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Raumfahrt => Fragen und Antworten: Raumfahrt => Thema gestartet von: moonjumper am 06. Mai 2008, 23:23:31

Titel: Plutonium für RTG
Beitrag von: moonjumper am 06. Mai 2008, 23:23:31
Hi,

ich habe nun schon einiges über Radioisotopen Generatoren und Stirling Generatoren gehört und gelesen. Die Funktionsweise verstehe ich auch (glaub ich).
Aber warum ist das Plutonium / Uran den so teuer? Und warum hat die USA keine und Russland nur geringe Vorräte, laut tul (Re: Grail: Neue Discovery Mission Antworten #6) nur noch 15 kg?

Kann man da nicht einfach das Zeug aus den Kernwaffen nehmen? Meines Wissens spalten auch  Kernreaktoren Uran / Plutonium, wenn es nur noch 15 kg davon gibt verstehe ich das Ausstiegsprogramm Deutschlands. ::)
Was ist mit den ganzen radioaktiven Abfällen die aufwendigst eingelagert oder aufbereitet werden?

Ist das alles nicht das gleiche Zeugs (klar verschiedene Isotope, aber Hauptsache Radioaktiv oder)?


MfG

Matthias
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Schillrich am 07. Mai 2008, 06:58:46
Schau mal bei Wikipedia, da steht eine Menge zu Plutonium:
http://de.wikipedia.org/wiki/Plutonium

Generell muss es künstlich hergestellt (erbrütet) werden, indem man (einfach gesprochen) U238 um einen U235-Reaktor lagert. Durch schnelle Neutronen der 235-Kernspaltung kann so Pu239 und höher entstehen.

Zitat
Was ist mit den ganzen radioaktiven Abfällen die aufwendigst eingelagert oder aufbereitet werden?
Das ist nur "Dreck", also eine Mischung aus vielen radioaktiven Spaltprodukten. Mit viel Aufwand kann in der Wiederaufbereitung noch verbliebenes spaltbares Material gewonnen und angereichert werden.

Zitat
Ist das alles nicht das gleiche Zeugs (klar verschiedene Isotope, aber Hauptsache Radioaktiv oder)?
Nein, ist es nicht. Um sinnvoll eingesetzt werden zu können, kommt es u.a. auf die Halbwertzeit an. Die Elemente dürfen also weder zu schnell noch zu langsam zerfallen, um ausreichend Wärme über eine lange Zeit abzugeben. Außerdem sollte die Strahlung durch eine dünne/leichte Abschirmung aufgehalten werden können. All das spricht bei Raumfahrtanwendungen für den alpha-Strahler Pu239 in RTGs.

Schau noch mal bei Wikipedia, das stehe auch zu RTGs 'ne Menge:
http://de.wikipedia.org/wiki/RTG
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Martin am 07. Mai 2008, 10:11:34
Hallo,

man muss hier unterscheiden zwischen den verschieden Pu-Isotopen. RTG´s brauchen Pu-238, Kernwaffen aber Pu-239. Waffen-Pu kann man nicht verwenden, da es durch den radioaktiven Zerfall nicht genügend Wärme erzeugt. Da wäre allerdings genug, ich kenne die genauen Zahlen nicht aber allein Russland produziert pro Jahr noch etwa 600 kg Waffenplutonium (aber eher ungewollt, man braucht die Reaktoren zur Wärmerversorgung der angeschlossen Forschungsstadt). Uranisotope erzeugen auch zu wenig Wärme.
Es gab auch andere Isotope in der Raumfahrt, ich glaube aber eher als Heizelemente und nicht in RTGs wie Po-210. Hier ist aber die HWZ sehr kurz, so das es für interplanetaren Missionen ungeeignet ist.
Pu238 stellt man gesondert her: Zuerst erzeugt man Neptunium-237, welches dann zur Herstellung von Pu-238 Verwendung findet. Dazu braucht man gesonderte Anlagen, und das ist sehr teuer.
Neben den von Daniel geposteten Links hier noch dieser, ist sehr gut: http://www.bernd-leitenberger.de/cassini-rtg.shtml

Martin
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: moonjumper am 07. Mai 2008, 12:20:12
Vielen Dank für die schnellen Antworten und die Links

Kommt also auf die Halbwertszeit an.
 [smiley=dankk2.gif]

Matthias
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Martin am 01. Mai 2009, 06:41:33
Das Department of Energy der USA zeigte sich im Januar wohl sehr unzufrieden mit dem Los Alamos National Laboratory. Das DOE drohte eine 13 Mio USD pro Jahr Programm zu streichen wegen der dauerhaft schlechten Arbeit des LANL an diesem Projekt. Im Rahmen dieses Programm forscht das LANL an Plutoniumelementen zur Stromerzeugung von NASA Raumflugkoerpern.

