Moin!
Auch wenn der Thread schon ein bisschen "kalt" ist - das Thema interessiert mich. 8-)
Was heute möglich wäre, wenn nur das Geld dazu da wäre, ist m. E. kaum zu beantworten: "Physikalisch machbar" ist vieles, "technisch machbar" schon weniger, "organisatorisch machbar" und "logistisch machbar" vieles nicht mehr, selbst wenn die Finanzierung gesichert wäre. Ein Beispiel: die große radförmige Raumstation aus dem Film "2001 - Odysee im Weltraum" wäre physikalisch und technisch sicher machbar. Aber selbst wenn wir heute das Geld hätten, könnten wir sie in absehbarer Zeit nicht bauen, weil die "Logistik" erst einmal geschaffen werden müsste: vor allem eine Flotte großer Frachttransporter, die weitaus größere Nutzlasten als das Space Shuttle transportieren können. Bis es die nicht gibt, ist das "Riesenrad" einschließlich Raumhotel "Orbital Hilton" nicht zu verwirklichen.
Vielleicht ist die Frage, wo die Raumfahrt heute wäre, wenn die Etats für die bereits beschlossenen Projekte immer ausgereicht hätte, ganz interessant.
Nehmen wir das Space Shuttle. Seine gefährlichen Mängel resultieren aus "Sparmaßnahmen", die vor mehr als 35 Jahren beschlossen wurden. (Von den verantwortlichen Politikern ist wahrscheinlich keiner mehr im Amt.) Der Aussentank mit den Strap-On-Boostern war eine aus finanziellen Engpässen geborene Verlegenheitslösung - die zwei Shuttlebesatzungen das Leben kostete. Nach den ursprünglichen Plänen hätte das Shuttle eine wiederverwendbare Erstufe mit Flüssigkeitsraketen gehabt. Das wäre mit höheren Investitionen am Anfang verbunden gewesen - hätte aber zu einen zuverlässigeren und sichereren System geführt, dass auf Dauer sogar von Kosten her günstiger gewesen wäre, als das heutige System.
Oder nehmen wir die ESA. Was wäre geschehen, wenn die Mitgliedstaaten Mitte der 80er Jahre "grünes Licht" für den Raumgleiter "Hermes" gegeben hätte? Oder wenn für den "Buran" nicht der Geldhahn völlig abgedreht worden wäre?
Der konstruktive Gehalt dieser Szenarien: Sie zeigen, dass ein Problem nur nur der Raumfahrt, sondern aller langfristiger Technologieförderung der ist, dass der Planungshorizont der "Entscheider" bestenfalls die unmittelbare Zukunft betrifft, während die Auswirkungen ihrer Entscheidungen erst Jahre, wenn nicht Jahrzehnte spürbar werden.
Ein ESA-Manager soll einmal geklagt haben: "Was nicht in drei Jahren einsatzbereit ist, kriegen wir einfach nicht durch".
(Wenn ich es recht bedenke, gibt es dieses Problem in den meisten Politikfeldern. Und zumindest börsennotierten Aktiengesellschaften auch in der Privatwirtschaft: Denken und Planen bis zum nächsten Wahltag bzw. Bilanzstichtag.)
Ad Astra,
MartinM