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Raumfahrt => Organisationen, Unternehmen und Programme => Thema gestartet von: Hofi am 04. Januar 2009, 10:36:19

Titel: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: Hofi am 04. Januar 2009, 10:36:19
Hi!

Laut dem 400 Seiten langen Endbericht zur Columbia-Katastrophe müssen jetzt die ACES-Anzüge verbessert werden. Die *alten* bieten nicht genügend Schutz.

Meine Frage: Was bringt die Verbesserung wirklich? Bei einer Katastrophe wie Columbia sind die Temperaturen doch viel zu hoch. Außerdem würden die Astronauten, wenn sie das Unglück überlebten, noch mehrere hundert Meter in die Tiefe fallen. Mir leuchtet die Notwendigkeit einer Verbesserung im Bezug auf die Columbia-Katastrophe nicht ganz ein. :-? :-X
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: klausd am 04. Januar 2009, 11:43:18
Falls Du den 400 Seiten Bericht nicht gelesen hast, dort stehen doch auch die Gründe für Verbesserungsvorschläge gleich mit drin!

Die heißen Temperatur war ja gar nicht der Grund, warum Sie nicht überlebt haben. Im Gegenteil!

"The fourth event with lethal potential was exposure to near vacuum, aerodynamic accelerations,
and cold temperatures."

Kein Einziges Besatzungsmitglied hatte seinen Helm verriegelt und weitere 3 hatten Ihre Handschuhe nicht an. Daher hatten Sie nach Druckverlust der Kabine in dieser Höhe wahrscheinlich sofort das Bewusstsein verloren.
Es gab mal einen SR71 Strukturverlust in 75.000 Fuss Höhe bei 400kts airspeed. Der Pilot überlebte. Das ähnelt sehr stark dem Columbia Unfall. So, warum überlebte also dieser Pilot, die Crew aber nicht? Selbst der Kräfte, die auf die Vehikel einwirkten unterscheiden sich nur um 2%.

- Der SR-71 Anzug setzt sich von selbst unter Druck, bei Druckverlust der Cabine.
- Die Columbia war ein wenig höher.
- Die Crew der Columbia hatte den Anzug nicht vollständig angezogen.

Nun, einer der Besatzungsmitglieder führt bis zum erreichen der maximalen Verzögerung Arbeiten aus und kann dabei nicht angeschnallt sein. Dieser hatte auch nicht seinen Helm während des Vorfalles auf.

Verbesserungswürdig ist auf jeden Fall das automatische Auslösen des Fallschirmes im Falle einer Bewusstlosigkeit. Auch sollte weniger aktive Arbeiten nötig sein, um die Suit einsatzbereit zu machen. Zudem hab es wohl Verletzungen, weil der Helm nicht perfekt an die Kopfform angepasst ist. Da reichen dann wohl auch G-Kräfte von weniger als 3 aus, um Verletzungen am Kopf entstehen zu lassen.


EDIT:

Die hohen Temperaturen entstehen am Shuttle durch die Verzögerung in der Atmosphäre. Direkt nach LOS (Loss of control) verringerten sich die G-Kräfte auf knapp über 1, da die Fläche für den Widerstand verringert wurde. (Es gab natürlich noch die G-Kräfte durch die unkontrollierte Rotation des separierten Crew Moduls. Diese werden aber auf weniger als 3G eingeschätzt!)
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: Hofi am 04. Januar 2009, 11:56:52
Hi!

Tut mir leid, den Bericht habe ich nicht gelesen. ;)

Das mit dem Fallschirm leutet mir ein. Aber es ist doch nicht gleich der Anzug an allem schuld, wenn die Crew sie nicht richtig anlegt. Wenn man Helm oder Handschuh nicht (oder nicht richtig) anzieht haben doch die Anzüge fast keinen Sinn mehr.... :-? :-X :-/
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: klausd am 04. Januar 2009, 12:03:38
Dazu muss man bedenken, dass das Shuttle für "shirtsleeve" Umgebung konstruiert wurde. Gewisse Aufgaben lassen sich mit angelegten Handschuhen nur schwer ausführen. Daher entschieden sich manche Crewmitglieder eher dafür, Ihre Aufgaben (Controls, manipulating displays usw...) auszuführen.