Laut einem Sprecher des LANL wurden die Probleme aber seit dem DOE Memo im Januar 2009 zur Zufriedenheit aller geloest.

http://www.abqjournal.com/abqnews/john-fleck-nm-science-mainmenu-31/12228-doe-officials-slams-lanl-mismanagement.html (http://www.abqjournal.com/abqnews/john-fleck-nm-science-mainmenu-31/12228-doe-officials-slams-lanl-mismanagement.html)
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Martin am 17. Oktober 2009, 05:41:16
Praesident Obamas Antrag auf 30 mio USD zur Wiederaufnahme der 238Pu Produktion fuer die NASA wurde abgelehnt. So sind keine Gelder in der vom Repraesentantenhaus beschlossenen Energy-Water Appropriations bill diesbezueglich enthalten.

http://www.spacenews.com/policy/pu-238-restart-denied-with-final-passage-energy-bill.html

Interessanterweise kam bei der Forumssuche, als ich nach dem passen Thread hierfuer gesucht habe, diese Werbung von google:

Zitat
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Plutonium
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Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: KSC am 17. Oktober 2009, 15:17:06
;D ;D ;D
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: runner02 am 18. Oktober 2009, 13:32:35
Für Kernwaffen stell man schon Atome her, aber für die Raumfahrt ist das ja ach so teuer.... ?!?

Wie will man dann den VASIMR betreiben?

Wahrscheinlich wird hier erst auf Bedarf erzeugt, also wenn der VASIMR gezeigt hat, was er kann...
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: tobi453 am 18. Oktober 2009, 13:37:53
Es gibt einen Unterschied zwischen einem Kernspaltungsreaktor und einem RTG. Ein RTG ist viel zu schwach für VASIMR. Bei einem Kernspaltungsreaktor benutzt man Uran-235.
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: tobi453 am 12. Dezember 2009, 19:27:04
Russland hat eine Plutoniumlieferung an die USA verschoben, da man offenbar mehr Geld haben möchte. Jetzt da die 30 Millionen für die Wiederaufnahme der Plutonium-238 Produktion in den USA gestrichen wurden, ist man ja in einer besseren Verhandlungsposition:  ;)
http://www.spacenews.com/civil/091211-russia-withholding-plutonium-needed-nasa.html
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: websquid am 06. Januar 2010, 17:04:14
Moin

Zitat
Für Kernwaffen stell man schon Atome her, aber für die Raumfahrt ist das ja ach so teuer.... ?!?

Ja ist es, zumindest ausgehend von Pu238(RTG) und Pu239(Waffen).
Pu239 lässt sich direkt aus U238 erbrüten, dass in rauhen Mengen vorhanden ist. Man bestrahle U238 mit Neutronen, warte ein wenig und man erhält Pu239. Um Pu238 zu erhalten, muss man U238 mit Deuterium(schwerer Wasserstoff - sehr teuer) beschießen und hoffen, dass dabei zwei Neutronen aus dem neuen Kern herausgeschleudert werden. Der Aufwand ist also deutlich größer, vor allem da Pu239 nebenbei in Atomkraftwerken entsteht, während man für Pu238 eigenständige Anlagen braucht

mfg websquid
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Matjes am 06. Januar 2010, 22:37:27
Hallo Leute

Vasimir ist ein elektrisches Triebwerk mit einem spez. Impuls etwa 10 mal so hoch wie heutige chemische Triebwerke. Schub: ca 500 g. Leistungsbearf ca. 100 KW. Da nur die ISS die nötige installierte elektrische Leistung hat, muß ein Vasimir-Triebwerk mit einem der letzten Shuttles zur ISS gebracht werden. Ich bin auf diesen Tag sehr gespannt.

Matjes
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: GG am 06. Januar 2010, 23:02:06
Ein VASIMR (ohne zweites "i") kommt erst nach Einstellung der Shuttle-Flüge zur ISS.

