Eure Meinung zu Michael Griffin

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Gero_Schmidt

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Eure Meinung zu Michael Griffin
« am: 18. April 2005, 21:02:26 »
Was haltet ihr von Michael Griffin als neuem NASA-Administrator? Er ist ja bereits mit reichlich Vorschusslorbeeren bedacht worden, sogar Robert Zubrin (der ja sonst sehr kritisch in Bezug auf die NASA ist) hat ihn in den höchsten Tönen gelobt, anscheinend hat er schon früher mit Griffin zusammen gearbeitet. Auch die Politiker loben ihn parteiübergreifend.

Was er bisher gesagt hat (schnellere Entwicklung des CEV, eventuell nun doch Shuttlemission zum Hubble-Teleskop, stärkere Einbindung privater Firmen und möglicherweise Entwicklung einer neuen Schwerlastträgerrakete) klingt jedenfalls sehr gut. O'Keefe war halt in erster Linie ein Manager, der von Technik keine Ahnung hat und sich in solchen Fragen auf seine Mitarbeiter verlassen musste. Bei Griffin ist das anders. Allerdings war O'Keefe wahrscheinlich der bessere Mann, wenn es darum geht, ein Budget ohne größere Kürzungen durch den Kongress zu manövrieren und die organisatorischen Strukturen der NASA zu verbessern; vielleicht ist Griffin hier aber auch keine schlechte Wahl, das wird sich mit der Zeit zeigen.

Was meint ihr? :question
« Letzte Änderung: 18. April 2005, 21:03:41 von Gero_Schmidt »

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Offline pikarl

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #1 am: 19. April 2005, 13:53:57 »
ich denke dass ein nasa-administrator mit visionen in jedem fall besser ist als ein finanz-experte, der jede mission kleinrechnet. allerdings ist die frage, wie weit es dann zu den realen missionen kommt. imho war ja auch o'keefe-vorgänger goldin für seine luftschlösser bekannt, die am ende zu problemen und kritik an ihm geführt haben.

in jedem fall ist ein visionärer nasa-adminstrator als das gut, was er sein soll: identifikationsfigur für die amerikanische raumfahrt. und was die luftschlösser angeht, gibt es ja schon aus o'keefes zeiten pläne der bemannten marslandung. :)

Gero_Schmidt

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #2 am: 19. April 2005, 17:43:35 »
Na ja, der entscheidende Unterschied zwischen den Visionären Goldin und Griffin dürfte sein, dass Griffin die Unterstützung der Regierung hat und auch der Kongress nicht mehr völlig blockiert. Goldin hatte unter Clinton im wesentlichen die ständigen Budget-Kürzungen zu verwalten.

Was meinst du denn mit Plänen zur bemannte Marslandung aus O'Keefes Zeiten? Die Vision for Space Exploration? Die ist doch noch aktuell.

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Offline pikarl

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #3 am: 19. April 2005, 19:48:54 »
Zitat
Was meinst du denn mit Plänen zur bemannte Marslandung aus O'Keefes Zeiten? Die Vision for Space Exploration? Die ist doch noch aktuell.
Klar, aber sie stammen aus O'Keefes Zeiten. Auch wenn man sie (auch wenn es schwer fällt) eher Bush zuschreiben kann als O'Keefe. Komische Visionäre sind das heutzutage.. ;)

Gero_Schmidt

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #4 am: 20. April 2005, 01:45:37 »
Zitat
Klar, aber sie stammen aus O'Keefes Zeiten.

Schon klar, nur war ich irritiert, dass du sie als "Luftschlösser" bezeichnet hast... Das muss sich erst noch zeigen; O'Keefe war ja nur drei Jahre NASA-Chef und hatte gerade mal ein Jahr, um mit der Umsetzung der Mond-/Marspläne zu beginnen.

Was Bush als Visionär angeht: Schwer zu sagen, inwiefern ihn Raumfahrt tatsächlich interessiert; er ist aber sicherlich besser für die NASA als Kerry es gewesen wäre oder Clinton es je war. Die letzten demokratischen Präsidenten, die das Raumfahrprogramm wirklich unterstützt haben, waren Kennedy und Johnson. Schade eigentlich.

