Raumcon
Raumfahrt => Unbemannte Raumfahrt => Rosetta Spezial => Thema gestartet von: tonthomas am 18. Januar 2014, 21:15:32
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Hier soll es um die technische Ausstattung und das Funktionieren des Landers hinsichtlich seiner raumflugtechnischen Einrichtungen gehen.
Gruß Pirx
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Warum hat man eigentlich nicht mal über eine Art Kontaktgel nachgedacht, möglichst weich und klebend?
Gruß, Klaus
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Die erzeugt man eigentlich den "Gegendruck" damit die Harpunen Philae nicht wieder vom Kometen "wegdrücken"?
Bei der geringen Gravitation reicht das Gewicht des Landers auf keinen Fall. Hat man chemische Triebwerke in Philae eingebaut?
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@Klausd: Gibt es sowas denn wie ein Gel, das auf einer potentiell eher staubigen Oberfläche haftet?
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Hallo Klaus,
die Frage meinst Du doch nicht ernst ;D , oder?
Aber es belebt das Forum!
LG
Sven
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@Klausd: Gibt es sowas denn wie ein Gel, das auf einer potentiell eher staubigen Oberfläche haftet?
Nun sollte der Staub nicht von den "Bremstriebwerken" entfernt werden? Bei richtig viel Staub à la Sandkasten wird aber auch mit dem Bohrer schwer.
Fakt ist, man kennt die Oberfläche nicht an der Stelle, wo der Lander konkret aufsetzt. Ist sie Knochenhart, dann hat man mit den hier eingesetzten Werkzeugen ein Problem.
die Frage meinst Du doch nicht ernst ;D , oder?
Was ist denn an der Idee verrückt?
Gruß, Klaus
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Hat man chemische Triebwerke in Philae eingebaut?
Yepp!
Gruß, Klaus
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In einer der Liveübertragungen von der Kontaktaufnahme wurde ja drüber gesprochen.
Ich hab es jetzt so in Erinnerung:
Die vermuteten Bodenverhältnisse reichen von ziemlich staubig bis zur Konsistenz von festem Schnee - aber kein Fels. Die Harpunen dringen ein und können regenschirmartig Streben ausklappen und sollen dann auch in Staub genügend Halt bieten. Wenn's "Schnee" ist, klemmen sie ja auch so fest. Auf der Oberseite des Landers gibt es eine Kaltgasdüse, die den Lander an die Oberfläche drückt damit er beim Abschießen der Harpunen nicht weggedrückt wird.
Gruß Uwe
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Durch welche Beobachtung / Erkenntnis konnte man die harte Oberfläche ausschließen?
Gruß, Klaus
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Ich meine in Erinnerung zu haben, dass er sagte, die Harpunen würden auch bei Gletschereis noch wirken - dort etwa 3cm eindringen und den Lander halten können. In einer meterdicken Schnee/Staubschicht würde es auch funktionieren, weil die Harpunen sich wohl in dem Falle nach dem eindringen wie ein Fächer ausbreiten können.
Wirklich ausschließen konnte man keine Oberfläche, man versucht einfach ein so großes Spektrum wie möglich abzudecken und hofft, das es klappt.
Getestet (und gefertigt?) übrigens in Österreich, die haben hoffentlich Erfahrungen mit Schnee und Eis :)
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Wikipedias Meinung über die Zusammensetzung von Kometen:
In großer Entfernung von der Sonne bestehen Kometen nur aus dem Kern, der im Wesentlichen aus zu Glas erstarrtem Wasser, Trockeneis, CO-Eis, Methan und Ammoniak mit Beimengungen aus meteoritenähnlichen kleinen Staub- und Mineralienteilchen (zum Beispiel Silikate, Nickeleisen) besteht.
Also kein festes Gestein. Das kann ja nur unter großem Druck entstehen, also auf großen Himmelskörpern. Diese "dreckigen Schneebälle" aus der Anfangszeit des Sonnensystems haben ja nie solche Drücke erlebt. ;)
Andererseits klingt "zu Glas erstarrtes Wasser" auch ganz schön hart. :-\
Aber deshalb fliegen wir ja hin: um zu gucken, wie es wirklich aussieht.