Mehr Infos gibt es im AdAstra-Thread: https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3429.0. Der läuft seit Mai 2007. Da steht schon ne Menge drin. :)
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Martin am 06. Januar 2010, 23:06:06
..., muss man U238 mit Deuterium(schwerer Wasserstoff - sehr teuer) beschießen und hoffen, dass dabei zwei Neutronen aus dem neuen Kern herausgeschleudert werden. Der Aufwand ist also deutlich größer, vor allem da Pu239 nebenbei in Atomkraftwerken entsteht, während man für Pu238 eigenständige Anlagen braucht

Die Sache ist etwas komplizierter. Ausgangsisotop ist 235Uran. Wird dies mit Neutronen der richtigen Energie beschossen, bildet sich 236Uran. Dieses zerfaellt dann meist innerhalb von Sekundenbruchteilen in zwei Mittelschwere Atomkerne. Manchmal ueberlebt der 236Urankern aber. Trifft auf diesen wiederum ein Neutron, bildet sich 237Neptunium. Um sauberes 238Uran zu erhalten, muss man das Neptunium nun aus dem Kernbrennstoff extrahieren und daraus Neptuniumtargets herstellen. Diese werden in einem speziellen Reaktor wiederum bestrahlt. Wenn das 237Neptunium ein Neutron einfaengt, bildet sich 238Neptunium um, welches durch einen Betazerfall zu 238Uran 238Plutonium zerfaellt. Fertig.

Von Kernspaltung und Maeusefallen wird auch hier berichtet:
http://www.fas.org/blog/ssp/2010/01/you-dont-have-to-be-a-mouse-to-be-wary-of-mousetraps.php
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Martin am 06. Januar 2010, 23:15:44
Entschuldige Martin, aber das hört sich an wie völliger Quatsch! Warum sollte man denn dermaßen viel Aufwand betreiben, um das Uran-Isotop 238U herzustellen? Von dem Zeug gibt es nun wirklich reichlich natürlich vorkommendes auf der Erde. Meist stört es eher, wenn an etwa Brennelemente für Reaktoren herstellen will, da die meisten nur 235U verwerten können. Hast du dich da nur beim letzten Schritt vertan und meintest eigentlich 238Pu? Oder wo liegt genau der Fehler?

Sorry, wiedermal ein Martin-typischer Fluechtigkeitsfehler. Habe es korrigiert.
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: christiankrause6 am 11. Juni 2010, 08:42:11
Jetzt, wo der NASA das Plutonium ausgeht, wäre es doch eine möglichkeit auf das Element Americium umzusteigen. Die Halbwertzeit liegt mit weit über 400 Jahren fast 5 mal so hoch wie bei Plutonium. Sicherlich ist die Produktion weitaus teuerer als beim Plutonium, aber mal abgesehen vom Namen ( was auch für Amerika eine Patriotische Seite haben könnte ), könnte man die Missionen viel großzügiger Planen und auch weiter in den Tiefen Raum vordringen als bisher.

Hier der Wiki-Link
http://de.wikipedia.org/wiki/Americium (http://de.wikipedia.org/wiki/Americium)
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Martin am 11. Juni 2010, 08:51:18
Hallo,

Americium liefert aber auch wesentlich weniger Energie. 238Pu liefert 0,39 Wt/g, 241Am nur 0.097 Wt/g. Das heisst bei gleicher vorgegebener Leistung muesste ein Americium RTG wesentlich groesser (schwerer) sein.

http://fti.neep.wisc.edu/neep602/SPRING00/lecture5.pdf (lezte Folie)

Martin
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Schillrich am 11. Juni 2010, 08:53:36
Guten Morgen Chris,

das hatten wir an anderer Stelle bereits. Halbwertszeit ist zweischneidig. Denn mit dem langsameren Zerfall gibt das Element dann auch weniger Wärme ab, und damit weniger elektrische Leistung. Man müsste also deutlich mehr des schweren Elements mitnehmen, um die selbe Leistung zu erhalten.

