raumfahrtfirma, zugegebenermaßen ziemlich zwielichtig.
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

Offline Kryo

  • *****
  • 990
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #3 am: 23. Juni 2016, 12:32:15 »
Und auch in Europa sind alle Firmen, die Raketen bauen und daran beteiligt sind, private Unternehmen.

Offline Ruhri

  • *****
  • 4042
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #4 am: 23. Juni 2016, 12:37:11 »
Und auch in Europa sind alle Firmen, die Raketen bauen und daran beteiligt sind, private Unternehmen.

Ich schätze, die sind im Sinne des Eingangsbeitrags allesamt "Zulieferer".

Offline Kryo

  • *****
  • 990
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #5 am: 23. Juni 2016, 12:43:26 »
Und auch in Europa sind alle Firmen, die Raketen bauen und daran beteiligt sind, private Unternehmen.

Ich schätze, die sind im Sinne des Eingangsbeitrags allesamt "Zulieferer".

Stimmt aber nicht, da ASL der Prime ist und kein Zulieferer. ASL liefert an Arianespace eine komplette Rakete und Arianespace kümmert sich um den Start. Keiner bestreitet jedoch die Vernetzung von Politik, Industrie und Forschung in diesem Bereich. Doch die Vernetzung ist in den USA genauso vorhanden.

*

Offline Schillrich

  • Moderator
  • *****
  • 19601
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #6 am: 23. Juni 2016, 13:03:37 »
Vielleicht hilft die klassische Einteilung in Segmente, um Unschärfen in der Lieferkette abzubauen. Ein Raumfahrtunternehmen wäre dann ein Unternehmen, dass eines der Folgenden betreibt:
  • Startsegment,
  • Raumsegment,
  • Bodensegment,
Ein Startsegment in Europa betreibt Arianespace. Ein komplettes Raumsegment hat RapidEye mal betrieben, die gehören heute aber zum amerikanischen PlanetLabs. SES Astra und Konsorten wären große Beispiele. Bodensegmente betreibt u.a. SCISYS.

Raumsegment und Bodensegment könnte man auch härter zusammen fassen: Welche Firmen betreiben ein komplettes Space-System (=Raumsegment + Bodensegment - Startsegment)? Da wären wir wohl wieder bei SES Astra.



Also es gibt schon private Raumfahrtfirmen ... mit dem Begriff allein lässt sich halt etwas beliebig diskutieren.
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

Offline Ruhri

  • *****
  • 4042
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #7 am: 23. Juni 2016, 13:31:29 »
Stimmt aber nicht, da ASL der Prime ist und kein Zulieferer. ASL liefert an Arianespace eine komplette Rakete und Arianespace kümmert sich um den Start. Keiner bestreitet jedoch die Vernetzung von Politik, Industrie und Forschung in diesem Bereich. Doch die Vernetzung ist in den USA genauso vorhanden.

Mich musst du da nicht überzeugen, aber ich vermute mal ganz stark, dass für  AnnoW eine private Raumfahrtfirma so etwas wie die von ihm angesprochenen ist, komplett mit eigener Produktion, eigener Startabwicklung und am besten gleich noch eigenem Startgelände.

Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #8 am: 23. Juni 2016, 13:34:50 »
Ich denke worauf sich Anno in seiner Frage bezieht sind klassische NewSpace-Unternehmen, also Unternehmen neueren Ursprungs und in privater Hand, die sich ausschließlich mit dem Thema Raumfahrt beschäftigen (wie eben die von ihm erwähnten Unternehmen SpaceX, Blue Origin und Virgin Galactic).

Da fallen mir adhoc allerdings auch nur vier Unternehmen ein:

Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH
SpaceIC
Berlin Space Technologies
ECM space technologies GmbH

AZUR Space Solar Power GmbH und OHB (bzw. alles was OHB angegliedert ist) kann man schwerlich als NewSpace bezeichnen... ;). Die gibt's einfach schon zu lang.

Kennt jemand noch mehr?
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

tobi

  • Gast
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #9 am: 23. Juni 2016, 13:47:34 »
Ich denke wichtiger als das Alter der Firma oder die Besitzverhältnisse, ist die Unternehmensführung. Und leider besteht die Unternehmensführung zu häufig unter "business as usual". Also das gleiche einfach weiter machen, dann macht man zwar nichts neues, aber auch nichts komplett falsches.

Wenn man sich die CEOs der Dax-Unternehmen anschaut, kann man sich schon fragen, wer nur verwaltet und wer einen Plan hat für die Zukunft hat.

