Unvereinbarkeit von Triebwerken der 1. und 2. Stufe

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Offline kfelske

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Unvereinbarkeit von Triebwerken der 1. und 2. Stufe
« am: 26. Januar 2014, 02:18:50 »
Hallo miteinander.

Ein Konzept des Space Shuttle hatte mich begeistert:
Antatt der ersten Stufe aus Tank und Triebwerk wird der Brennstoff aus dem Tank entnommen und im Shuttle (Oberstufe) verbrannt. Es wird also nur der Tank weggeworfen, der Triebwerksatz für die Unterstufe entfällt.
Dies sollte meiner Meinung zu einer Kostenreduzierung führen, da der Bau eines Triebwerksatzes entfällt.

Die Oberstufe muss also seitlich am Tank angebracht sein, um von Anfang an Schub liefern zu können.
Dies hat in der Vergangenheit zu Beschädigungen an hervorstehenden Teilen des Rückkehrsystems geführt.
Bei Satellitentransporten sollte dies aber keine Rolle spielen. Dennoch wird dies Konzept nirgends übernommen.

Was ist der Grund dafür?
Sind die Anforderungen der 1. Stufe (hohe Schubkraft) und die der 2. Stufe (Mehrfachzündfähigkeit) so schwer in dem selben Triebwerk zu vereinigen?

Führerschein

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Re: Unvereinbarkeit von Triebwerken der 1. und 2. Stufe
« Antwort #1 am: 26. Januar 2014, 07:50:41 »
Hallo miteinander.

Ein Konzept des Space Shuttle hatte mich begeistert:
Antatt der ersten Stufe aus Tank und Triebwerk wird der Brennstoff aus dem Tank entnommen und im Shuttle (Oberstufe) verbrannt. Es wird also nur der Tank weggeworfen, der Triebwerksatz für die Unterstufe entfällt.
Dies sollte meiner Meinung zu einer Kostenreduzierung führen, da der Bau eines Triebwerksatzes entfällt.

Die Oberstufe muss also seitlich am Tank angebracht sein, um von Anfang an Schub liefern zu können.
Dies hat in der Vergangenheit zu Beschädigungen an hervorstehenden Teilen des Rückkehrsystems geführt.
Bei Satellitentransporten sollte dies aber keine Rolle spielen. Dennoch wird dies Konzept nirgends übernommen.

Was ist der Grund dafür?
Sind die Anforderungen der 1. Stufe (hohe Schubkraft) und die der 2. Stufe (Mehrfachzündfähigkeit) so schwer in dem selben Triebwerk zu vereinigen?

Nein, das ist nicht schwierig, wenn man es schon bei der Konzeption des Triebwerkes berücksichtigt. Der Schub seitlich vom Triebwerk ist aber nicht masseeffizient. So ein Tank ist gut geeignet, die Kräfte vom Triebwerk auf die Nutzlast bzw. die große Masse Treibstoff zu übertragen, wenn die Triebwerke drunter sitzen. Wenn sie daneben sitzen, müssen sie anders konstruiert werden und sind schwerer.

Was du beschreibst, gibt es aber im Prinzip. Das sind die Heavy-Varianten einiger Raketen. Da sitzen die Triebwerke unter den Tanks, aber der zentrale Kern ist quasi eine zweite Stufe, die schon beim Start mitbrennt. Es wäre dabei durchaus möglich, den Orbit mit dem zentralen Kern zu erreichen. Mit einer zusätzlichen Oberstufe ist es aber effizienter.

Nur die Triebwerke zurückholen, ist aber nicht sehr effizient. Das sind "nur" Bauteile, wenn auch teure. Teuer ist es, die Bauteile zu einer funktionierenden Rakete zusammenzubauen und alles gründlich zu testen. Eine ganze Stufe mit Tank als funktionsfähige getestete Einheit zurückbringen, spart viel mehr.

