Privater Satellit

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Offline Toliman

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Privater Satellit
« am: 16. Dezember 2021, 01:44:43 »
In wie weit ist es für einen Privatmann möglich, einen eigenen Satelliten zu bauen und diesen in den Orbit schießen zu lassen? Gibt es irgendeine Gesellschaft, die so etwas machen würde?
Stimmt es, daß in den 1980er Jahren ein Brasilianer seinen eigenen Satelliten mit einer Ariane als Zusatznutzlast ins All hat schießen lassen?

Offline SirFalcon

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Re: Privater Satellit
« Antwort #1 am: 16. Dezember 2021, 08:28:30 »
hängt wahrscheinlich von der Vorstellung ab, was "Satellit" bedeutet.

Für erste Anfänge würde das aber sehr preiswert funktionieren z.B. mit https://ambasat.com/

Da gibt es Bausätze für sehr kleine Satelliten (Nanosatelliten) für unter £200. Mit einer erstaunlichen Auswahl an Sensoren. Allerdings sind gerade alle Kits im Shop "out of stock"...
Wurde über Kickstarter finanziert.
Starten (für  £850, ca. 1.000€) wollen sie mit Interorbital Systems (IOS) mit ihrer NEPTUNE Rakete. Hatte ich vorher noch nichts von gehört, aber sie  haben die erste und zweite Stufe der Rakete schon 2014 und 2018 getestet. Wie nahe sie an einem Start sind, habe ich auf die Schnelle aber nicht rauslesen können.

Je größer der Satellit aber werden soll, desto größer auch der finanzielle Aufwand. Bei IOS würde ein 3U Cubesat-Start dann auch schon ca. 100.000 USD kosten...

edit: Kosten des Starts noch ergänzt

honk

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Re: Privater Satellit
« Antwort #2 am: 16. Dezember 2021, 08:42:51 »
@ Toliman :
Etwas, das ein Privatmensch in seiner Garage zusammengebaut hat, in den Orbit befördern zu lassen, dürfte schwierig sein - die Anbieter solcher Starts möchten verständlicherweise den Nachweis, dass die Nutzlast die Mission nicht in Gefahr bringt. Aber zB bei CubeSats ist das Problem vom Anbieter bereits gelöst - man kann einen fertigen Cubesat kaufen und auf einer Rideshare-Mission in den Weltraum befördern lassen (wenn man das nötige Kleingeld mitbringt).
Siehe zB hier (passend zu Deinem Alias): die TOLIMAN/TOLIBOY-Mission in privater Trägerschaft: https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=19163.0.
Geschätzte Kosten: 1 Mio $ für einen 6U-CubeSat (~10 kg); 10 Mio $ für einen Kleinsatelliten (~100 kg)

Re: Privater Satellit
« Antwort #3 am: 16. Dezember 2021, 09:49:02 »
In wie weit ist es für einen Privatmann möglich, einen eigenen Satelliten zu bauen und diesen in den Orbit schießen zu lassen? Gibt es irgendeine Gesellschaft, die so etwas machen würde?
Stimmt es, daß in den 1980er Jahren ein Brasilianer seinen eigenen Satelliten mit einer Ariane als Zusatznutzlast ins All hat schießen lassen?

Das müsste der Satellit OSCAR 17 (auch Microsat 2, DOVE, BRAMSAT, Digital Orbiting Voice Encoder und DO-17 oder 1990-005E bzw. 20440) gewesen sein. Der Satellit war ein sogenanntes Microsat-Projekts von AMSAT, das in den 1980er Jahren vom Bau- und Elektrotechniker Junior Torres de Castro (Amateurfunker mit Rufzeichen PY2BJO) in einer Garage in Botucatu, São Paulo hergestellt wurde.
https://de.wikibrief.org/wiki/Dove-OSCAR_17

Der Satellit wurde als Auxiliary Payload beim Ariane-Start V35 am 22. Januar 1990 in den Orbit gebracht. Für die Ariane-4 und -5 gab es eine Vorrichtung mit der es möglich war kleine zusätzliche Nutzlasten, wurden als "Auxiliary Payload" bezeichnet neben der eigentlichen Nutzlast mit zunehmen.

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Online Nitro

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Re: Privater Satellit
« Antwort #4 am: 16. Dezember 2021, 09:52:36 »
Wie schon eingehend beschrieben ist vieles moeglich, so lang man das noetige Kleingeld mitbringt. Dann kommt es auch darauf an, wie gross der Satellit sein soll und was er koennen soll. Erfahrungsgemaess kann ein 1U Cubesat inll. Start schon mal mehrere zehntausend Euro kosten.

Dann ist die Frage; entwickelt man alles selbst oder kauft man den Satellitenbus von der Stange. Fuer ersteres sollte man schon das geballte Wissen eines ganzen Ingenieurteams in sich vereinen, also dann doch lieber COTS und vielleicht ein zwei Boards mit einer Kamera und ein paar Sensoren als Nutzlast, damit der Satellit auch eine Funktion hat.
Man braucht mindestens ein Board fuer die Energieversorgung, entsprechende Solarzellen, ein Board fuer den Prozessor der die Daten verabeitet und fuer Kommunikation und Thermalkontrolle.

Dann muss er getestet werden, dafuer braucht man mindestens eine Vakuumkammer, Sonnensimulator und einen Vibrationstisch. Vieles davon kann man auch selbst bauen, wenn man das entsprechende Wissen und Kleingeld hat.