Die Anzüge hätten Sie eventuell schützen können (vielleicht aber auch nur Ihre leblosen Körper, wegen der Rotation und umherfliegenden Teilen bei der Strukturauflösung), aber keiner ging von einem solchen Schaden aus. Bis zum Druckverlust dachte die Crew, es handele sich um ein Problem mit der Hydraulik wegen des Druckverlustes im Hydraulik-System. Deswegen aktivierten Sie noch eine Umwälzpumpe im Hydrauliksystem.
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: Hofi am 04. Januar 2009, 12:09:16
Hi!

Schon klar ;)

Wie steht des dann mit einer Veränderung des Kommandopults? (Größere Knöpfe ...) :-?
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: klausd am 04. Januar 2009, 12:12:35
Naja, bei Orion wird man sicherlich darauf achten, dass man es mit angelegten Anzügen sicher bedienen kann. Beim Shuttle wird da nix mehr passieren. Wobei ich mir vorstellen könnte, dass die Crew ab sofort die Unbequemlichkeiten in Kauf nimmt und die Anzüge trägt. Soweit gesehen, hatten Commander und Pilot sogar Ihre Handschuhe an!
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: jakda am 04. Januar 2009, 12:56:54
Okuro Oikawa
Zitat
Tut mir leid, den Bericht habe ich nicht gelesen. Zwinkernd

Machst Du es Dir da nicht etwas zu einfach...



In den SOJUS-Anzügen kann man auch schlecht die Panele bedienen - die haben da aber eine einfache Lösung: Ein Griff mit einem Stab dran...
(diese Methode wurde schon oft belächelt...)
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: Hofi am 04. Januar 2009, 19:20:17
Zitat
Machst Du es Dir da nicht etwas zu einfach...
Hast du ihn etwa gelesen? ;)

Wie meinst du das mit den *Stäben*? Für einen normalen Knopf bringt das doch wenig. Nur für einen *Ein-Aus-Schalter*. :-?
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: Schillrich am 04. Januar 2009, 19:30:44
Hallo,

jakda (oder einfach Andreas) dürfte meinen, dass du, ohne den Inhalt des Berichts zu kennen ([size=10]welche Verbesserungen, welche Analysen, welche Empfehlungen)[/size] schon am Anfang Schlussfolgerungen ([size=10]bei einer Katastrophe wie Columbia sind die Temperaturen doch viel zu hoch. Außerdem würden die Astronauten, wenn sie das Unglück überlebten, noch mehrere hundert Meter in die Tiefe fallen. Mir leuchtet die Notwendigkeit einer Verbesserung im Bezug auf die Columbia-Katastrophe nicht ganz ein)[/size] gezogen hast.

Wartest du dann darauf, dass wir das für dich lesen?
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: Wilhelm am 04. Januar 2009, 20:54:36
at Okuro Oikawa (#7):

Das Sojus-Stöckchen (den Sojus-Stab) haben wir bereits hier diskutiert:

https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3775.0 (#50 und 51)

Grüsse

Wilhelm
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: jakda am 05. Januar 2009, 07:39:10
Hallo Daniel

Zitat
Wartest du dann darauf, dass wir das für dich lesen?

Deinen Post versteh ich nicht...
Wo drücke ich denn Schlußvolgerungen und Erwartungshaltungen aus ?  :-/

Grüße
jakda...
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: GG am 05. Januar 2009, 07:50:55
Das ist doch nicht an Dich, Andreas, gerichtet sondern an unseren vorschnellen Poster Okuro, der hier schon desöfteren daneben lag.

GG
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: jakda am 05. Januar 2009, 08:02:12
Ja - nach 3 mal lesen hab ich Daniels Nachricht nun auch so verstanden - und genau das meinte ich auch in Bezug auf Okuro Oikawa.
Hab schon nen Schreck bekommen...

Na ja - Montag Morgen...  ;)

Grüße
jakda...
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: Schillrich am 05. Januar 2009, 08:02:52
Hallo Andreas,

ich habe nicht dich gemeint, sondern deine Aussage für Okuro "interpretiert".
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: hakkikt am 12. Januar 2009, 10:01:36
@klausd: Der Vergleich zwischen dem Unfall mit der SR-71 und dem Columbia-Zwischenfall leuchtet mir nicht ein.

