Das ist korrekt. In den USA hat man die Triebwerksentwicklung nach dem F-1 Triebwerk praktisch eingestellt. Danach kam nur noch das SSME des Shuttle. Alle anderen bis in die 90er Jahre eingesetzten Triebwerke waren im Prinzip nur Weiterentwicklungen. Die Centauer-Stufe und auch die Oberstufen der Delta 3 und 4 setzen das RL-10 und seine Weiterentwicklungen ein, die Oberstufe der Delta 2 nutzt ein Triebwerk der Mondlandefähre von Apollo. Die Core-Stufen der Titan 3 und 4 basieren bis zuletzt auf der Titan 2 und ihrer Triebwerke. Auch die Atlas setzte bis zur Version 2AS eine Weiterentwicklung des aus den 60ern stammenden MA-5 ein. Die Delta und Delta 2 hingegen setzten bis zuletzt eine Ableitung des H-2 Triebwerks der Saturn 1b ein. Das RS-68 Triebwerk für die neue Delta 4 war die erste Triebwerksneuentwicklung in den USA seit über 20 Jahren.
Unter diesen Umständen war klar, das kaum eine Raumfahrtfirma das Risiko einer kompletten Neuentwicklung eingehen würde, vor allem auch noch mit einem neuen Triebstoff. Mit Methan hatte man nur einige wenige Tests mit einem umgerüsteten RL-10 Triebwerk absolviert, nie aber irgendwelche Tests für ein Startstufentriebwerk. Da man LH2 zu diesem Zeitpunkt bereits gut beherrschte, entwickelte man logischerweise lieber das RL-10 weiter, als ein neues Oberstufentriebwerk mit Methan zu entwickeln. Einen Vorteil hätte das damals nicht geboten. Selbst bei der Entwicklung der EELVs setzte man lieber auf bewerte Technik.
Erst jetzt beginnt man langsam wieder, neue Triebwerke in den USA zu entwickeln. Ohne die aufstrebenden neuen privaten Raumfahrtfirmen hätte es das nicht gegeben. Mir imponiert dabei besonders Blue Origin. Die haben es ohne große externe Hilfe geschafft, ein LH2/LOX Triebwerk (BE-3) zu entwickeln, das sowohl als Unterstufen- wie auch als Oberstufen-Triebwerk eingesetzt werden könnte und zudem noch bis auf unter 20 % drosselbar ist. Das zeigt, das sie auf jeden Fall auch das Zeug dazu haben, ein großes Methan-Triebwerk zu entwickeln (BE-4). Kein Wunder, das ULA sehr großes Interesse daran hat, neben dem BE-4 auch das BE-3 für eine neue Oberstufe zu verwenden. Rocketdyn sollte langsam damit anfangen, sich Sorgen zu machen. Sollte das BE-3 die Erwartungen von ULA erfüllen, könnte Rocketdyn den Auftrag für die RL-10 ganz schnell los sein, zumal diese seit dem Ende des Shuttles sehr teuer geworden sind.
Auch SpaceX gibt Dampf. Sie verlassen sich eher auf bewährte Technik, aber die zahlreichen erfolgreichen Flüge zb. zur ISS zeigen, das sie auf dem richtigen Weg sind. Wie es bei SpaceX mit Methan (Raptor) läuft, muss man sehen. Da dürfte aber auch eher das Geld als die Technik problematisch sein.