Moin,
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SP 24 / 2006 (118) 20. Juli 2006
Explosion auf einem toten Stern
Astronomen erforschen die Nachwirkungen eines gigantischen Ausbruchs auf dem Objekt RS Ophiuchi
Die Kernexplosion auf der Oberfläche des 5000 Lichtjahre von der Erde entfernten Sterns RS Ophiuchi erzeugt eine Stoßwelle, die sich mit einer Geschwindigkeit von mehr als 1700 Kilometern pro Sekunde ausbreitet. Richard Porcas, Mitglied des deutsch-englischen Entdeckerteams und Wissenschaftler am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie, hat dazu Messungen mit dem Europäischen VLBI-Netzwerk koordiniert - denn die Beobachtung wurde erst durch das Zusammenschalten der großen Radioteleskope der Erde möglich. Auf diese Weise gelang es den Forschern, die Nachwirkungen der Explosion in sehr hoher Auflösung zu untersuchen (Nature, 20. Juli 2006).
Abb.1: Künstlerische Darstellung des Doppelsternsystems RS Ophiuchi. Wasserstoffreiches Gas fließt von einem Roten Riesen auf die Oberfläche des begleitenden Weißen Zwergs, wo es zur Explosion kommt.
Bild: David A. Hardy & PPARC (
www.astroart.org)
In der Nacht zum 12. Februar 2006 registrierten japanische Astronomen einen drastischen Helligkeitsanstieg des Objekts RS Ophiuchi: Der Stern in der Konstellation Schlangenträger (lat. Ophiuchus) konnte jetzt deutlich mit bloßem Auge gesehen werden. In der Tat war das die letzte einer ganzen Serie solcher Explosionen, aber die erste seit dem Jahr 1985. Das Ereignis bietet die Gelegenheit, neue und wesentlich leistungsstärkere Teleskope zum Einsatz zu bringen, um Ursachen und Auswirkungen dieser stellaren Ausbrüche zu studieren.
So beantragte Tim O`Brien vom Jodrell-Bank-Observatorium der Universität Manchester kurzfristig Beobachtungszeit am amerikanischen VLBA-Netzwerk: "Unsere ersten Messungen, die nur zwei Wochen nach dem Ausbruch erfolgten, zeigten eine expandierende Stoßwelle, deren Ausdehnung bereits der Bahn des Planeten Saturn um die Sonne entsprach. In einer Distanz von 5000 Lichtjahren ist das nur noch der fünf Millionste Teil eines Grads - so viel wie ein Fußball aus 2700 Kilometer Entfernung betrachtet!"
Die Stoßwelle zeugt von einer gewaltigen Kernexplosion auf der Oberfläche eines Weißen Zwergs, den in engem Abstand ein Roter Riese umkreist. Weiße Zwerge sind die Kerne ausgebrannter, sonnenähnlicher Sterne, deren äußere Schichten ins Weltall abgeblasen wurden. Die etwa erdgroßen Himmelskörper besitzen eine sehr hohe Dichte: Ein Würfelzucker großes Stück Sternmaterie würde auf der Erde etwa eine Tonne wiegen.
In dem beschriebenen Doppelsternsystem strömt Gas des Riesen auf die Oberfläche des Zwergs. Hat sich dort genügend Material angesammelt, zünden thermonukleare Reaktionen - ähnlich denen im Innern der Sonne. Die Fusion läuft im Fall des Weißen Zwergs aber nicht kontrolliert ab, sondern in einer gewaltigen Explosion, die innerhalb weniger Tage die 100000fache Energie der Sonne freisetzt und Gas mit einer Geschwindigkeit von mehreren Tausend Kilometern pro Sekunde in die Umgebung schleudert.
Dieses Material (rund eine Erdmasse) trifft auf die ausgedehnte Atmosphäre des Roten Riesen und produziert dort Stoßwellen, die Elektronen bis auf fast Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Bei der Bewegung durch die Magnetfelder in der Umgebung des Riesensterns erzeugen die Elektronen jene Synchrotronstrahlung, die schließlich von den Radioteleskopen auf der Erde aufgefangen wird.
In den folgenden Monaten verfolgte das Team den Ausbruch von RS Ophiuchi in einer globalen Forschungsinitiative weiter, mit dem Europäischen VLBI Netzwerk (EVN), dem auch Teleskope in Südafrika und China angehören, mit dem britischen MERLIN-Netzwerk sowie mit VLBA und VLA in den USA.
Richard Porcas vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, der bereits an der Kampagne beim letzten Ausbruch von RS Ophiuchi im Jahr 1985 beteiligt war, hat die Messungen im Europäischen EVN-Netzwerk koordiniert. "Schon eine Woche nach unseren ersten Beobachtungen war es uns möglich, elf Radioteleskope in Europa, Südafrika und China zu einer sehr empfindlichen Messung zusammenzuschalten. Wir waren überrascht, dass die Stoßwelle mehr und mehr deformiert erschien."
Abb.2: Erstes Radiobild der Stoßwelle, aufgenommen mit dem amerikanischen VLBA-Teleskopnetzwerk nur 14 Tage nach der Explosion. Die Farben geben die Radiohelligkeit wieder (Blau: schwach; Rot: hell). Der Doppelstern steht im Zentrum des Bilds, ist aber selbst nicht sichtbar.
Bild: NRAO/AUI/NSF
Die Beobachtungen zeigten in den folgenden Monaten eine Formänderung von einem Ring in eine zigarrenförmige Struktur. Über die Ursache rätseln die Astronomen noch: "Entweder schießt die Explosion Materiejets in entgegengesetzte Richtungen heraus, oder die Atmosphäre des roten Riesensterns beeinflusst die Ausbreitung des herausgeschleuderten Materials", sagt Porcas.
Sobald der aktuelle Ausbruch beendet ist, wird sich wiederum Gas auf der Oberfläche des Zwergsterns ansammeln, bis es vielleicht in 20 Jahren zu einer erneuten Explosion kommt. Dabei wollen die Forscher eine wichtige Frage klären: Schießt der Weiße Zwerg bei jeder Explosion das gesamte Material, das er vom Roten Riesen aufgesammelt hat, heraus? Oder spart er einiges davon auf und legt so allmählich an Masse zu? Dazu Tim O`Brien, der den vorherigen Ausbruch von RS Ophiuchi bereits in seiner Doktorarbeit untersucht hat: "Wenn der Weiße Zwerg derart an Masse gewinnt, dann wird er nach einiger Zeit in einer gewaltigen Supernova-Explosion in Stücke gerissen."
Jerry