*

Offline roger50

  • Raumcon Berater
  • *****
  • 11934
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #10 am: 23. Juni 2016, 18:21:25 »
Und ich denke, wichtiger als die Unternehmensführung sind die Besitzverhältnisse, bzw, die Unternehmensform. Alle 'etablierten' Raumfahrtfirmen in Europa sind Aktiengesellschaften. Und die haben per Unternehmensrecht die Aufgabe, Gewinne für die Aktionäre zu erwirtschaften. Tun sie das nach einigen Jahren nicht, sind sie ganz schnell aufgelöst, bzw. die Vorstände werden ausgetauscht.

Leider hat auch OHB sich sehr schnell für eine AG-Form entschieden, auch um durch Ausgabe von Aktien überhaupt an genug Kapital für die angestrebten Aufträge zu gelangen. Das funktioniert ja auch ganz gut, aber wie in jeder AG geht ein Großteil der erwirtschafteten Gewinne direkt an die Aktionäre. Steht dem Unternehmen also nicht für interne Projekte zur Verfügung.

Anders ist es eben bei den bekannten Gründern der 'großen' New Space Firmen. Es sind Personenunternehmen, in die die Besitzer ihr eigenes Geld stecken. Egal, ob sie damit am Ende Gewinn machen oder nicht. Dafür sind sie aber frei in ihren Entscheidungen, können tun und lassen, was sie wollen. Klappt es - fein. Klappt es nicht - so what.

Und an diesen Typen mangelt es eben in Europa und speziell in D. Ist ja nicht so, daß wir keine Multimilliardäre hätten. Nur interessiert sich keiner von denen für Raumfahrt. "Albrecht Space Nord/Süd" bleibt ein Traum... ::)

Richard Branson ist der einzige in Europa (den ich kenne), der es in diesem Sektor wagt. :(

Gruß
roger50

tobi

  • Gast
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #11 am: 23. Juni 2016, 18:30:11 »
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass Apple auch an der Börse ist und trotzdem innovativ ist. Dem Daimlerchef würde ich auch eine gewisse Zukunftsorientiertheit attestieren.

Offline R2-D2

  • *****
  • 1838
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #12 am: 23. Juni 2016, 21:31:35 »
Leider hat auch OHB sich sehr schnell für eine AG-Form entschieden, auch um durch Ausgabe von Aktien überhaupt an genug Kapital für die angestrebten Aufträge zu gelangen. Das funktioniert ja auch ganz gut, aber wie in jeder AG geht ein Großteil der erwirtschafteten Gewinne direkt an die Aktionäre. Steht dem Unternehmen also nicht für interne Projekte zur Verfügung.
Also "Großteil der erwirtschafteten Gewinne" würde ich es nicht gleich nennen.
Um bei OHB zu bleiben, so haben sie 2015 von 1,21€ Gewinn je Aktie 0,40€ als Dividende ausgeschüttet, macht 33%.
http://www.ohb.de/investor-relations/ohb-aktie.html

AnnoW

  • Gast
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #13 am: 24. Juni 2016, 09:12:16 »
Der Begriff "New Space" war mir bisher nicht bekannt, aber ja, ich denke das ist genau das, was ich meine.

In anderen Branchen wie z.B. im Finanzsektor gab es lange eigentlich nur die großen Branken, doch seit ein Paar Jahren schießen die sog. FinTechs aus dem Boden und schaffen es mit einfachen und innovativen Ideen die Branche aufzumischen. Natürlich ist die Raumfahrt mit viel mehr Aufwand und Kosten verbunden, aber hat so eine Entwicklung in den USA nicht schon begonnen mit den Unternehmen, die ich zu Anfang genannt habe?

Offline Ruhri

  • *****
  • 4042
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #14 am: 24. Juni 2016, 10:43:34 »
Das hat es wohl, aber wie du schon sagtest: In den USA.

Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #15 am: 24. Juni 2016, 11:42:08 »
@ Anno:
Man kann bzgl. NewSpace zwar auch einen Riesenreport anfertigen, wie enorm das Potential ist, woran es denn genau hapert, bzw. welche nationalen Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen:
https://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/bmwi-new-space-geschaeftsmodelle-an-der-schnittstelle-von-raumfahrt-und-digitaler-wirtschaft,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf

...oder man ist ehrlich genug und sagt:
Bei uns mangelt es primär an entsprechender Entrepeneur-Mentalität bei hochriskanten Technologievorhaben ("Egal was alle sagen, ich zieh mein Ding jetzt durch...komme was wolle"). Ohne Businessplan geht hierzulande nebenbei fast gar nichts.