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"Zu Glas erstarrtes Wasser" hört sich eigenartig an. Passt diese Analogie überhaupt?
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Denke schon. Basalt oder Granit ist ja eigentlich auch nur "zu Stein erstarrte Lava". Genauso wie von erstarrtem Glas oder Eisen kann ich mir auch von Eis vorstellen, dass es Steine und Felsen bildet, die richtigen Temperaturen vorausgesetzt. Basalt, Granit oder überhaupt Lavagestein sind zwar nicht so "sortenrein" wie Glas, Eisen oder Eis, aber rein von der Physik her dürfte deren Verhalten ähnlich sein. :)
Terminus
PS: Ach so, jetzt sehe ich erst, dass das ein Zitat aus der Wikipedia ist. So für sich genommen ist die Aussage natürlich Quatsch, Wasser wird beim Erstarren nicht zu Glas. ;D
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Wie wird Glas definiert? Bei Wikipedia steht einiges:
Glas ist eine amorphe Substanz
Das passt erstmal nicht zu Eis. Eis ist irdisch ein Kristall/kristalliner Festkörper mit regelmäßiger Struktur. Es gibt aber auch "amorphes Eis", in dem die Moleküle unregelmäßig im Festkörper angeordnet sind. Das scheint im Weltall die dominante Form des Eis' zu sein. Schnelle Abkühlung/Unterkühlung von Wasser verhindert die regelmäßige Kristallanordnung.
Thermodynamisch wird Glas als gefrorene, unterkühlte Flüssigkeit bezeichnet.
Das könnte für Kometen grob passen ... wobei der Begriff "Flüssigkeit" da draußen schwierig ist. Wann war das Wasser dort flüssig?
Diese Definition gilt für alle Substanzen, die geschmolzen und entsprechend schnell abgekühlt werden. Das bedeutet, dass sich bei der Erstarrung der Schmelze zum Glas zwar Kristallkeime bilden, für den Kristallisationsprozess jedoch nicht genügend Zeit bleibt. Das erstarrende Glas ist zu schnell fest, um noch eine Umordnung der Bausteine zu einem Kristall zu erlauben. Vereinfachend dargestellt entspricht somit der atomare Aufbau eines Glases in etwa dem einer Flüssigkeit.
Das führt die Punkte nochmal zusammen. Hört sich konsistent und gut und .
Der Unterschied zwischen Gläsern und anderen amorphen Feststoffen liegt darin, dass Gläser beim Erhitzen im Bereich der Glasübergangstemperatur in den flüssigen Zustand übergehen, während nicht glasartige amorphe Substanzen dabei kristallisieren
Wahrscheinlich trifft das auf Kometen auch zu, wobei hier anstelle von flüssig wohl eher gasförmig zutrifft ... offenbar ohne einen kristallinen Übergang.
"Glas" scheint zu passen, wobei einige der o.a. Begriffe bei Wikipedia entweder zu eng definiert sind oder zu unscharf benutzt werden. Wieder was gelernt ... :)
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Hallo - bin neu hier im Forum.
Da ich an der Entwicklung der Subsysteme von Philae mitgearbeitet habe,
kann ich vielleicht einige Zusatzinformationen liefern :
- die Harpunen sind für einen Bereich der Druckfestigkeit des Oberflächenmaterials
von 2 kPa bis 2 MPa ausgelegt worden. Für Werte unterhalb 2 kPa, bis ca 0,1 kPa,
würde der Lander so weit einsinken, dass seine Bodenplatte aufsetzt - Drehung auf dem
Landegestell wäre dann nicht mehr möglich; das Programm wäre aber noch voll durchführbar.
Für Werte unterhalb 100 Pa würde der Lander so weit einsinken, dass sein Programm
stark eingeschränkt würde.