Die SR-71 war nach deinen Angaben mit 400 Knoten (~Mach 0,8 in dieser Höhe, jedenfalls weit weniger als Schallgeschwindigkeit) unterwegs, die Columbia mit ~Mach 20. Ob einem die Maschine bei Mach 20 oder Mach 0,8 salopp gesagt unterm Hintern auseinanderbricht, macht schon einen Unterschied zur Überlebenswahrscheinlichkeit.
Die SR-71 hat außerdem einen verdammt guten Schleudersitz, laut Kelly Johnson (Designer) wirksam für das gesamte Flugspektrum, d.h. von Geschwindigkeit 0 am Boden bis Mach 3+ bei 100.000 Fuß.

Meiner bescheidenen Meinung nach hätte die Crew der Columbia nicht einmal mit den besten Schleudersitzen der Welt überlebt - da hätten sie in dieser spezifischen Situation genausogut Schlafanzüge tragen können, und es hätte keinen Unterschied gemacht. Die Hinweise auf Unzulänglichkeiten des Raumanzugs kann ich nur so verstehen, daß man sich nun (sinnvollerweise) Gedanken macht über andere Unfallszenarien und erkennt, daß es Situationen gibt, in denen ein verbesserter Raumanzug die Besatzung retten würde.

Wen es übrigens interessiert: hier
http://en.wikipedia.org/wiki/Space_Shuttle_abort_modes#Ejection_escape_systems
gibts eine gute Kurzbesprechung (auf Englisch) über Möglichkeiten, die Crew aus dem Shuttle zu schießen.
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: klausd am 12. Januar 2009, 18:36:09
Zitat
@klausd: Der Vergleich zwischen dem Unfall mit der SR-71 und dem Columbia-Zwischenfall leuchtet mir nicht ein.

Da musst Du die NASA fragen, die vergleicht es nämlich in dem Dokument um das es hier die ganze Zeit geht.

Ich wiederhole meine Vorgänger nur ungern, aber lest doch das Dokument auch, bevor man darüber disskutiert  :)
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: klausd am 12. Januar 2009, 19:37:41
Okay, hab mal zusammengetragen, wie Die NASA auf diesen Vergleich kommt und wo Die Fehler in Deinen Zweifeln liegen könnten.

Zitat
400 Knoten (~Mach 0,8 in dieser Höhe, jedenfalls weit weniger als Schallgeschwindigkeit)

Das ist nicht das entscheidende!

Auf den Körper wirken die Windkräfte entsprechend des Airspeeds ein. Ob man da nun 80.000 Fuss oder 120.000 Fuss hoch ist, egal! Die Schallgeschw. ist sowieso schon mal egal, da Sie Abhängig von den Außendrücken ist. Airspeed zählt! Das Shuttle hatte auch ca. 400kts in dieser Höhe.
Also sehr wohl vergleichbar.

Anzüge werden nach Airspeed ratifiziert. Und da sind wohl knapp bis zu 450kts auszuhalten. Egal welche Höhe* oder welche MachZahlen. Mit Mach 28 kann man auch bequem überleben. Nur eben in 400km Höhe :D

*Höhe zählt in diesem Sinne eher für die Druckverhältnisse im Anzug.

Zitat
bis Mach 3+ bei 100.000 Fuß.

Da widersprichst Du Dich. Ich bin jetzt zu faul nachzuschauen wieviel Mach 400kts bei 100.000 fuss Höhe sind (Du sagst 0.8), aber ich weiss definitiv das kein Flugzeug viel mehr als 500kts aushält. Die wären aber nötig um auf 100.000 fuss Mach 3 zu fliegen (So wie Du das gesagt hast)
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: KSC am 13. Januar 2009, 07:39:45
Wer den Bericht liest ist wirklich im Vorteil ;-)
Steht dort doch drin: Der SR-71 Unfall war in einer Höhe von über 75.000 Fuß bei 400 Knoten  equivalent air speed, was Mach 3 und nicht Mach 0,8 entspricht.

Der Vergleich mit dem SR-71 Unfall ist natürlich schon allein deswegen wichtig und berechtigt, weil der Shuttle Druckanzug nichts anderes als ein modifizierter SR-71 Druckanzug ist.
Auch wenn es natürlich ganz grundlegende Unterschiede gibt ist es dennoch so, dass sich beide Unfälle in großer Höhe und bei hoher Geschwindigkeit mit annährend gleicher aerodynamischen Belastung ereignet haben und die Crews annähernd identisch ausgerüstet waren. Der Vergleich erlaubt also einige Analogieschlüsse.

