Ich glaube, ich hatte das schon einmal bei ähnlicher Gelegenheit geschrieben, aber hier passt es auch wieder: Die EU und die ESA sind Zusammenschlüsse von Ländern, also politische Organisationen. Sie sind aber eben auch Organisationen mit Standorten und Menschen, die hauptberuflich tätig sind.
Der Hauptunterschied zwischen diesen Organisationen ist, dass die Zielrichtungen ziemlich unterschiedlich sind. Die ESA hat ein großes Thema, eben die Raumfahrt, das sie in allen möglichen Aspekten beackert. Die EU ist umfassender entworfen, und da ist die Raumfahrt nur ein vergleichsweise kleines Thema unter vielen. Ein Land, das EU-Mitglied werden möchte, muss im Grunde das Gesamtpaket "kaufen", auch wenn eine gewisse "Rosinenpickerei" erlaubt ist (ihr kennt bestimmt alle das eine oder Land, was diese Option nutzt).
Ein ESA-Mitgliedsstaat ist dagegen eben nur und ausschließlich wegen dem Raumfahrtaspekt dabei, wobei es gerade bei der ESA Abstufungen gibt. Neben den 22 Vollmitgliedern (letzte Erweiterung: 2015) gibt zurzeit ein assoziiertes (Kanada, seit 1979), 7 ECS-Staaten und 5 Kooperationsvertragsstaaten. Zwei Vollmitglieder (Norwegen, Schweiz), drei Kooperationsvertragsstaaten (Türkei, Ukraine, Israel) und das assoziierte Kanada sind dabei keine EU-Mitglieder. Australien und Südafrika, die zukünftig vielleicht ebenfalls den Assoziierungsstatus erhalten werden, sind es ebenfalls nicht. Und gerade da sei mir die Frage in die Runde gestattet: Warum sollten denn auch alle ESA-Staaten gleichzeitig EU-Mitglieder sein?
Eine echte Rosinenpickerei bei der ESA ist es natürlich, dass bei jedem einzelnen konkreten Projekt ein Staat sich entscheiden kann, ob er dabei sein will oder nicht, was aufgrund des Geo Returns selbstverständlich bedeutet, dass die eingesetzten Mittel auch im betreffenden Land ausgegeben werden müssen.
Faktisch ist übrigens die EU sogar Mitglied bei der ESA: Durch den Europäischen Weltraumrat, einer gemeinsamen Tagung der höchsten Gremien beider Organisationen, das EU-ESA-Rahmenabkommen und den Artikeln 179–190 des
AEU-Vertrags ist die Zusammenarbeit geregelt. Insbesondere im Artikel 189 gibt sich die Europäische Union selbst den Auftrag, alle zweckdienlichen Verbindungen zur ESA aufzunehmen. Durch die geballte Finanzmacht der EU-Staaten kann die Union bei konkreten ESA-Projekten als Haupt- oder als alleiniger Auftraggeber tätig werden, was im übrigen natürlich auch den umstrittenen Geo Return aushebelt: EU-Gelder müssen von der ESA in den EU-Staaten ausgegeben werden, aber mit Sicherheit nicht mit einem fixen Länder-Verteilschlüssel.