Link zur Originalpublikation : www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2013/pdf/1392.pdf (http://www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2013/pdf/1392.pdf)
Detaillierte technische Beschreibung der Harpunen : http://www.esmats.eu/esmatspapers/pastpapers/pdfs/2003/thiel.pdf (http://www.esmats.eu/esmatspapers/pastpapers/pdfs/2003/thiel.pdf)
Gruss HHg
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Beim ersten Link kommt leider "...canot be found"
Aber das PDF ist ja echt faszinierend.
Interessant für mich ist, daß man Molybdensulfid auch weit "nach unten" einsetzen kann. Erstaunlich, daß die Ebenenverschiebung erhalten bleibt. Man hat ja sonst nur immer die Hochtemperaturanwendungen.
Wird eigentlich der Zündstrom (und dann der Anlaufstrom des Motors) mit SuperCaps gestützt oder reicht die Bordenergie?
Aber jedenfalls - glühende und dann verspritzende Wolframdrähte sind doch immer was Solides ! Das wird klappen !
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Hallo McFire ,
seltsam - wenn ich das Link von Hand eingebe, kommt das PDF...
Sonst : googeln "Preparing for Landing on a Comet, Biele" - dann kommt's.
MoS-2 als Dünnschicht (PVD = physical vapour deposition) geht sehr gut auch bei kalten Temperaturen
- haben wir auch bei den Mechanismen der DAWN Framing Cameras eingesetzt. (Einziger Nachteil:
man darf nicht an Umgebungsluft testen, sondern nur unter Schutzgas mit < 5 ppm Wasserdampf)
Zünden der Treibladungen: ist nicht so einfach, wie es klingt. Es gibt nicht so viel Erfahrung mit der
Langzeitstabilität der Chemie; deshalb wurden nach dem Start von ROSETTA Langzeituntersuchungen
über 10 Jahre u.a. auch der Treibladungen der Harpunen durchgeführt, im Ultrahochvakuum und bei
Flüssigstickstoff-Kühlung (am MPI für Sonnensystemforschung in Lindau). Die Resultate deuten darauf hin,
dass man den Zündstrom noch mal modifizieren (erniedrigen) muss...
Gruss HHg
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.... auch der Treibladungen der Harpunen durchgeführt, im Ultrahochvakuum und bei
Flüssigstickstoff-Kühlung (am MPI für Sonnensystemforschung in Lindau). Die Resultate deuten darauf hin,
dass man den Zündstrom noch mal modifizieren (erniedrigen) muss...
Gruss HHg
Hallo HHg!
Schön, dass Du hier schreibts!
Was wäre denn die Folge eines zu hohen Zündstroms für die Treibladungen der Harpunen? Anderes, unerwünschtes Verhalten der Treibladungen?
Gruß Pirx
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Hallo @McFire,
Beim ersten Link kommt leider "...canot be found"
dieser Link müßte eigentlich gehen und führt zu dem Schreiben, das @SpaceMech reingesetzt hatte.
http://www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2013/pdf/1392.pdf (http://www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2013/pdf/1392.pdf)
Mit den besten Grüßen
Gertrud
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Was wäre denn die Folge eines zu hohen Zündstroms für die Treibladungen der Harpunen? Anderes, unerwünschtes Verhalten der Treibladungen?
Es sieht so aus, als ob der ursprünglich eingestellte Strom die fuse wires schneller durchbrennen lässt,
als die Treibladung jetzt zum sicheren Zünden benötigt. Vermutlich wird man nun beide Harpunen parallel
zünden, so dass der Zündstrom pro Harpune halbiert ist. Die dadurch verlängerte Zeit bis zum Durchbrennen
hat in mehreren Tests zuverlässig zu Zünden geführt.
Gruss HHg
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...
Es sieht so aus, als ob der ursprünglich eingestellte Strom die fuse wires schneller durchbrennen lässt, als die Treibladung jetzt zum sicheren Zünden benötigt. Vermutlich wird man nun beide Harpunen parallel zünden,.. Gruss HHg
Man bräuchte also bei einem Treibsatz länger den Strom, der dann die Sicherungensdrähte durchbrennt, bevor der Treibsatz reagiert. Wieder was gelernt, das macht klar, wo die Schwierigkeit liegt. Prima, danke.