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Offline Miam

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Re: Unvereinbarkeit von Triebwerken der 1. und 2. Stufe
« Antwort #2 am: 27. Januar 2014, 22:00:47 »
Deine Argumentationist aber eigentlich nicht richtig schlüssig,weil die SSMEs beim Shuttle ja nur für den Start benutzt werden, und eben während einer Mission nicht wieder gezündet werden konnten. Deshalb benutzte man für Bahnänderungen und ähnliches die OMS Triebwerke.

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Offline Schillrich

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Re: Unvereinbarkeit von Triebwerken der 1. und 2. Stufe
« Antwort #3 am: 28. Januar 2014, 07:52:30 »
Hallo kfelske

Sind die Anforderungen der 1. Stufe (hohe Schubkraft) und die der 2. Stufe (Mehrfachzündfähigkeit) so schwer in dem selben Triebwerk zu vereinigen?


Da kommen ein paar Aspekte zusammen. Das Ideal (aus Sicht der Konstruktion) wäre eine SSTO-Architektur. Da braucht man nur einen Triebwerksblock. Aber, da machen uns Chemie, Physik, Technologie und irdische Umwelt das Leben etwas schwer. Mit SSTO bekommen wir quasi nur die Rakete selbst in den Orbit, aber keine (nennenswerte) Nutzlast.

Wenn wir nur ein Triebwerk haben, dass Abheben, Aufstieg und Endbeschleunigung übernehmen soll, kommen auch unterschiedliche Auslegungsziele zueinander.
Zum Abheben und im Aufstieg brauchen wir viel Schub, die man durch ein großes Triebwerk oder mehrere Triebwerke zusammen erzielen kann. So ein Triebwerksblock wiegt dann aber auch viel. In der Phase kommt es aber nicht auf das letzte kg Strukturmasse an.
Für die Endbeschleunigung (also den Geschwindigkeitsaufbau für den Orbit) hingegen braucht man nicht viel Schub, man kann sich Zeit lassen  ... und hier stört jedes überschüssige kg Strukturmasse, das mitgeschleppt wird aber keinen sinnvollen Beitrag liefert. Hier braucht den großes Triebwerksblock aus der ersten Phase nicht mehr. Dessen Zusatzmasse kostet hier nur, bringt aber keinen Gewinn.

Die alten Atlas hatten das schöne gelöst: Beim Start haben 3 Triebwerke gearbeitet, alle aus der selben Stufe gespeist. Ab einer gewissen Höhe wurde dann ein Teil des Triebwerksblocks abgeworfen und nur noch ein Triebwerk hat den Rest erledigt. Das Konzept hat sich sonst aber nirgendwo mehr gezeigt.
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Offline kfelske

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Re: Unvereinbarkeit von Triebwerken der 1. und 2. Stufe
« Antwort #4 am: 09. Februar 2014, 20:56:15 »
Vielen Dank für euere Beiträge.

Wenn es so viel effizienter ist ganze Triebweksstufen zurückzuholen, verstehe ich nicht, wieso das Hopperkonzept http://de.wikipedia.org/wiki/Hopper_%28Raumfahrt%29 diskret im Sande verlaufen ist.

Das Hopperkonzept sah eine Unterstufe, die horizontal auf einem Schlitten startet, vor.
Nach der Trennung zur Oberstufe wäre der Hopper in der Lage, ähnlich einem Shuttle, ohne Antrieb zum Boden zu gleiten. Die dabei auftretenden Temperaturen sind um einiges geringer und daher eher beherschbar als bei einem Shuttle.
Nach der Landung auf einem Fahrwerk wird der Hopper per Schiff zum Startort befördert. Das Fahrwerk muss also nur für den leeren Hopper ausgelegt werden.

Hierbei benötigt man also eine Rollbahn mit Hafenanschluss und ein Spezialschiff zum Rücktransport, was man auch nicht umsonst bekommt.