Wichtig zu wissen ist, dass die Shuttle Anzüge aufgrund dieses Berichtes nicht geändert werden. Die Erkenntnisse des Berichts zeigen nur systeminherente Probleme beim Shuttle  auf, die künftigen vermieden werden müssen.
Das Grundproblem ist, dass das Shuttle gar nicht dafür ausgelegt ist, dass die Crew überhaupt Druckanzüge trägt. Das ist aber eben ein Systemproblem, dass sich im Nachhinein nicht mehr lösen lässt.

Gruß,
KSC
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: Petronius am 13. Januar 2009, 08:10:30
Zitat
Das Grundproblem ist, dass das Shuttle gar nicht dafür ausgelegt ist, dass die Crew überhaupt Druckanzüge trägt. Das ist aber eben ein Systemproblem, dass sich im Nachhinein nicht mehr lösen lässt.

Gruß,
KSC



Kannst du das bitte mal erläutern.
Wenn ich dich richtig verstehe, sind die Druckanzüge erst im Laufe des Shuttleprogramms eingeführt worden, oder?
Die ersten 4 Flüge waren ja Testflüge mit Schleudersitz und allem drum und dran.
Wie ging es dann weiter?
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: KSC am 13. Januar 2009, 09:31:12
Richtig, die ersten Flüge waren Testflüge. Die 2er Crews trugen SR-71 Druckanzüge und es waren SR-71 Schleudersitze eingebaut.
Nachdem das Shuttle für „operationell“ erklärt wurde, trugen die Crews nur noch Fliegeroveralls  
und keine Druckanzüge mehr, außerdem wurde die Schleudersitze zunächst deaktiviert und später ausgebaut.

Nach dem Challenger Unglück wurde eine Möglichkeit geschaffen um der Crew im stabilen Flug einen Notausstieg mit dem Fallschirm zu ermöglichen. Dazu ist für große Höhen natürlich wieder ein Druckanzug notwendig und den tragen die Crews während des Starts und der Landung.
Aber wie gesagt, dieser Druckanzug ist primär für einen Notausstieg aus dem Orbiter gedacht und nicht als Schutz für plötzlichen Druckverlust (wenn man sich dagegen schützen wollte müsste man während des gesamten Fluges einen Druckanzug tragen).
Daher ist es auch nicht notwendig, während der Landung oder dem Start den Druckanzug in „Betrieb zu halten“, d.h. es müssen nicht unbedingt Handschuhe getragen und der Helm geschlossen werden. Wenn man notfallmäßig aussteigen müsste, dann bliebe noch genügend Zeit den Anzug unter Druck zu setzen.
Weil es nicht vorgesehen war, das Shuttle mit Druckanzügen zu fliegen, bestünde ein Problem, wenn die Crew während Start und Landung die gesamte Zeit die Anzüge unter Druck hätte: Die Anzüge nutzen 100% Sauerstoff, es ist aber kein geschlossenes System, d.h. die Anzüge werden in die Umgebung entlüftet und mit nachgeliefertem Sauerstoff unter Druck gehalten. Daher würde die Crew Kabine mit Sauerstoff angereichert, was wiederum die Brandgefahr erheblich erhöhen würde.
      
Gruß,
KSC
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: hakkikt am 14. Januar 2009, 12:47:18
So wie es KSC erklärt, macht es Sinn: der Unfall der SR-71 war bei 400 kts equivalent airspeed, was etwas ganz anderes ist als einfach airspeed (wie von klausd geschrieben), nämlich ein rein rechnerischer Wert, der diejenige Geschwindigkeit bei Meereshöhe angibt, die belastungsmäßig der tatsächlichen Fluggeschwindigkeit (true airspeed) in der tatsächlichen Höhe entspricht. Ich dachte, du (klausd) meintest true airspeed, wo du airspeed geschrieben hast. Wir sprechen also eigentlich nicht über tatsächliche Fluggeschwindigkeiten, sondern über aerodynamische Belastung.

So sind die Unfälle natürlich absolut vergleichbar.

Die Auslegung des Schleudersitzes der SR-71 bis Mach 3+ auf 100.000 Fuß ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern stammt von Kelly Johnson:
http://en.wikipedia.org/wiki/Escape_crew_capsule#Ejection_seats_vs._escape_crew_capsules
Stimmt auch mit den Leistungsdaten der SR-71 (bzw. der A-12, die ja etwas schneller war) überein, die man so liest.
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: klausd am 14. Januar 2009, 15:27:00
Zitat
Ich dachte, du (klausd) meintest true airspeed, wo du airspeed geschrieben hast.