Ich denke die Halbwertszeit von Plutonium war nicht wirklich eine Einschränkung, vielleicht schon eher sogar das Optimum aus allen Ansprüchen. Die Voyagers arbeiten immer noch, Ulysses hatte ihre geplante Missionszeit weit überschritten, auch New Horizons wird noch weit jenseits des Plutos arbeiten.
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: runner02 am 11. Juni 2010, 14:07:18
Zitat
Denn mit dem langsameren Zerfall gibt das Element dann auch weniger Wärme ab, und damit weniger elektrische Leistung

Die meiste Zeit machen die Sonden doch nichts... (Fotos, Messungen,...) Da könnte man eine Batterie einbauen, um ab und zu Kommunikation und Messung zu ermöglichen. Dafür hält er länger und man kann ihn deutlich weiter hinaus betreiben...

Mal sehen, wie es in ein paar Jahren mit den CNT aussieht...  ::)
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: websquid am 11. Juni 2010, 14:21:11
Wie schwer soll so eine Sonde denn werden? RTG und Akku einbauen? ::)
Das wird sich wohl nicht lohnen. Da kann man eher ein größeres RTG einbauen.

mfg websquid
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Schillrich am 11. Juni 2010, 16:38:56
"Die meiste Zeit nichts machen" ist mit Vorsicht zu sagen, nicht jede Mission besteht nur aus Cruisephase mit kurzem Flyby, und selbst dann ist Cruise nicht gleich Tiefschlaf:
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Nitro am 11. Juni 2010, 16:44:23
Und man darf nicht vergessen, dass vor allem bei Deep-Space Missionen auch noch Wärme und Energie für den Thermalhaushalt der Sonde gebraucht wird. Die Computer müssen laufen um Telemtrie zu sammeln und Zeitkommandos auszuführen, die Position muss regelmäßig mit Sensoren überprüft werden und und und... Nur weil vielleicht gerade mal keine wissenschaftlichen Untersuchungen stattfinden heißt das nicht, das keine Energie verbraucht wird.
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Catweasel am 12. Juni 2010, 09:31:29
Soweit ich mal gelesen habe machen die Amerikaner aus dem Plutonium abgerüsteter Atomwaffen Brennstoff für AKWs.
Es sollte doch möglich sein auch was für die Raumfahrt abzuzwacken...

Gruß
Michael
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Schillrich am 12. Juni 2010, 11:13:36
Hallo und willkommen Catweasel.

Plutonium ist nicht gleich Plutonium. Das Isotop für Spaltungsanwendungen (Sprengköpfe, AKW) ist 239Pu, für radioaktive Zerfallsanwendungen in RTGs wird 238Pu benötigt/genutzt.
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: GG am 12. Juni 2010, 11:54:55
Ein wesentlicher Unterschied dabei ist die Halbwertszeit. Pu-238 hat eine Halbwertszeit von 87,7 Jahren, Pu-239 dagegen 24.110 Jahre. Es zerfällt langsamer, gibt also in der gleichen Zeit viel weniger thermische Energie an ein umgebendes Medium ab. Man bräuchte ein Vielfaches der Menge für dieselbe Nutzleistung.
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Martin am 15. Juni 2010, 09:01:25
Soweit ich mal gelesen habe machen die Amerikaner aus dem Plutonium abgerüsteter Atomwaffen Brennstoff für AKWs.
Es sollte doch möglich sein auch was für die Raumfahrt abzuzwacken...

Gruß
Michael

Etwas OT, aber die USA verwenden derzeit kein Plutonium aus Waffen fuer Kernkraftwerke. Die etwa 14.000 Plutoniumkerne aus alten Waffen lagern in der PANTEX Anlage bei Amarillo, Texas. Hochangereichertes Uran wird allerdings zivil wiederverwendet.

Die Herstellung von 238Pu fuer RTG ist weiter vorn im Thread beschrieben, sie ist wesentlich komplizierter als fuer 239Pu.

Martin
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Starboard am 15. Juni 2010, 09:07:57
Hallo Martin,

in Wikipedia scheint dann ein Fehler zu sein:

Zitat
In der PANTEX-Anlage werden nicht nur Kernwaffen produziert, sondern auch amerikanische und russische Kernwaffen demontiert und zu Brennelementen für Atomkraftwerke umgewandelt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Amarillo
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Martin am 15. Juni 2010, 09:32:30
Ja, scheint so:

http://www.pantex.com/index.htm
http://www.globalsecurity.org/wmd/facility/pantex.htm
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Martin am 19. Juni 2010, 11:37:28
Ist zwar wieder OT, aber um das nicht falsch stehen zu lassen: ein Teil des US 239-Plutonium scheint doch zu MOX verarbeitet bzw. es ist geplant, dies zu tun.

http://de.wikipedia.org/wiki/Pantex
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: tonthomas am 19. Juni 2010, 12:32:20
Lt. http://usgovinfo.about.com/od/defenseandsecurity/a/nukesapart.htm (http://usgovinfo.about.com/od/defenseandsecurity/a/nukesapart.htm) soll Pu aus Atomwaffen in MOX-Brennstoff verwendet werden, der in einer Fabrik in Savannah River, die 2007 in Bau war, erzeugt wird. Bei Pantex werden zuvor die Pu-Kerne aus den Waffen entnommen.