Wenn man den Hopper meiner Meinung nach auf 20t LEO auslegt und in der Regel nur für 6-8t verwendet, bleibt aber noch genügend Treibstoffkapazität, um den Hopper zurückzufliegen und am Startort zu landen.

Bei der Diskussion um Ariane 6 oder 5.1 wäre der Hopper als die Version 5.2 anzusehen. Bei Ariane 6 muss man dieses Konzept aufgrund des Festsoffantriebs endgültig begraben.

Führerschein

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Re: Unvereinbarkeit von Triebwerken der 1. und 2. Stufe
« Antwort #5 am: 09. Februar 2014, 23:15:22 »

Wenn es so viel effizienter ist ganze Triebweksstufen zurückzuholen, verstehe ich nicht, wieso das Hopperkonzept http://de.wikipedia.org/wiki/Hopper_%28Raumfahrt%29 diskret im Sande verlaufen ist.

.............

Wenn man den Hopper meiner Meinung nach auf 20t LEO auslegt und in der Regel nur für 6-8t verwendet, bleibt aber noch genügend Treibstoffkapazität, um den Hopper zurückzufliegen und am Startort zu landen.

Das Problem, oder besser neutral ausgedrückt, eine Eigenschaft eines solchen Konzeptes sind viel höhere Kosten bei Entwicklung und Bau. Die Investition kann sich lohnen, aber nur, wenn eine hohe Anzahl von Flügen durchgeführt werden kann. Das ist nicht garantiert und deshalb wäre die Entwicklung ein großes Risiko.

Rückflug bei geringer Nutzlast kann möglich sein, muß aber schon bei der Entwicklung berücksichtigt werden. Man kann nicht davon ausgehen, daß das Gerät es auf jeden Fall kann. Und wenn man schon einen Landeplatz und Hafen hat, kann man sie auch immer nutzen. Bei häufiger Nutzung sind die Kosten nicht hoch, bei geringer Nutzung ist es sowieso unwirtschaftlich.

Wie sinnvoll eine solche Entwicklung überhaupt wäre, will ich aber nicht beurteilen. Lies mal über Skylon nach. Das ist ein wirklich interessantes Konzept.

https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3432.0

Offline kfelske

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Re: Unvereinbarkeit von Triebwerken der 1. und 2. Stufe
« Antwort #6 am: 23. Februar 2014, 19:12:36 »
Hallo Führerschein,

das Skylonkonzept ist mir schon bekannt.
Es ist ein Shuttle, das als Flugzeug startet, bis 5500 km/h mit Düsentriebweken beschleunigt und anschliessend auf Raketentriebwerke bis in den Orbit umschaltet.

Das Problem, oder besser neutral ausgedrückt, eine Eigenschaft eines solchen Konzeptes sind viel höhere Kosten bei Entwicklung und Bau.
Das trifft gerade bei Skylon in ganz besonderem Masse zu.
Im Gegensatz dazu soll der Hopper "Lowtech" sein:
  • Der Start auf einem Schlitten soll dafür sorgen, dass das Fahrwerk nur auf das Leervolumen ausgelegt wird.
  • Die Abtrennung bei etwa 7000 km/h macht das Hitzeproblem beherschbar
  • Es werden nur Raketentriebwerke verwendet

Gerade der letzte Punkt, die speziellen Düsentriebwerke, macht mich skeptisch, ob in einem vertretbaren Zeitraum etwas dabei herauskommt.

Da die ESA sich an Skylon beteiligt, wird gleichzeitig das Hopperkonzept blockiert, da man Grossbritannien nicht vor den Kopf stossen will.

Daher die Überlegung, konventionelle Technik möglichst effizient einzusetzen.
Wenn die Oberstufe ihr Triebwerk an einem langen, schmalen Fortsatz hat, sind die (2)Unterstufen/Booster näher am Schwerpunkt. Die Oberstufe kann von Anfang an mitarbeiten. Ein Teil des Treibstoffs wird auf den Unterstufen/Boostern plaziert. Da Sauerstoff und Wasserstoff unterschiedliche Volumen haben, sieht das bestimmt komisch aus. Mehrere Satelliten zu starten wird auch schwierig.