Gruß Pirx
P.S.: Da fällt mit gleich die nächste Frage ein: Gibt es dann für den Lander evtl. ein zusätzliches Problem, wenn beide Harpunen gleichzeitig aktiviert werden?
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Aber ist denn "verspritzendes" Wolfram nicht besser zur Zündung über evtl. Abstand ? Die Sicherungen kann man vlt träger machen. Z.B. nicht als Draht, sondern als dünne Folie ausbilden. Und dann das Schutzgas etwas unter Druck setzen. Da bleibt der Auslösestrom gleich, aber das Metall heizt nicht so schnell auf.
PS: Danke @Gertrud, das geht :)
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Die erzeugt man eigentlich den "Gegendruck" damit die Harpunen Philae nicht wieder vom Kometen "wegdrücken"?
Bei der geringen Gravitation reicht das Gewicht des Landers auf keinen Fall. Hat man chemische Triebwerke in Philae eingebaut?
Der Andruck beim Bodenkontakt wird über ein kleines Kaltgas-Triebwerk erzeugt: ein Hochdruck-Tank mit Inertgas
speist über ein kommandierbares Regelventil eine kleine Expansiondüse. Bezeichnung : Active Descent System (ADS).
Mit diesem Subsystem kann man einmal die Abstiegszeit zur Kometenoberfläche beeinflussen (zusätzliche Sinkgeschwindigkeit bis zu 1 m/s), andererseits den Lander beim Aufsetzen gegen die Oberfläche drücken, bis der Aufwickelmechanismus das Seil der Harpune(n) gestrafft hat.
Hier zwei Aufnahmen dieses Subsystems vom Lander-Strukturmodell (STM) bei abgenommener Solarzellenhaube:
oben sieht man die kleine Düse, darunter den torus-förmigen Hochdrucktank
http://www.pic-upload.de/view-22091743/ADS-STM-1.png.html (http://www.pic-upload.de/view-22091743/ADS-STM-1.png.html)
http://www.pic-upload.de/view-22091767/ADS-STM-2.png.html (http://www.pic-upload.de/view-22091767/ADS-STM-2.png.html)
(irgendwie klappt das mit dem Einbinden von Bildern bei mir noch nicht...)
Gruss HHg
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Die Energieversorgung von Philae
beruht auf zwei sich ergänzenden Konzepten:
einmal einer Primärbatterie , Lithium-Thionylchlorid-Zellen von SAFT (LSH20) organisiert als 4 x 8 Zellen mit insgesamt 1500 Wh
zur Erstversorgung des Landers, zum anderen eine Sekundärbatterie mit Lithium-Ionen-Zellen von SANYO (18650), organisiert als
4 x 7 Zellen mit insgesamt 280 Wh (Angaben ohne Derating). Diese Sekundärbatterie kann im Unterschied zur Primärbatterie
von den Sonnenzellen des Landers wieder nachgeladen werden und soll den Betrieb des Landers über einen längeren Zeitraum ermöglichen.
Die Primärbatterie war vor dem Start voll geladen und sollte bei der Landung auf dem Kometenkern noch mindestens zu 90% geladen sein.
Wie bereits vor der Hibernation festgestellt wurde, hat die Sekundärbatterie in einer der vier Säulen einen Wackelkontakt, so dass man sicher nur mit den übrigen 3 Säulen rechnen kann (also 210 Wh). Weiterhin wurde ein (sehr geringer) parasitärer Kriechstrom festgestellt, der die Sekundärbatterie schleichend entlädt – aus diesem Grund wurde die Sekundärbatterie vor der Hibernation voll geladen, um zu verhindern, dass die Zellenspannung im Laufe der Hibernation unter den kritischen Wert von 2,5 Volt/Zelle absinkt (unterhalb dieser Schwelle werden die Zellen permanent geschädigt).