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Offline pikarl

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #5 am: 20. April 2005, 07:37:22 »
Vielleicht weil Raumfahrt viel mit der RÜstungsindustrie zu tun hat und republikanische Präsidenten von der Tendenz gegenüber WIrtschaftslobbiismus offener sind...? ;)

Gero_Schmidt

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #6 am: 20. April 2005, 18:01:02 »
Glaub ich weniger. Sicher gibt es Querverbindungen aber traditionell sind die NASA und der Teil des Militärs der sich mit Raumfahrt befasst eher Konkurrenten. Bush hat seine 'Bringschuld' gegenüber den Rüstungskonzernen in Form des Raketenabwehrprogramms beglichen.

Noch was: Ich sag es zwar nicht gern, aber Ausgaben fürs Militär, sofern sie der Raumfahrt zugute kommen sind gar nicht so übel, beispielsweise war die Mondsonde Clementine ein Nebenprodukt des SDI Programms. Eine Militarisierung des Weltraums dürfte langfristig ohnehin nicht zu verhindern sein.

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Offline pikarl

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #7 am: 20. April 2005, 18:22:11 »
Zitat
Noch was: Ich sag es zwar nicht gern, aber Ausgaben fürs Militär, sofern sie der Raumfahrt zugute kommen sind gar nicht so übel, beispielsweise war die Mondsonde Clementine ein Nebenprodukt des SDI Programms. Eine Militarisierung des Weltraums dürfte langfristig ohnehin nicht zu verhindern sein.
Das würd ich so nur bedingt unterschreiben.

Zur Militarisierung der Raumfahrt: Die bemannte Raumfahrt ist seit ihren ersten Tagen ein rein militärisches Unternehmen. Bis auf sehr wenige Ausnahmen sind alle Mitglieder von amerikanischen russischen Raumflügen Militärs. Das ist ein Stück weit sicher auch sinnvoll, z.B. damit es auf den Flügen ein klares Ranggefüge gibt. Vermutlich hat dies auch damit zu tun, dass bemannte Raumfahrt immer eine Grenzsituation ist: Das Leben der Menschen hängt zu 100% von der Technik ab. Dennoch möchte die Bodenstation nur sehr ungern die Kontrolle über eine Situation im All verlieren, so dass ein gewisser militärischer Drill wichtig ist.

Allerdings hat militärischer Einfluss in der Raumfahrt ihre Schattenseiten. Stichpunkt Erdbeobachtung. THeoretisch kann man mit ESA-Umweltsatelliten wie Envisat wunderbar auch militärische Aufklärung betreiben. Das darf die ESA aufgrund ihrer Statuten nicht, aber es wäre denkbar. Aber die ESA ist eine zivile und zudem öffentliche Institution - insofern werden die Daten über kurz oder lang öffentlich gemacht und nutzen uns allen.

Wenn nun aber die NASA (denkbar wäre es) einen Umweltsatelliten startet, der vom Militär kofinanziert ist, bleibt der militärisch genutzte Teil der Daten sicherlich unter Verschluss. Was ich sagen möchte: Bei militärischen bzw. militärisch unterstützten Projekten besteht immer die Tendenz zur Geheimhaltung, die IMHO einem ausgeglichenen und effizienten wissenschaftlichen Betrieb schaden kann.
« Letzte Änderung: 20. April 2005, 18:23:52 von PiKarl »

Gero_Schmidt

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #8 am: 21. April 2005, 00:05:23 »
Klar, eine Einmischung des Militärs hat ihre Schattenseiten. Beispielsweise wurden bei der Entwicklung des Shuttles viele Kompromissie gemacht, die den Betrieb am Ende sehr unwirtschaftlich machten, um Sonderwünsche des Miltärs zu berücksichtigen, und so ihre finanzielle Unterstützung für das Projekt zu gewinnen. Andererseits hätte es wohl überhaupt kein Shuttle gegeben, wenn das Militär sich nicht beteiligt hätte. Licht und Schatten also.