Als letztes ist es mit dem Satelliten und dem Start alleine nicht getan. Ist der Kleine mal im All muss er auch kontrolliert werden, dass heisst man braucht eine Bodenstation. Also am besten eine nachfuehrbare Yagi-Antennen-Phalanx im Hof oder auf dem eigenen Dach fuer den UHF und/oder VHF Frequenzbereich und entsprechende Hard- und Software um die Telemetrie auszuwerten, Kommandos zu schicken und den Satelliten mit den Antennen zu tracken.

Geschätzte Kosten: 1 Mio $ für einen 6U-CubeSat (~10 kg); 10 Mio $ für einen Kleinsatelliten (~100 kg)

Wow, das sind aber happige Preise. Selbst bei einer teuren Ariane 5 liegen die Startpreise pro Kg knapp unter 10000 Euro. Oder kauft man fuer eine Millionen gleich die Entwicklung des Satelliten?
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

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Offline Sensei

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Re: Privater Satellit
« Antwort #5 am: 16. Dezember 2021, 10:26:44 »
Du wirst  bei einer Ariane aber auch nicht die vollen 16t Maximalnutzlast nur mit 6U CubeSat füllen können.
Das wären ja sonst mal eben 1.600 Satelliten, die da in einem Start mit nach oben gehen würden. So etwas skaliert schlicht nicht linear.

Bei SpaceX gibt es ja seit einer Weile das dezidierte Rideshare-Programm. Hier sind für einen SSO Flug für einen 100kg Sat (oder weniger) ein geschätzter Preis von 1 Mio $ für den Flug angegeben.

https://rideshare.spacex.com/search?orbitClassification=2&launchDate=2023-04-16&payloadMass=100

Offline Hugo

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Re: Privater Satellit
« Antwort #6 am: 16. Dezember 2021, 10:30:44 »
Möglich ist alles. Es ist eine Frage des eigenen Könnens und des eigenen Geldes.

- Man benötigt mechanische Fähigkeiten, um einen Satelliten zu bauen: Man muss z.B. Aluminium schweißen können, oder beim GFK backen sollten Techniken beherrscht werden, um leichte und stabile Strukturen herzustellen.

- Man benötigt elektrischen Fähigkeiten, um einen Satelliten zu bauen: Z.B. Wie betreibt man eine Solaranlage mit Akkus?

- Man benötigt softwaretechnische Fähigkeiten, um einen Satelliten zu bauen. Wie programmiert man die Startracker. Wie rechnet man aus, wo die Sonne ist, um die Solarzellen ggf. drehen zu können. Wie rechnet man Bahnmanöver aus um Zeitpunkte für das Zünden von Steuerdüsen zu berechnen.

- Man benötigt analytische Fähigkeiten, um Fehlerkorrektur betreiben zu können oder Redundanzen schaffen zu können, damit jedes Bauteil ausfallen kann, der Satellit am Stück aber nicht ausfällt.

- Man benötigt Geld: Alle Komponenten sind sehr teuer in der Anschaffung.

- Man benötigt einen Startanbieter: Das dürfte mittlerweile das leichteste sein. SpaceX hat auf seiner Preisliste 5.000 Euro pro Kilogramm stehen. Der Mindestpreis beträgt 1.000.000 Euro, was 100 kg entspricht.

- Man benötigt eine Lizenz von der FAA. Das ist in Amerika erforderlich, wenn man dort starten möchte. Man muss somit der gut Englisch können und die Lizenzbedingungen lesen und verstehen können um sie umsetzen zu können.

- Man benötigt Bodenstationen um eine Funkverbindung herstellen zu können. Hierfür benötigt man Funklizenten für das Land, in dem diese Stationen stehen. Alternativ tut es auch ein Amazon-Account, Amazon bietet das Service.

- Man bentigt einen Personalausweis um beim Amt ein Gewerbe anmelden zu können.

- Vermutlich wird die Liste noch deutlich länger werden.

Tipp: An der Universität Stuttgart hat das ein Professor mit seinen Studenten gemacht. Vielleicht ist es einfacher, sich hier einzubringen:

https://www.uni-stuttgart.de/universitaet/aktuelles/meldungen/Satellit-Flying-Laptop-Mission-um-zwei-Jahre-verlaengert/

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Online Nitro

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Re: Privater Satellit
« Antwort #7 am: 16. Dezember 2021, 10:49:03 »
Schon etwas aelter, aber wenn man sich mal aus Interesse eines der ersten deutschen Cubesat-Projekte ansehen will, gibt es hier viele detaillierte Information zu dem erfolgreichen Studentenprojekt der Fachhochschule Aachen, genannt COMPASS-1:

http://www.raumfahrt.fh-aachen.de/compass-1/publications.htm
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

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Offline cullyn

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Re: Privater Satellit
« Antwort #8 am: 05. Januar 2022, 16:36:37 »
Bei Satellit als "Privatmensch" werden schnell 1-2 Ebenen des Themas übersehen.

Als erstes wird so ein Satellit ganz schnell als Dual-Use oder Rüstungsgut eingestuft (abhängig z.B. von der Nutzlast), da kommt schnell ein unbeabsichtiger Verstoss gegen Exportgesetze in Frage der gravierende Folgen haben kann.
Dann gibt es noch die Weltraumhaftung die von den Staaten getragen werden muss, da sind ein paar Fragen im besten Fall nicht eindeutig geklärt, im schlimmsten Fall haftet bei einem Problem der Staat der den Satelliten gebaut hat (Wo produziert wurde) zusammen mit dem Staaten der den Satelliten startet gesamtschuldnerisch.