Lt. http://www.moxproject.com/files/MOX%20The%20future%20of%20SRS.pdf (http://www.moxproject.com/files/MOX%20The%20future%20of%20SRS.pdf) soll die MOX-Anlage in Savannah River 2015 fertiggestellt und bereit für den Testbetrieb sein. 2018 könnten die Brennstofflieferungen an die Kunden beginnen.

Gruß   Pirx
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Rücksturz am 28. Dezember 2015, 19:12:47
"USA: Plutonium-238-Probe für NASA produziert
Das Oak Ridge National Laboratory (ORNL) gab am 22. Dezember 2015 bekannt, dass man eine Probe von rund 50 Gramm Plutonium-238 produziert habe. Die Herstellung des Materials erfolgte im Rahmen eines maßgeblich von der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtagentur (NASA) finanzierten Programms zur Herstellung des Materials für Raumfahrtanwendungen."

Weiter im Portal mit einem Artikel von Thomas Weyrauch:
http://www.raumfahrer.net/news/raumfahrt/28122015122433.shtml (http://www.raumfahrer.net/news/raumfahrt/28122015122433.shtml)

LG
Rücksturz
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Lumpi am 10. Oktober 2017, 14:28:43
Laut GAO (Government Accountability Office) Bericht befindet sich das DOE (Department of Energy) mit der Pu-238-Produktion noch immer im Versuchsstadium. Bisher wurden nur etwa 100 Gramm neu produziert und weitere 100 Gramm sollen in den nächsten Monaten dazu kommen. Für 2019 wird erwartet, dass jährlich etwa 300 - 450 Gramm produziert werden können. Das Ziel von 1,5 kg Pu-238 pro Jahr wird wohl erst 2025 erreicht. Derzeit gibt es nur noch genügend Plutonium für den 2020 Mars-Rover und für eine weitere Mission jenseits von Jupiter.
https://www.businessinsider.com.au/nasa-nuclear-battery-plutonium-238-production-shortage-2017-8?r=US&IR=T (https://www.businessinsider.com.au/nasa-nuclear-battery-plutonium-238-production-shortage-2017-8?r=US&IR=T)
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Dominic am 10. Oktober 2017, 16:31:36
Nochmal zum allgemeinen Verständnis: Warum ist die Herstellung von Plutonium für RTG so schwierig und was unterscheidet es von "normalem" Plutonium das in Bomben verwendet oder in Kernkraftwerken verwertet werden kann?

Natürliches Uran besteht zu etwa 99,3% aus dem Isotop 238U und zu etwa 0,7% aus dem Isotop 235U. Nur letzteres ist durch thermische Neutronen in einem Kernreaktor spaltbar.

Trifft ein Neutron auf das Isotop 238U kann es von diesem eingefangen werden, es bildet sich das kurzlebige Isotop 239U. Nach einer Halbwertszeit von etwa 24 Minuten zerfällt dieses per Betazerfall zu Neptunium, 239Np, dieses wiederum zerfällt ebenfalls per Betazerfall mit einer Halbwertszeit von etwa zwei Tagen zu Plutonium, 239Pu.

Dieses 239Pu ist gut thermisch spaltbar, es ist das "normale" Plutoniumisotop das wir aus Kernreaktoren und Bomben kennen. Für RTG ist es aber kaum brauchbar. Seine Halbwertszeit von 24110 Jahren bedingt eine sehr kleine Zerfallswärmeleistungsdichte. Denkbar wäre allenfalls ein "geboosteter" RTG -eine Erklärung würde wohl zu weit führen- oder eben ein Reaktor mit 239Pu als Brennstoff; in beiden Fällen wäre aber eine schwere Abschirmung erforderlich was vor allem im Leistungsbereich unter etwa 1kW problematisch ist, bei größeren Leistungen zunehmend weniger (es gibt eine logarithmische Abhängigkeit zwischen Reaktorleistung und Abschirmaufwand).