Deswegen hatte ich ja auch geschrieben, dass diese Größe unabhängig von der aktuellen Höhe ist  ;)  Aber auch der Begriff equivalent airspeed steht so 1:1 im Bericht. Einfach mal lesen! [size=8](400 kts bei Meereshöhe sind genauso "schlimm" wie 400 kts bei 100.000 Fuss für das Flugzeug)[/size]

Hier nochmal der Link zum Dokument: http://www.nasa.gov/pdf/298870main_SP-2008-565.pdf

Ich übersetze mal (das ist hier ja ein deutsches Forum) all das, was der Bericht schreibt:

Am 25. Januar 1966 verlor der Pilot die Kontrolle über seine SR-71 bei etwa Mach 3 in über 75.000 Fuss Höhe. (~400knots equivalent airspeed(KEAS).
Der Pilot überlebte, aber der Systemoffizier wurde dabei getötet. Folgende Ähnlichkeiten zum Columbia-Unfall lassen sich feststellen:

- Der SR-71 Unfall ereignete sich bei hoher Geschwindigkeit und hoher Höhe
- Die SR-71 zerbrach aufgrund der einwirkenden Kräfte
- Die Piloten wurden dabei von der SR-71 getrennt
- Die Sitzbefestigungen hielten nicht stand
- Die SR-71 Druckanzüge sind sehr ähnlich zu den Shuttle ACES in Design und Konstruktion
- Der Dynamische Druck während die Columbia zerbrach betrug 405 Pfund pro Quadrat-Fuss (psf) und bei der SR-71 betrug der Druck 398psf, also weniger als 2% Unterschied

Dies sind die Unterschiede zwischen den beiden Unfällen

- Die SR-71 Anzuüge setzten sich von alleine unter Druck bei Druckverkust der Cabine. Zudem hatten die Shuttle-Crew Mitglieder Ihre Helme teilweise nicht geschlossen und Handschuhe nicht getragen
- Auch wenn die dynamischen Drücke ähnlich waren, so ist doch das Temperaturumfeld der Columbia sehr viel extremer gewesen
- Aufgrund der Höhenunterschiede, war die chemische Zusammensetzung der Umgebung anders (höhere Konzentration an reactiven monatomic oxygen)
- Die Columbia-Anzuüge hielten der Außenumgebung nicht stand, während Sie das bei der SR-71 Piloten taten.

Aerodynamische Analysen ergaben, dass der equivalent Airspeed der Columbia zum Zeitpunkt der Auseinanderbrechens bei 400kts lag und das sich dieser Werte noch erhöhte auf etwa 560KEAS. Es gab bei der Airfroce Tests bis zu 600-KEAS. Dabei löste sich unter anderem die Sonneblende. Aber insgesamt hielten die Anzüge stand.

Fazit: Auch wenn der Anzug der Shuttles (ACES) zertifiziert ist für Höhen bis zu 100.000 Fuss und Windgeschwindigkeiten von bis zu 560knots euqivalent airspeed, ist doch die maximale Umgebung, in der der Anzug schützt, nicht bekannt.

Empfehlung:
Überprüfe Anzüge, ein intigriertes System aus Schuhen, Helm und anderen Elementen um schwachstellen zu finden. (Temperatur, Druck, Windgeschw., chemische Umgebung) Wenn identifiziert, sollen alternativen für diese Schwachstellen erforscht werden.

Zitat
Leistungsdaten der SR-71 (bzw. der A-12, die ja etwas schneller war)

Laut wiki ist die SR-71 schneller. ( (Mach 3,36) vs (Mach 3,35) )
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: hakkikt am 15. Januar 2009, 14:21:38
Danke für den Auszug! Ein 400-Seiten-Dokument hatte ich keine Lust zu lesen - glaube da bin ich nicht allein. Übersetzung hätte es wegen mir keine gebraucht, aber du hast ganz recht, ist ja ein deutsches Forum. :)

Dennis R. Jenkins schreibt in "Warbird Tech Series 10 - Lockheed SR-71/YF-12 Blackbirds" (ein wirklich gutes Buch über die Technik der Blackbirds) auf Seite 84: "...the A-12 could fly 2,000 to 5,000 feet higher than the SR-71 and was faster, with an operational speed of almost Mach 3.3 compared to the SR-71's Mach 3.1." Was auch Sinn macht - die SR-71 hatte mit den gleichen Triebwerken ein Besatzungsmitglied mehr und ein breiteres Spektrum an Sensoren, war daher insgesamt schwerer. Aber ich glaube das führt jetzt ein wenig zu weit weg vom ACES-Anzug...
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: klausd am 15. Januar 2009, 20:36:15
Zitat
and was faster, with an operational speed of almost Mach 3.3 compared to the SR-71's Mach 3.1."