Wir Deutsche sind zwar Weltmeister was die KMU-Landschaft (Kleine und Mittelständische Unternehmen) betrifft und haben auch eine sehr effiziente Technologieförderungs-Infrastruktur........aber gerade Kleinstunternehmen kommen aus vielschichtigen Gründen nur sehr (!) schwierig in den Genuss dieser Förderprogramme.
Die Raumfahrt in Europa ist leider Sache großer etablierter Unternehmen. Innovative und spezialisierte KMUs treten da eher nur als Zulieferer oder Unterauftragnehmer der Big Player in Erscheinung. Kleinstunternehmen sucht man hier eigentlich eher vergeblich. Um also ohne existierenden Markt (wie beim Weltraumtourismus im Falle von Virgin Galactic oder Blue Origin) oder in einem hartumkämpften Markt als Kleinstunternehmen "schnell" wachsen und überlebensfähig werden zu können, bedarf es schon einer finanzkräftigen Privatperson (die gleichzeitig Visionär und Technologiefreak ist) an der Spitze des Unternehmens.

Das ist aber kein deutsches, sondern eher schon europäisches Problem:
Wäre z.B. Alan Bond (Chef des engl. Unternehmens Reaction Engines Ltd.) Multimilliardär, sähe die Sache um seine hochinnovative Skylon-Idee wohl vollkommen anders aus. Er müsste nicht gegen Lobby-Windmühlen kämpfen, bzw. mühsam Investoren suchen....sondern würde eben einfach machen. In seinem Fall existieren sicherlich weit weniger Zweifler am revolutionären Charakter und Potential seiner Idee, als seinerzeit in den USA bei einem branchenfremden Kerl, der eine private Raketenfirma gründen wollte.

Die schiere Anzahl US-amerikanischer NewSpace-Unternehmen (auch ohne Dagobert Duck als CEO) deuten jedoch auch an, dass das wirtschaftl. Umfeld eine mindestens ebenso große Rolle spielt. Raumfahrt hat in den USA leider einen vollkommen anderen Stellenwert als hierzulande. Eine überlebensfähige Marktnische zu finden, ist für hinreichend innovative Kleinstunternehmen da weitaus einfacher.
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

*

Offline cullyn

  • ***
  • 150
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #16 am: 24. Juni 2016, 15:10:11 »
Ein wichtiger Grund wurde hier noch nicht genannt, die Haftungsfrage.
Per  Weltraumhaftungsübereinkommen ist geregelt, das ein Staat "A" vollumfänglich haftbar gemacht werden kann (von einem anderen Staaten "B") für alle Schäden die der andere Staat (oder dessen natürliche bzw juristische Personen) erleidet durch "Weltraumgegenstände" auf der Erde, in der Luft oder im Weltall die durch Staat A erzeugt oder gestartet werden, unabhängig davon, ob der Staat selber oder private Unternehmen mit Sitz in dem Staat dafür verantwortlich sind.

Sprich wenn SpaceX einen Unfall verursacht, durch den ein Satellit einer deutschen Firma (z.b. OHB) zerstört wird, darf Deutschland die USA verklagen und die USA haften. Soweit ich das verstehe hat aber die deutsche Firma keinerlei Hebel direkt gegen SpaceX, sollte die Regirung aus politischen Gründen nicht die Haftung einfordern.

Wenn die Rakete einer kleinen Firma mit Sitz in Deutschland in Polen fälschlicherweise eine Stadt einäschert, kann sich Polen jeglichen Schaden vom deutschen Steuerzahler ersetzen lassen (die Tatsache dass es zynisch ist, ggf Menschenleben mit Geld aufzurechnen lassen ich mal aussen vor). Egal wieviel mal der Firmenwert der Startfirma überschritten wird. Keine Versicherung der Welt wird bereit sein, einen unbeschränkten Haftungsanspruch zu geben, von daher wird es nie möglich sein diese Haftung voll privatwirtschaftlich aufzufangen.

Für mich ist es vorstellbar, das es leichter wird juristischen Ansprüche der USA gegenüber Deutschland erfolgreich durchzusetzen, als umgekehrt, zumal wenn bei Fragen von Weltraumschrott in einer Orbitalbahn eines Satelliten es schwer wird, den echten Schaden sinnvoll zu beziffern und da ganz schnell Streit entbrennen wird, welche Zahl richtig ist. 

Von daher würde ich als deutscher Politiker sehr hohe Hürden an Firmen stellen, die unbedarft in der Raumfahrt mitspielen wollen, während vermutlich ein US-Politiker das viel Entspannter sieht.

*

Offline tomtom

  • Raumcon Moderator
  • *****
  • 8096
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #17 am: 25. Juni 2016, 09:29:03 »
Die Haftungsfrage ist zwar irgendwann relevant, ich kenne aber keinen Fall, wo das ein wirkliches Hindernis gespielt hätte.