Wesentlich geeigneter ist das Plutoniumisotop 238Pu mit einer Halbwertszeit von 87,7 Jahren und einer im Vergleich zu 239Pu etwa 300 mal so großen Zerfallswärmeleistungsdichte. Aber wie bekommt man das?

Für die Herstellung von 238Pu muss man zunächst das Neptuniumisotop 237Np mit Neutronen bestrahlen. Das ist nicht ganz unproblematisch. Bestrahlt man das 237Np mit Neutronen entsteht zunächst 237Np welches nach etwa 2 Tagen wiederum durch Betazerfall zu 238Pu wird- aber bestrahlt man die Probe zu lange wandelt sich das 238Pu seinerseits zu 239Pu um was man natürlich nicht möchte. Man muss das Neptunium daher regelmäßig aufbereiten also das bereits gebildete 238Pu chemisch abtrennen und das 237Np wieder in den Reaktor einsetzen. Weil das Pu-238 hochgradig radiotoxisch ist müssen alle Arbeiten in speziellen Handschuhkästen ausgeführt werden.

Um genügend Neutronen zu bekommen und in einer gegebenen Zeit eine makroskopische Menge zu produzieren braucht man auch einen ziemlich leistungsstarken Reaktor.

Um das alles machen zu können braucht man natürlich auch erstmal 237Np. Dieses entsteht in seltenen Fällen beim Einfang eines schnellen Neutrons im 238U in einem Kernreaktor. Es kommt dann zu einer sogenannten n-2n Reaktion bei der der Einfang des Neutrons zur Emission zweier Neutronen führt. Es entsteht zunächst das kurzlebige 237U das anschließend per Betazerfall zu 237Np wird. Dank dieser Reaktion entstehen einige hundert Gramm 237Np pro Jahr im Brennstoff normaler Kernkraftwerke- man kann es anschließend bei der Wiederaufbereitung abtrennen. In kommerziellen Wiederaufbereitungsanlagen wird allerdings auf die Abtrennung des 237Np verzichtet weil diese unökonomisch ist, das 237Np landet zusammen mit den Spaltprodukten im verglasten Abfall bzw. im Endlager.

In der Vergangenheit, also bis in die 1990er Jahre, erfolgte die Herstellung von 238Pu quasi als Nebenprodukt der militärischen Produktion von 239Pu für Kernwaffen. In militärischen Wiederaufbereitungsanlagen wurde das 237Np aus dem abgebrannten Brennstoff militärischer Plutonium-Brutreaktoren abgetrennt und anschließend zur Erzeugung von 238Pu wieder in die selben Reaktoren eingeführt. Die chemische Abtrennung des 238Pu erfolgte in den radiometallurgischen Laboratorien dieser Anlagen.

Allerdings: Diese Anlagen gibt es heute nicht mehr. Es gibt keine militärischen Wiederaufbereitungsanlagen mehr die 237Np abtrennen, es gibt keine militärischen Plutonium-Brutreaktoren mehr in die man einfach im laufenden Betrieb 237Np Proben zur Bestrahlung einführen und entnehmen kann, es gibt die angeschlossenen radiometallurgischen Laboratorien nicht mehr, die ganze milliardenteure Infrastruktur die man bei der 238Pu Produktion mitbenutzen konnte existiert nicht mehr. Jedenfalls nicht in den USA.

Man muss daher quasi das Rad neu erfinden. 237Np hat man -vorerst- wohl wenigstens noch genug. Leistungsstarke Forschungsreaktoren für die Bestrahlung des 237Np gibt es nur wenige und sie werden auch für andere Anwendungen gebraucht. Die Bestrahlung in Kernkraftwerken ist prinzipiell möglich aber nicht ganz unproblematisch, jedenfalls in normalen Durck- und Siedewasserreaktoren. Zur Zeit wird wohl erwogen Bestrahlungen in kanadischen Kernkraftwerken mit CANDU Reaktoren durchzuführen. Für die Abtrennung des 238Pu vom 237Np braucht man auch neue Laboratorien bzw. muss vorhandene adaptieren, natürlich verbunden mit aufwendigen Genehmigungen.