Kleiner Abstecher muss erlaubt sein, möchte das gerne wissen  ;)

Also stimmen die ganzen Informationen nicht, dass die SR-71 den Geschwindigkeitsrekord für Flugzeuge stellt? (Guinness-Buch der Rekorde) Das ganze Internet ist voll vn SR-71 wenn man das schnellste Flugzeug ever sucht...
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: Schillrich am 15. Januar 2009, 20:46:53
Hallo Klaus,

 der Geschwindigkeitsweltrekord ist etwas anderes als Höchstgeschwindigkeit oder Ähnliches. Dabei muss eine Teststrecke mehrfach innerhalb eines Zeitlimits durchflogen werden. Der Durchschnitt ist dann der Rekord (oder auch nicht). Dabei zählen auch die Zeiten für die Wenderadien mit, aber nicht die Strecke (nach meiner Erinnerung).

Man kann das also nicht wirklich vergleichen.
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: klausd am 15. Januar 2009, 20:58:19
Kann gut sein... Vielleicht hat man die YF-12A auch nicht gepowert bis nichts mehr ging, während man es bei dem SR-71 voll drauf angelegt hatte, der Rekord zu knacken. Zum anderen hatte man auch 9 Jahre Zeit zu optimieren, das dürfte wohl auch entscheidend sein.

1965       Robert L. Stephens and Daniel Andre       3,332km/h on       Lockheed YF-12A       Edwards AFB, USA

1976       Eldon W. Joersz       3,530km/h SR-71 Blackbird Beale AFB, USA


Übrigens war die YF-12 das Flugzeug mit den 2 Besatzungsmitgliedern zumindest laut wiki. Es gab zwar auch eine Trainingsvariante der SR-71 (sah auch anders aus), aber das Grundmodell war ein Ein-Mann Cockpit. Bei der YF-12 waren's zwei.
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: tonthomas am 16. Januar 2009, 08:16:42
Die Frage ist halt,
wie die Regeln für welche Art von Rekord festgelegt sind.
Da sind die SR-71 bzw. ihre Varianten sicher Kandidaten, insbesondere für solche Rekorde, die sich auf Flüge über weitere Strecken mit hoher Durchschnittsgeschwindigkeit beziehen.

Das schnellste überhaupt geflogene bemannte Flugzeug war sicher die X15, aber die machte keinen Bodenstart, und war ein Raketenflugzeug.
Oder vielleicht eben doch das Shuttle als das schnellste Segelflugzeug aller Zeiten... ;)

Heisse Kandidaten für höchste Geschwindigkeiten nach Bodenstart sind imho auch

MIG 25 Foxbat
E266M
MIG 31 Foxhound
XB-70
B-58 Hustler

Hinsichtlich der genannten Maschinen könnte man auch nach Hochgeschwindigkeitsausstiegen forschen.

Gruß   Thomas
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: hakkikt am 17. Januar 2009, 13:37:09
OK, here goes. : ) Ich hab mal einen Überblick über die Blackbirds zusammengestellt:

Der ursprüngliche Entwurf der Blackbird war die A-12 (Projekt "Oxcart") mit 1 Mann Besatzung und ausschließlich Kameras als Aufklärungssystem. Sie wurde für die CIA entwickelt und auch von der CIA geflogen. Dies ist die schnellste und am höchsten fliegende Variante der Blackbird.
12 Einsitzer und ein zweisitziger Trainer wurden gebaut und leisteten insgesamt ca. 4.800 Flugstunden. 5 gingen durch Unfälle verloren, keine durch Feindeinwirkung.
Eine A-12 kann man in New York auf der USS Intrepid besichtigen (einem schwimmenden Flugzeugmuseum) - im Film "I am Legend" schlägt Will Smith Golfbälle von ihrem Flügel aus.
Von der A-12 gab es einige Seitenzweige:

- Zwei Maschinen wurden zu Trägern der Mach-3-Drohne D-21 zwischen den Leitwerken umgebaut und hatten 2 Mann Besatzung. Eine Maschine ging bei Abtrennung der Drohne verloren - die Drohnen wurden später (mit großen Startraketen zur Beschleunigung) von B-52 gestartet.
Das bedeutet: die Maschinen mit D-21 auf dem Rücken, die man im Modellbau öfter antrifft, sollten eigentlich A-12 sein und keine SR-71, und die Modelle sind daher nicht korrekt (anderes Heck).