Die Untersuchung des Zustands der beiden Batterien wird eine der ersten Aktivitäten beim Philae-Checkout im März 2014 sein.
Energieintensive Aktivitäten noch vor der eigentlichen Abtrennung, wie zB das Aufwärmen der Elektronik oder das Hochfahren des eingebauten Schwungrads auf 8.000 rpm werden von der Stromversorgung des Orbiters übernommen (über die Umbilical-Verbindung) und gehen so nicht auf Kosten der kostbaren eigenen Batteriekapazität.
Gruss HHg
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Hallo
@SpaceMech genau das sind die Infos die ich am allerliebsten lese, ich bin kein Wissenschaftler und irgendwelche Bodenproben o.ä. interessieren mich wenig aber ein absoluter Technikffreak. Am liebsten lese ich hier Technikbeiträge und deine sind eine von den besten in letzter Zeit hier. DANKE!
P.S. Hast du auch Infos zur Kommunikation und den Boardcomputer von Philae?
Gruß
Chris
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Hallo Chrisi01 ,
danke für die Blumen ;-)
Wir sollten bei aller Technikbegeisterung nicht vergessen, dass das Geld der Steuerzahler
nicht primär dafür ausgegeben wird, dass wir da mit einem besonders teueren Märklin-Baukasten
spielen dürfen - der Grund dahinter ist immer die Wissenschaft. Natürlich ist es auch spannend, welche
technischen Klimmzüge (oft unsichtbar) man unternehmen muss, um diese wissenschaftlichen Daten
zu gewinnen (und auch heile herunterzubekommen) - deshalb fand ich die Idee von pirx, hier bei Philae
einen extra Technik-thread einzurichten, auch so genial .
Kommunikation mit Philae
geschieht nur über den Orbiter (keine direkte Kommunikation mit der Erde). Dazu gibt es ein Subsytem
namens "RxTx" auf Orbiter und Lander, das eine Verbindung im S-Band (2 GHz) herstellt. Ist auf dem Lander
aus Sicherheitsgründen 2mal vorhanden, einschließlich Planar-Antenne. Sendeleistung ist ca 1 W,
die damit erreichte Datenrate ist 16 kbit/sec. Das Gewicht ist etwa 1 kg (nur möglich, da in großem Umfang
COTS (=Commercial Off-The-Shelf)-Bauteile aus der modernen Handytechnik verwendet wurden -
allerdings sorgfältig ausgesucht und gründlich qualifiziert!). RxTx wurde von CNES/Frankreich entwickelt
und beigestellt.
Gruss HHg
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PHILAE - Landeszenario :
hierzu gibt es von der ESA ein hübsches Video, das den Abstoß des Landers,
das Entfalten des Landegestells und das Aufsetzen auf der Oberfläche darstellt.
Man sieht sehr schön, dass die Abstossgeschwindigkeit möglichst genau die
Orbitalgeschwindigkeit kompensieren soll, so dass der Lander über der Oberfläche
zu schweben scheint, um dann langsam auf diese herunter zu "sedimentieren"
http://wpc.50e6.edgecastcdn.net/8050E6/mmedia-http/download/public/videos/2013/12/054/1312_054_AR_EN.mp4 (http://wpc.50e6.edgecastcdn.net/8050E6/mmedia-http/download/public/videos/2013/12/054/1312_054_AR_EN.mp4)
Gruss HHg
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Wie erreichen sie, dass der Ausstoßvorgang Philae quasi mit relativer Winkelgeschwindigkeit 0 zum Kometen aussetzt? Lässt sich die Federkraft einstellen? Oder fliegt man auf einer passenden Orbithöhe, damit bei vorgegebener Federkraft die Relativbewegung 0 rauskommt?
Grundsätzlich ist das nur in zwei Szenarien möglich, oder? Einmal auf dem äquatorialer Orbit und einmal auf polarem Orbit, dann aber nur direkt über den Polen. Das letztere ist aber eher ein Sonderfall. Das Äquatorszenario passt auch zu dem Orbitvideo im anderen Thread, das eine äquatoriale und fast rotationssynchrone Flugphase Rosettas zeigt.
