Ich sehe selber keinen Nutzen in einem Schwerlastträger, solange es kein festes Programm gibt. Ich hab aber keine Zweifel, dass der Schwerlastträger entwickelt wird, wenn die Politik das Projekt nicht vorher wieder einstellt. Mit diesem Schwerlastträger wären dann ohne Probleme Flüge zum Mond oder anderen Zielen möglich. Die Startkosten werden sicher hoch sein, aber mehr als 2 - 3 Starts im Jahr werden eh nicht möglich sein. Und wenn man für diese Starts genügend Nutzlasten zusammenbekommt, dann halte ich den Schwerlastträger für einen sinnvollen Weg.
Von Treibstoffdepots im Orbit dagegen halte ich aktuell zumindest nichts. Hier kommen aktuell nur lagerfähige Treibstoffe mit mittlerem Energiegehalt in Frage. Die Langzeitlagerung von LH2 ist weiterhin ein ungelöstes Problem. Man kann zwar mittlerweile Helium recht lange im Orbit flüssig halten (z.B. bei Infrarot - Teleskopen), dafür benötigt man aber eine Vakuum - Isolation, die bei den bei einem Depot verwendeten Treibstoffmengen aus Gewichtsgründen nicht in Frage kommt. Zudem vermag Wasserstoff anders als Helium sehr einfach Metalle zu durchdringen. Dazu kommt auch noch die Gefahr der Perforation durch Weltraummüll oder Mikrometeoriten. Hier sind noch so viele offene Punkte zu klären, dass ein derartiges Depot die nächsten 20 Jahre keine realistische Option ist. Hier ist erst noch viel Grundlagenforschung nötig, um es produktiv einzusetzen.
Alternativ gebe es Wege, die Komponenten z.B. für einen Mondflug einzeln in den LO zu bringen und dort zu montieren, mit Delta 4 Heavy eventuell. Aber auch das ist aktuell noch nicht ganz spruchreif. Hier kann einfach zu viel schief gehen. Für bemannte Missionen außerhalb des LO wird die nächsten Jahre ein Schwerlastträger der einzige gangbare Weg sein. Alle anderen Wege sind im Moment noch zu unsicher und teuer oder benötigen noch Jahre der Grundlagenforschung.
Die Saturn ist übrigens nicht verschwunden, weil sie zu teuer war, sondern weil es nach dem Ende des Apollo Programms keine Nutzlasten mehr gab. Zudem wollte man zu dieser Zeit weg von den Einwegträgern und hat deswegen die komplette Technik der Saturn zu den Akten gelegt. In meinen Augen noch heute der größte Fehler der US Raumfahrtpolitik. Nach dem Ende der Saturn hat man in den USA die Treibstoffkombi Kerosin / LO2 praktisch zu den Akten gelegt und keine weitere Entwicklungsarbeit mehr hineingesteckt. Deswegen musste man z.B. für die Atlas 5 ein russisches Triebwerk kaufen. Mit einem ausgewogenen Programm hätte man die Saturn 5 noch Jahrzehntelang nutzen können. Mit Feststoffboostern hätte sich die Nutzlast bis auf über 200 t steigern lassen. Aber leider setzte die US Politik alles auf den Shuttle, der sich am Ende als Sackgasse erwiesen hat.
Auch sollte man keine so großen Hoffnungen auf SpaceX setzen. Einige hier spielen sich auf, als wäre der Erlöser erschienen, dabei hat SpaceX bisher noch kaum etwas geleistet. Sie haben einen Kleinträger entwickelt, für den es im Markt keine Nutzlast gibt (Falcon 1) und haben 2 Flüge mit der Falcon 9 absolviert (ein Träger in der Nutzlastklasse der Delta 2 H), bei dem noch lange nicht alles glatt ging. Sie haben zwar große Pläne, aber was davon überhaupt umgesetzt werden kann, das weiß heute noch keiner. Alle kritisieren den geplanten Großträger der NASA und argumentieren, dass es für diesen Träger nicht genug Nutzlasten gäbe. Aber hat schon mal einer die Falcon Heavy hinterfragt, wo die Nutzlasten für diesen Träger herkommen sollen? Wer hat aktuell Bedarf an einem Träger mit 50 t Nutzlast? Angeblich sind die Auftragsbücher von SpaceX voll mit kommerziellen Nutzlasten, aber wenn das so ist, warum haben wir dann im ganzen Jahr 2011 keinen einzigen Start von SpaceX gesehen? Zudem sagen NASA als auch DoD in Übereinstimmung, dass die Falcon für ihre Nutzlasten noch nicht sicher genug ist. Erst ab 2014 hält die NASA die Falcon für sicher genug, dass man damit Raumsonden starten könnte. Billig ist halt nicht alles. Es gibt hier ein Sprichwort, das immer wieder passt: Wer billig kauft, kauft zwei Mal. Die EELVs und Ariane 5 mögen teuer sein, aber sie sind zuverlässig. Dagegen haben die seit Jahren eingeführten Modelle Proton und Zenit immer wieder mit Fehlstarts zu kämpfen. Wie sich SpaceX hier einreiht, weiß noch keiner. Die Falcon 9 hat gerade mal 2 Flüge hinter sich und als zuverlässig kann man diesen Träger daher noch nicht ansehen. Die Ariane 5 hatte bei den ersten 10 Starts einen Fehlstart und zwei Teilerfolge, die Delta 3 bei drei Starts zwei Fehlstarts und ein Teilerfolg. Fehlstarts sind bei einem neuen Träger nicht ungewöhnlich. Was passiert, wenn einer der ISS Flüge schief geht? Hat SpaceX genügend finanzielle Reserven, um das wegzustecken? Was passiert dann mit den kommerziellen Kunden?