Disclaimer: Ich lagere hier ein kleines Unterthema aus, das mich (auch aufgrund beruflichen Hintergrundes) seit dem SES9 Flug beschäftigt.Die Herausforderungen verflüssigter Treibstoffe für den Träger1.) Material & Konstruktion: Wärmeausdehnung, Versprödung, Rissbildungich nehme an es werden hier überwiegend 'Flugzeugaluminium'legierungen wie Dural, 7071, 7075, eventuell auch Edelstähle (304-316) verwendet. Diese verspröden im Gegensatz zu CStahl erheblich weniger, zumal es in der Industrie (LNG) viel Erfahrung dazu gibt.
Temperaturschock: der Tank und seine Einbauten bestehen aus dünnwandigen Blechen, welche mit hochwertigen Schweissverfahren (Reibrührschweissen für die Rundnaht, die Längsnaht vermutlich mit Laser) verbunden werden. Sehr unempfindlich, auch bei Lastwechseln. Diese werden (Temperatur- und Drucklastwechsel) im Apparatebau idR erst bei Werten grösser 500 berücksichtigt, die Vibrationen bei Start und Flug sind m.E. daher bei Weitem relevanter als etliche Entleerung und Wiederbefüllungen.
Konstruktiv erwarte ich
Wirbelbrecher am Tankboden und evt. auch (vermutlich gelöcherte zur Gewichtseinsparung) Zwischenwände ("Baffles" wie bei LNG Tanks) gegen ein Schwappen der Flüssigkeit, vergleichbares findet sich bei
LNG Tankwagen. Die Schweissnähte werden vermutlich per WIG durchgehend geschweisst sein. Konstruktiv flexibel genug um genügend Bewegungsspielraum zu haben - es gibt neben der Wärmedehnung noch die druckbedingte Ausdehnung im Umfang (wenngleich nicht viel da ich den Überdruck im Tank bei weniger als 1 barü vermute).
Die dickwandigeren Teile (Pumpengehäuse, -laufräder) dagegen benötigen eine Temperaturrampe und werden auch m.W. einige Minuten vorher runtergekühlt.
2.) Kühl halten / IsolierungTanks: Ich vermute, dass aufgrund des Volumen zu Oberflächenverhältnis das Auskühlen nicht relevant genug ist, um das zusätzliche Gewicht einer permanenten Isolierung zu rechtfertigen. Eine temporäre Isolierung klingt nach riesigem Aufwand.
Innere LOX Leitung durch den Kerosin Teil:
Interessiert mich brennend. Neben Kompensatoren wird eventuell eine Kunststoffbeschichtung verwendet. Alternative vakuumisoliert mittels zahlreicher dünner Lagen, welche vergleichbar mit einigen
Wärmetauschertypen mit dem Grundrohr verschweisst und hydraulisch aufgeweitet wurden.
3.) KühlmöglichkeitenIn der Rakete imho keine. Vor dem Betanken wird der Sauerstoff oder Methan vermutlich zuerst mittels Flüssigstickstoff (Siedetemp. 77K) vorgekühlt, LOX wird dann weiter mittels Anlegen von Unterdruck unterkühlt (Siedepunkt bei 55K sind 18mbara).
Kühlen benötigt Wärmetauscher, ein Beregnen von Aussen würde aufgrund der massiven Vereisung und des ungleichmässigen Wärmeeintrags für erhebliche Probleme sorgen.
Kühlen durch Unterdruck fällt ebenfalls aus, da Unterdruck bei langen Zylinder schnell zu Beulen und Knicken führt. Ohne gewichtsintensive Versteifung kann ein langer Zylinder nur ein Bruchteil des zulässigen Innenüberdruckes aushalten! Und da die Rakete m.W. nur durch den Innendruck eine ausreichende Steifigkeit besitzt, um die Spitze
gerade nach oben zu wuchten, wird ein ausreichender Unterdruck nicht möglich sein.
Das Dazugeben von verflüssigten Gasen hat seine Tücken. Generell vermute ich eine irreversible Vermischung ähnlich Stickstoff-Sauerstoff => Stichwort
Linde-Verfahren. Das wird bei Wasserstoff oder Helium geringer ausfallen, jedoch ohne Quantifizierung - die Literatur ist hier leider etwas dünn. Wasserstoff in den Sauerstoff zu geben klingt allerdings gelinde gesagt spannend.
Stoffdaten bei Normdruck:
Sauerstoff (Siedetemp. 90K, gefriert bei 55K)
Methan (Siedetemp. 112K, gefriert bei 90K)