Aber wie gesagt: Langfristig kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendein Vertrag ein Wettrüsten im All verhindern kann, höchstens um ein paar Jahrzehnte (maximal) verzögern. Und schließlich gibt es auch keinen triftigen Grund den Weltraum bei militärischen Überlegungen auszuklammern (ich spiele hier auch ein bisschen Teufels Advokat um die Beteiligung anzukurbeln).

olliman

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #9 am: 25. April 2005, 22:00:29 »
ich denke ohne militär ist es zurzeit in Amerika schwer genügend geldressourcen zu bekommen. und irgendwann werden die Militärs sicher auch auf den Weltraum aufmerksam (naja sind sie ja eigentlich schon) und werden gemeinsam mit der NASA kooperieren (falls sie das nicht schon tun) um hier ergebnisse zu erzielen.
meine meinung zu griffin ist folgende: wenn man O'Keefe als guten strategen und keinen techniker nannte dann muss ich ehrlich sagen ist mir dieser lieber. experten gibts in der NASA soviele, da muss sich der Chef nicht auch noch auskennen. ich denk mir die bräuchten wirklich einen, der super kalkuliert und das ganze durch den kongress bringt und nicht einen der die fähigkeiten hätte selbst an einer raumsonde zu bauen. was seine visionen angeht sind sie aus jetziger sicht sicher um einiges realistischer als o'keefes. andererseits sind langzeitvisionen immer unrealistisch (anfangs) und von daher find ich ihm nicht besser und nicht schlechter als seinen vorgänger aber wenn ich entscheiden müsste dann würd ich sagen um ein stückchen schlechter.

Felix_Korsch

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #10 am: 26. April 2005, 07:53:04 »
Stichpunkt Militarisierung der Raumfahrt: ich sehe beinahe eine rückläufige Tendenz. Russland schickt immer mehr Zivilisten ins All (Ingenieure, Ärzte... das Militär muss dort seit geraumer Zeit auch bezahlen, wenn es was nach oben schicken will), eine militärische Nutzung der ISS ist über internationale Verträge ausgeschlossen, damit auch militärische Projekte bei Zubringerflügen (sprich: keine militärisch intendierten Shuttle-Flüge mehr) usw.

Damit verschwindet der militärische Einfluss aber nicht völlig, schön zu sehen am Beispiel Fernost: hinter dem chinesischen Raumfahrtprogramm steht das Militär, Nordkoreas will sich Langstreckenraketen zulegen und Japan sieht sich genötigt, ein neues weltraumgestütztes Aufklärungsprogramm zu starten und wieder Offensiv-Raketen zu bauen.

Übrigens ist es interessant, welche Rüstungskonzerne Anteile an Raumfahrtunternehmen, z.B. Arianespace, halten; und einie Raumfahrtunternehmen sind ja nur mehr Sparten größerer Rüstungskonzerne. Europa ist da keine Ausnahme, hier ist längst nicht alles zivil (Helios). Da befürchte ich perspektivisch eher einen kleinen Wettlauf mit den USA.

However: Konkurrenz belebt das Geschäft. Nicht nur der Wettlauf zwischen Staaten, auch militärische und zivile Programme können sich gegenseitig pushen. Es darf nur nicht vergessen werden, dass Wissenschaft und Forschung im Vordergrund zu stehen haben.

Gero_Schmidt

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #11 am: 27. April 2005, 05:16:03 »
Zitat
ich denke ohne militär ist es zurzeit in Amerika schwer genügend geldressourcen zu bekommen. und irgendwann werden die Militärs sicher auch auf den Weltraum aufmerksam (naja sind sie ja eigentlich schon) und werden gemeinsam mit der NASA kooperieren (falls sie das nicht schon tun) um hier ergebnisse zu erzielen.

Die NASA kooperiert bereits mit dem Militär und das seit Jahrzehnten (s. militärische Shuttle-Missionen; das gesamte Shuttle-Projekt wurde von der Air Force mitgetragen, davor gab es die X-15 und diverse andere Projekte, heute beispielsweise Kooperation bei der Entwicklung von scramjet-Triebwerken). Ist ja auch naheliegend. Das militärische Raumfahrtbudget liegt in etwa so hoch wie das der NASA, so dass die USA insgesamt pro Jahr über 30 Milliarden für Raumfahrt ausgeben: Europa hat eindeutig Nachholbedarf.