Daher ist die 238Pu Produktion heute weit teurer und aufwendiger als noch vor ein paar Jahrzehnten und daher sind die Produktionskapazitäten vergleichsweise bescheiden. Will man wesentlich mehr als die angestrebten 1,5kg pro Jahr produzieren wird es noch wesentlich teurer und aufwendiger, auch weil dann irgendwann auch das 237Np knapp wird. 1,5kg/Jahr bedeuten auch kein Ende der Knappheit, man bedenke das Cassini 30kg beispielsweise an Board gehabt hat und bei Raumsonden mit modernen elektrischen Antrieben wäre der Leistungsbedarf und damit der Plutoniumbedarf fallweise noch deutlich höher.

Ich halte es daher fast für unumgänglich mittelfristig den Einsatz von Plutonium-RTGs auf Missionen zu konzentrieren die es unbedingt brauchen, etwa Rover. Ansonsten sollte/muss soweit wie möglich auf Photovoltaik oder auf Kernreaktoren zurückgegriffen werden. Die NASA scheint das erkannt zu haben Europa Clipper hätte man etwa vor ein paar Jahren sicher noch mit RTG umgesetzt, mit "Kilopower" sind auch kleine Kernreaktoren für die Versorgung von Raumsonden in Entwicklung.

Die Russen leiden übrigens unter ähnlichen Problemen. Soweit ich weiß haben sie zwar noch gewisse Produktionskapazitäten erhalten aber auch sie können im Vergleich zu den 1980ern wahrscheinlich nur einen Bruchteil produzieren. Gleichzeitig ist ihr Eigenbedarf vermutlich gestiegen, insgesamt bleibt wohl nicht viel für den Export, die schlechten politischen Beziehungen mit den USA sind für den Plutoniumexport sicher auch nicht förderlich. Insgesamt haben die Russan aber mehr Infrastruktur die sie entsprechend adaptieren könnten sodass die Prodkution relativ leicht, schnell und billig gesteigert werden könnte. Sie haben mehr als genug gut geeignete Reaktoren, eine große Wiederaufbereitungsanlage die fähig ist 237Np abzutrennen und große radiochemische Laboratorien zum Teil in räumlicher Nähe zu den entsprechenden Reaktoren.
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: pilotace am 12. Oktober 2017, 12:54:30
Dominic, ein dickes DANKE für diese überaus interessante Zusammenfassung, klasse! :)
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: R2-D2 am 12. Oktober 2017, 16:51:51
Danke auch von mir für die Beschreibung.

Eine kleine Korrektur:
[..]
Für die Herstellung von 238Pu muss man zunächst das Neptuniumisotop 237Np mit Neutronen bestrahlen. Das ist nicht ganz unproblematisch. Bestrahlt man das 237Np mit Neutronen entsteht zunächst 237Np welches nach etwa 2 Tagen wiederum durch Betazerfall zu 238Pu wird [..]
Nach dem Beschuss von 237Np mit einen Neutron sollte allerdings 238Np entstehen...
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: MpunktApunkt am 12. Oktober 2017, 18:48:33
Hallo,

auch von mir vielen Dank für die interessante Erklärung zum Plutonium für einen RTG. Nuklearchemische Prozesse finde ich als Chemiker schon immer sehr interessant, wenn ich auch nie damit in Kontakt gekommen bin.

Das Neptunium mit Neutronen bestrahlen und dann das Plutonium abtrennen muss wohl einer der giftigsten Arbeitsplätze auf der Welt sein.

Viele sehr dankbare Grüße

Mario
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Doc Hoschi am 12. Oktober 2017, 19:44:31
Derzeit gibt es nur noch genügend Plutonium für den 2020 Mars-Rover und für eine weitere Mission jenseits von Jupiter.

Ich wundere mich etwas woher der Business Insider diese Info hat, da das DoE hier (https://www.lpi.usra.edu/opag/feb2015/presentations/15_Caponiti%20OPAG%20charts%202-20-2015.pdf) im Jahr 2015 noch von drei MMRTGs gesprochen hat (eines für den Mars Rover und zwei (!) für fiktive 2024-Missionen).