Wie lange soll der Abstieg eigentlich dauern?
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zu Absetzen des Landers :
Für das Absetzen des Landers kann man die Orientierung des Orbiters relativ zu seinem Geschwindigkeitsvektor
frei wählen (man muss also nicht notwendig nach "rückwärts" abstossen)(OK, die Bodenfläche des Landers
mit dem Landegestell sollte zur Kometenoberfläche orientiert sein ;-)). Damit kommen nicht nur
polare und äquatoriale Bahnen in Frage, sondern auch geneigte Bahnen - man muß nur den Geschwindigkeitsvektor des Orbiters
und die Abstoßgeschwindigkeit des Landers vektoriell so addieren, dass für die resultierende tangentiale
("horizontale") Komponente gerade die Umlaufgeschwindigkeit der Oberfläche am Zielort herauskommt ;
die vertikale Komponente soll gerade so sein, dass einerseits die Abstiegszeit nicht zu lang wird
(Absetzhöhe = 1km bis 2 km; Abstiegszeit ca 1 h), andererseits die kinetische Auftreffenergie nicht zu hoch wird.
Ausserdem soll der Orbiter beim Absetzen des Landers nicht auf einem Kollisionskurs mit dem Kometenkern liegen müssen ...
All diese Randbedingungen müssen bei der Wahl der Bahnparameter berücksichtigt werden.
Die Requirements für den Abstoß des Landers sind: Geschwindigkeit einstellbar von 0,05 m/s bis 0,5 m/s
mit einer Genauigkeit von +/- 1 % ; Richtungsgenauigkeit = +/- 1 deg.
Das ist mit vorgespannten Federpaketen nicht zu machen.
Deshalb wurde für Philae ein neuartiger Abstoßmechanismus namens MSS (Mechanical Support System) entwickelt,
der ziemlich pfiffig und deshalb einen eigenen post wert ist (in Vorbereitung!)
Gruss HHg
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...
Deshalb wurde für Philae ein neuartiger Abstoßmechanismus namens MSS (Mechanical Support System) entwickelt, der ziemlich pfiffig und deshalb einen eigenen post wert ist (in Vorbereitung!) Gruss HHg
Wir sind gespannt,
Danke und Gruß Pirx
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Piezo-Motoren ? ;)
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Der Abstoßmechanismus von Philae
Der Mechanismus, der Philae vom Orbiter abtrennt und auf seine Abstiegstrajektorie bringt,
ist ziemlich ungewöhnlich – deshalb hier eine etwas ausführlichere Darstellung.
Üblicherweise werden solche Abtrennvorgänge im Weltraum mittels vorgespannter Federpakete bewirkt, die per Auslösekommando von pyrotechnischen Aktuatoren freigegeben werden (zB CASSINI => HUYGENS, Hayabusa =>Minerva, Mars Express => Beagle2, Mars Polar Lander => Deep Space 2 ).Da Federn in Querrichtung „weich“ sind, muss man in der Regel eine Führung des Abstoßvorgangs bereitstellen, was mit Verlustreibung verbunden und damit oft schwer vorhersagbar ist. Bei einem kleinen Zielobjekt mit so geringer Gravitation wie dem Kometen C-G muss man allerdings die Abstoßparameter sehr genau treffen, sonst verfehlt man ihn ...
Die Anforderungen bei Philae lauteten daher . Richtungsgenauigkeit = +/- 1 deg,
Genauigkeit der Abstoßgeschwindigkeit = +/- 1 % im Bereich von 0,05 m/s bis 0,5 m/s .
Da die genauen gravitativen Eigenschaften von C-G (noch) unbekannt sind, musste die wählbare Abstoßgeschwindigkeit um den Faktor 10 variabel sein.