LOXRP1

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Re: Unvereinbarkeit von Triebwerken der 1. und 2. Stufe
« Antwort #7 am: 05. Mai 2014, 22:12:10 »
..das Skylonkonzept ist mir schon bekannt.
Es ist ein Shuttle, das als Flugzeug startet, bis 5500 km/h mit Düsentriebweken beschleunigt und anschliessend auf Raketentriebwerke bis in den Orbit umschaltet.

Du hast das Konzept wohl noch nicht ganz verstanden, beim Skylon werden eben keine "Düsentriebwerke" verwendet sondern Raketentriebwerke. Man macht sich ein Teil der Eigenschaften/Funktionsprinzipien von Strahlentriebwerken und Raketentriebwerken zu nutze. Die Innovation ist, dass man weniger Oxidator mit nimmt um Gewicht einzusparen und im Gegenzug kühlt man schnell Luft mit dem Precooler runter und komprimiert diese, um sie anschließend als Oxidator zu verwendet. Ich empfehle dir das Konzept noch einmal genauer an zu sehen.

Letzten Endes ist es ein geniales Konzept und wenn man schon in ein neues Konzept investiert, so doch bitte in das Erfolgversprechendere. Skylon bietet viele Vorteile sollte er sich wirklich so realisieren lassen, wo drauf im Moment vieles hindeutet.

Wenn du der englischen Sprache mächtig bist empfehle ich dir die Reaction Engines Skylon Master Thread  Diskussionen beim nsf.
http://forum.nasaspaceflight.com/index.php?topic=33648.0

Offline kfelske

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Re: Unvereinbarkeit von Triebwerken der 1. und 2. Stufe
« Antwort #8 am: 01. Juni 2014, 18:53:15 »
Man macht sich ein Teil der Eigenschaften/Funktionsprinzipien von Strahlentriebwerken und Raketentriebwerken zu nutze.

???

Hallo LOXRP1,

man braucht kein Studium, um zu sagen. wo keine Luft ist kann man auch keinen Oxidator aufnehmen.
Das geht nur in der unteren Atmosphäre und dem entsprechendem Geschwindigkeitsbereich.

Da du dich so gut mit dieser Technologie auskennst, kannst du mir bestimmt ein Datum nennnen, an dem wir mit einem funktionsfähigen Prototypen rechnen können?

Offline wulf 21

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Re: Unvereinbarkeit von Triebwerken der 1. und 2. Stufe
« Antwort #9 am: 03. Juni 2014, 18:03:23 »
Man macht sich ein Teil der Eigenschaften/Funktionsprinzipien von Strahlentriebwerken und Raketentriebwerken zu nutze.

???

Hallo LOXRP1,

man braucht kein Studium, um zu sagen. wo keine Luft ist kann man auch keinen Oxidator aufnehmen.
Das geht nur in der unteren Atmosphäre und dem entsprechendem Geschwindigkeitsbereich.

Da du dich so gut mit dieser Technologie auskennst, kannst du mir bestimmt ein Datum nennnen, an dem wir mit einem funktionsfähigen Prototypen rechnen können?

Das ist hier zwar eigentlich Off-Topic, aber ich antworte trotzdem kurz:
1. Skylon soll ja auch nur bis in 25 km Höhe Luft benutzen, danach flüssigen Sauerstoff aus den Tanks. Was LOXRP1 meinte war, dass dies eben nicht in zwei verschiedenen Triebwerken passiert (einem Düsen und einem Rakentriebwerk), sondern ein neues Triebwerk entwickelt wird, das beides kann.
2. Ein Prototyp für Tests am Boden soll es laut aktuellen Zeitplan 2017 geben.