Um den Inhalt der DoE-Präsentation hinsichtlich der NASA-Vorräte mal noch in Zahlen zusammenzufassen:

Gegenwärtiger Vorrat: 35 kg 238Pu
Davon erfüllen wohl nur noch 17 kg die thermischen NASA-Spezifikationen zur Verwendung innerhalb eines RTGs.
Nach den oben genannten drei Missionen werden insgesamt nur noch 21 kg vorrätig sein, davon 4 kg innerhalb der NASA-Spezifikationen. Das könnte u.U. gerade noch für ein weiteres MMRTG reichen.

Was auch möglich erscheint, wäre die noch übrigen 17 kg, die dann außerhalb der NASA-Spezifikationen liegen, mit frisch erzeugtem 238Pu zu vermischen (blending), sodass diese Mischung dann die NASA-Spezifikationen erfüllt. Laut dem GAO werden Strategien hierfür untersucht. Das würde auch etwas den Druck von der Nachproduktion nehmen.

Was auch noch interessant zu erwähnen ist, ist dass der Business Insider schreibt, dass das DoD einen eigenen Vorrat an 238Pu besitzt und die NASA ihren Vorrat an 238Pu im Bedarfsfall sogar umgehend an das DoD abgeben müsste... ???

@Dominic: Auch von mir ein danke. Sehr interessant zu lesen.
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Lumpi am 13. Oktober 2017, 12:49:41
Ich wundere mich etwas woher der Business Insider diese Info hat, da das DoE hier (https://www.lpi.usra.edu/opag/feb2015/presentations/15_Caponiti%20OPAG%20charts%202-20-2015.pdf) im Jahr 2015 noch von drei MMRTGs gesprochen hat (eines für den Mars Rover und zwei (!) für fiktive 2024-Missionen).

Für manche Missionen nach "jwd" sind halt mehrere Radioisotopenelemente notwendig. Cassini benutzte z.B. 3 GPHS-RTG's, Galileo 2 GPHS-RTG's, Voyager 1+2 haben je 3 MHW-RTG's...
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Dominic am 16. Oktober 2017, 01:25:20
Zitat
Was auch noch interessant zu erwähnen ist, ist dass der Business Insider schreibt, dass das DoD einen eigenen Vorrat an 238Pu besitzt und die NASA ihren Vorrat an 238Pu im Bedarfsfall sogar umgehend an das DoD abgeben müsste... ???

Ja, das 238Pu wird auch für militärische Anwendungen benötigt. Damit lassen sich etwa kleine passiv-Sonarstationen mit Energie versorgen. In den 1960er Jahren setzte die CIA 238Pu betriebene autonome Beobachtungsstationen ein um chinesische Raketen- und Nuklearaktivitäten zu überwachen; das ähnliche Anwendungen in jüngerer Vergangenheit nicht bekannt wurden heißt natürlich nicht das es sie nicht gibt.

Der 238Pu Bedarf des Verteidigungsministeriums ist insgesamt vermutlich unstetig und stark schwankend. Vermutlich liegt er nur in der Größenordnung von einigen hundert Gramm pro Jahr, vielleicht sogar darunter aber bei der derzeitigen Versorgungslage ist das auch nicht wenig.
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: Lumpi am 26. Januar 2019, 11:47:07
Plutoniumproduktion beschleunigt

Durch Automatisierung bei der Produktion von Neptuniumoxid-Aluminium-Pellets hoffen die Wissenschaftler des Oak Ridge National Laboratory nun die Jahresproduktion von 50 auf 400 Gramm Pu-238 steigern zu können. Das Ziel der NASA ist eine Jahresproduktion von 1,5 kg bis 2025.
https://www.skyandtelescope.com/astronomy-news/plutonium-production-space-exploration/ (https://www.skyandtelescope.com/astronomy-news/plutonium-production-space-exploration/)
Titel: Re: Plutonium für RTG
Beitrag von: sophismos am 26. Januar 2019, 12:22:16
Danke auch von mir für die Beschreibung.

Eine kleine Korrektur:
[..]
Für die Herstellung von 238Pu muss man zunächst das Neptuniumisotop 237Np mit Neutronen bestrahlen. Das ist nicht ganz unproblematisch. Bestrahlt man das 237Np mit Neutronen entsteht zunächst 237Np welches nach etwa 2 Tagen wiederum durch Betazerfall zu 238Pu wird [..]
Nach dem Beschuss von 237Np mit einen Neutron sollte allerdings 238Np entstehen...

richtig und via ß-Zerfall wird aus 238Np -->  238Pu