Der Artikel im neuen DLR-Magazin gibt ja sozusagen die offizielle Antwort:
http://www.dlr.de/rd/desktopdefault.aspx/tabid-4788/7944_read-46745/

Darin heißt es:
1. die strengen europäischen Vorschriften zu Export-, Ausschreibungs-, Vertrags- und Standardbedingungen
2. "Tal des Todes" - Es wird zwar Produktentwicklung staatlich gefördert, bevor das Produkt erfolgreich vermarktet wird, ist das Unternehmen auch schon wieder am Ende.
3. die NewSpace Akteure kommen aus der IT, vielleicht war Deutschland unternehmerisch zu wenig erfolgreich in der IT.
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

*

Offline Schillrich

  • Moderator
  • *****
  • 19601
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #18 am: 25. Juni 2016, 09:45:12 »
"Tal des Todes" ist eigentlich: man fördert Technologieentwicklung bis TRL 5 oder TRL 6 ... ein vermarktbares Produkt braucht aber TRL 8 und höher, um für klassische Investoren (und Kunden) interessant zu sein.
Wie überbrückt man diese Lücke? Der Staat darf da nicht mehr fördern, da die Fördergelder hier schon zu "marktnah" wären. Und Banken wollen auch noch kein Geld geben. An der Stelle muss eigentlich Venture-Kapital einsteigen.
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #19 am: 26. Juni 2016, 08:17:03 »
3. die NewSpace Akteure kommen aus der IT, vielleicht war Deutschland unternehmerisch zu wenig erfolgreich in der IT.
Besteht denn NewSpace jetzt nur noch aus SpaceX und Blue Origin?
Betrachtet man die Vielfalt der NewSpace-Szene (auch oder gerade in den USA), würde ich sogar behaupten, dass nur ein sehr kleiner Anteil der NewSpace-Gründern aus der IT kommt.
Auch bei anderen Big Playern bekannteren Unternehmen wie Bigelow Aerospace und Virgin Galactic haben die Gründer keine IT-Vergangenheit.
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

*

Offline Schillrich

  • Moderator
  • *****
  • 19601
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #20 am: 26. Juni 2016, 08:47:33 »
Ich sagen mal: Gründer aus raumfahrtfremden Branchen + spin-in von Konzepten, Technologien und Methoden aus der IT-Branche.
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #21 am: 26. Juni 2016, 09:46:50 »
Ich sagen mal: Gründer aus raumfahrtfremden Branchen + spin-in von Konzepten, Technologien und Methoden aus der IT-Branche.
Ich denke ich kann nachvollziehen woher dieser Fokus auf IT kommt, denn ich persönlich sehe eindeutig Parallelen zwischen dem Phänomen NewSpace und dem Phänomen Silicon Valley. Letzteres bestand gerade zu Beginn des Computerzeitalters wie der Name schon sagt aus Halbleiterfirmen. Eine enorme Anzahl an später großen US-amerikanischen IT-Unternehmen sprossen dort erst im Nachhinein aus dem Boden. Noch heute steht das Silicon Valley jedoch gerade für Begriffe wie IT bzw. Dot-Com.
Vielleicht assoziieren daher viele Personen NewSpace mit der IT-Branche, weil sie eigentlich an den Silicon-Valley-Gründergeist denken.

Auch dieses Silicon Valley konnte bekanntlich ähnlich NewSpace nicht einfach 1:1 in Deutschland oder anderorts umgesetzt werden. Sicherlich gab und gibt es auch in Europa bzw. national gesehen hier und dort High-Tech-Cluster, aber diese haben kaum Unternehmen von Weltformat einer Branche hervorgebracht.
Es war eben eine Dynamik zur rechten Zeit am richtigen Ort, in der passenden marktwirtschaftlichen Umgebung.....und mit dem dafür notwendigen Gründergeist. Das gleiche trifft (abgesehen von einer örtlichen Konzentrierung) auch auf NewSpace zu.
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

Trillian

  • Gast
Re: Warum gibt es keine privaten Raumfahrtunternehmen in Deutschland?
« Antwort #22 am: 27. Juni 2016, 20:34:33 »
Zur Firma OTRAG (Orbital Transport- und Raketen Aktiengesellschaft) gibt es bei Wikipedia.
https://de.wikipedia.org/wiki/OTRAG

Dann gibt es die
Firma Eurockot Launch Services GmbH. Dabei handelt es sich um ein in Bremen ansässiges Gemeinschaftsunternehmen von Astrium (51 %) und GKNPZ Chrunitschew (49 %). Entnommen von https://de.wikipedia.org/wiki/Rockot

COSMOS International Satellitenstart. Dabei handelt es sich um eine Tochterfirma von OHB Technology (dürfte aber wohl nicht aktuell sein). Entnommen https://de.wikipedia.org/wiki/Kosmos_(Rakete)