- YF-12A: Drei Prototypen für einen Abfangjäger wurden gebaut und getestet - nicht für die CIA, sondern für die USAF. Diese Maschinen hatten 2 Mann Besatzung (einer bedient das Radar), drei AIM-47 Langstrecken-Luft-Luft-Raketen (ein Raketenschacht wurde für Instrumente verwendet), eine runde Radarnase, eine riesige klappbare Stabilisierungsflosse unter dem Rumpf, und kleine starre Flossen unter den Triebwerken. Im Rahmen diverser Tests gab es viele kleine Veränderungen (Kamerabehälter, IR-Sensoren, kleine Entenflügel).
DAS waren die Maschinen, die der Öffentlichkeit erstmalig präsentiert wurden (Lyndon B. Johnson nannte sie versehentlich "A-11"). Das eigentliche Kernprogramm, die A-12, wurde weiter im Hintergrund gehalten.
Zwei YF-12 gingen verloren (wenn mans genau nimmt, eineinhalb : ), die letzte steht im USAF-Museum.

Etwas später bestellte die US Air Force Aufklärungsflugzeuge, die nach einem Atomschlag die angerichteten Schäden begutachten sollten (Projekt "Senior Crown"). Die Maschinen hatten eine wesentlich breitere Sensorenpalette (Kameras, elektronische Aufklärung, Seitensichtradar) und standardmäßig 2 Mann Besatzung. Da die Maschine schwerer war, hatte sie eine etwas geringere Höchstgeschwindigkeit und Gipfelhöhe.
Die USAF nannte sie "RS-71" (Reconnaissance Strike), und Lyndon B. Johnson stellte sie der Öffentlichkeit irrtümlich als "SR-71" vor. Da es leichter schien, die Maschine umzubenennen als den Präsidenten zu korrigieren, hieß sie nun "Strategic Reconnaissance". : )
Äußerlich unterscheidet sich die SR-71 von der A-12 im wesentlichen durch ein anderes Heck (Heckstachel), durch das zweite Besatzungsmitglied, und durch eine etwas andere Form der Rumpfspitze (die Seitenkanten sind bei der SR-71 bauchig und bei der A-12 fast gerade).

Da nun sowohl die CIA als auch die USAF Mach-3-Aufklärer mit sehr ähnlichen Leistungsdaten hatten, mußte eine gehen - nach hartem Kampf zwischen den beiden Organisationen und einem Vergleichsfliegen blieb die A-12 auf der Strecke.
32 SR-71 wurden gebaut und leisteten insgesamt über 50.000 Flugstunden. Es gab eine Reihe von Unfällen, aber nur einmal minimale Schäden durch Feindeinwirkung.

Rekordflüge gab es nur durch die YF-12A und die SR-71. Die A-12, die ja von der CIA betrieben wurde, blieb im immer Hintergrund.
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: hakkikt am 17. Januar 2009, 13:46:47
Zitat
MIG 25 Foxbat
E266M
MIG 31 Foxhound
XB-70
B-58 Hustler

Hinsichtlich der genannten Maschinen könnte man auch nach Hochgeschwindigkeitsausstiegen forschen.

Die XB-70 hatte Sitze, die als Miniatur-Ausstiegkapseln funktionierten.
Einer der beiden XB-70 Prototypen hatte bei einem Fotofliegen eine Kollision mit einer F-104 Starfighter. Der Copilot kam ums Leben, der Pilot überlebte schwer verletzt. Die technischen und Bedienungsprobleme mit den Ausstiegkapseln sind bis heute ein Argument gegen solche Systeme.
Titel: Re: Neue ACES Raumanzüge
Beitrag von: Wilhelm am 18. Januar 2009, 20:37:35
@ Haro:

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Grüsse

Wilhelm