Zitat
meine meinung zu griffin ist folgende: wenn man O'Keefe als guten strategen und keinen techniker nannte dann muss ich ehrlich sagen ist mir dieser lieber.


Kann man so sehen, allerdings hat Griffin auch Manager-Erfahrung und politische connections und dazu ist er eben noch ein hervorragender Ingenieur; eigentlich die beste aller möglichen Kombinationen.
O'Keefe hat, wenn man es genauer betrachtet, einige recht bedauerliche Entscheidungen getroffen, die mit mehr technischem Sachverstand hätten vermieden werden können. Trotzdem war er einer der besten NASA-Chefs bisher (nach James Webb). Bei Griffin könnte ich mir allerdings vorstellen, dass er das noch mal deutlich toppen kann.

Gero_Schmidt

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #12 am: 27. April 2005, 05:20:41 »
Zitat
Stichpunkt Militarisierung der Raumfahrt: ich sehe beinahe eine rückläufige Tendenz.

Ich denke das ist, wenn überhaupt, nur vorübergehend. Langfristig wird kein Staat auf die militärischen Vorteile, die der Weltraum bietet, verzichten wollen. Die Appelle Russlands oder Chinas an die USA, die Militarisierung nicht weiter voranzutreiben, sind in meinen Augen heuchlerisch. Sie sollen wohl in erster Linie die Entwicklung verlangsamen, bis man selbst (finanziell -Russland bzw. technisch -China) mithalten kann. Die Vorstellung, dass sie echte moralische Bedenken hätten, finde ich jedenfalls sehr amüsant.

Felix_Korsch

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #13 am: 27. April 2005, 15:27:30 »
Wo schrieb ich was von moralischen Bedenken? Käse.

Die Raumfahrt wird immer weiter kommerzialisiert, auch ehemals staatliche Raumfahrtunternehmen werden privatisiert (Trennung von ESA und Arianespace; die NASA ist auch "nur" eine Behörde). Irgendwann ist dass das Militär nur noch ein Kunde von vielen bei Anbietern von Trägertechnologie, was es schon mal unmöglich macht, dass die kommerzielle Raumfahrt (vorrangig zivil) hinter ein militärisches Interesse zurückfallen kann.

Natürlich wird es weiterhin militärische Raumfahrtprojekte geben, das ziehe ich nicht in Zweifel. Aber eine tatsächliche "Militarisierung" des Weltraums (m.E. alles, was über Spionagesatelliten hinausgeht), wie einst mit SDI angedacht, wird vorerst ausbleiben. Der Grund ist doch ganz banal: es gibt keinen Feind. Das kann sich durchaus irgendwann ändern, etwa, wenn sich Old Europe anschickt, die Konkurrenz zu den USA offener auszuleben.

Gero_Schmidt

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #14 am: 27. April 2005, 16:45:57 »
Zitat
Wo schrieb ich was von moralischen Bedenken? Käse.

Sorry, das war auch nicht direkt an dich addressiert.


Zitat
Der Grund ist doch ganz banal: es gibt keinen Feind.


Na ja, und was ist mit China (in Bezug auf die USA)? Natürlich ist die Lage derzeit nicht so angespannt wie früher zwischen der Sowjetunion und den USA aber das wird noch...
Dann gibt es erhebliche Spannungen zwischen Japan und China, und zwischen Südkorea
und Nordkorea.
Das Raketenabwehrsystem (das durchaus mal mit SDI vegleichbar sein könnte) wird jedenfalls weiterentwickelt; wie sinnvoll das ist, ist eine andere Frage.

Digigraf

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Re: Eure Meinung zu Michael Griffin
« Antwort #15 am: 30. April 2005, 03:07:01 »
Hi
Guter Mann, der will tatsächlich ne Shuttle Mission zu Hubble entsenden. Find ich sehr erfreulich.

mfg Digigraf