Die hauptsächlichen Bedenken gegen die traditionelle Lösung waren:
wie schafft man die Variation der Federvorspannung -im Flug- über eine Größenordnung ?
wie viel der Federvorspannung ist nach 10 Jahren Flug in vorgespanntem Zustand überhaupt noch vorhanden (Alterung/Ermüdung der Federn)?
Um das zu lösen, wurde zunächst über ein Design nachgedacht, bei dem die Federn während des Fluges entspannt mitgeführt und erst bei Ankunft am Kometen von einem geeigneten Mechanismus gespannt wurden. Der Haken dabei: dazu muss die erreichte Federvorspannung sehr genau vermessen werden – wobei sich sofort die Frage stellt, wie genau denn die dafür notwendigen (analogen) Kraftsensoren nach 10 Jahren interplanetarem Flug noch sein würden.
Im Laufe der weiteren Konzeptentwicklung wurden dann die Federn als Energiezwischenspeicher ganz weggelassen und der Spannmechanismus so ausgelegt dass er den Lander direkt antreibt:
drei synchronisierte Gewindespindeln drücken mit ihren drei Spindelmuttern den Lander vom Orbiter weg. Die Spindeln (vierzügiges Trapezgewinde mit Steigung 12,7 mm) werden von Zahnriemen aus Polyurethan mit eingebetteten Mikro-Stahlseilen synchronisiert. Nach 22,75 Umdrehungen verlassen die Muttern das Ende der Spindeln – bis dahin muss die Abstoßgeschwindigkeit erreicht und stabilisiert sein. Angetrieben wird das ganze von zwei Hochleistungs-DC-Motoren mit angeflanschten Tachogeneratoren; jeder Motor hat seine eigene abgesicherte Stromversorgungsleitung vom Orbiter (2,25 A @ 28 V) und wird in einem eigenen Regelkreis mit seinem Tachogenerator betrieben (PID-Regler implementiert in strahlungstolerantem ACTEL FPGA). Falls ein Stromversorgungszweig während des Abstoßens abschalten sollte (zB durch Triggern des Latching Current Limiters des Orbiters),
konfiguriert sich die Elektronik in Echtzeit so um, dass der betroffene Motor stillgelegt und der andere Motor auf doppelten Strom (4,5 A) hochgeschaltet wird, so dass der Abstoßvorgang fortgesetzt werden kann. Für den Fall, dass in einem der beiden Regelkreise ein Hardware-Fehler auftritt und die beiden Kreise sich widersprechen und gegeneinander arbeiten, befindet sich an der dritten Spindel ein digitaler Inkremental-Encoder, dessen Signal laufend ausgewertet und mit den Werten der Tachogeneratoren verglichen wird.
Derjenige Regelkreis, dessen Wert nicht mit diesem „Schiedsrichter“ übereinstimmt, wird stillgelegt, und der verbleibende Antrieb auf doppelten Strom hochgeschaltet – ebenfalls in Echtzeit.
Einige Bilder vom Mechanismus:
(https://images.raumfahrer.net/up037118.jpg)
(https://images.raumfahrer.net/up037119.jpg)
(https://images.raumfahrer.net/up037120.jpg)
(https://images.raumfahrer.net/up037121.jpg)
(https://images.raumfahrer.net/up037122.jpg)
(https://images.raumfahrer.net/up037123.jpg)
Auf diesem Bild ist das MSS in das Lander Interface Panel (LIP) des Orbiters eingebaut; zusätzlich sieht man die vier Separation Feet (blaue Kegelstümpfe), die den Lander während des Starts an den vier Ecken halten und danach freigeben.
Trotz aller dieser Redundanzmassnahmen muss zusätzlich noch die Möglichkeit vorgesehen werden, bei Versagen des gesamten Systems zu jedem Zeitpunkt den Lander trotzdem noch abtrennen zu können: dazu ist die Druckplatte mit den Spindelmuttern am Lander zweigeteilt. Die erste Halbschale (nut plate) trägt die drei isostatisch gelagerten Spindelmuttern, die zweite Halbschale (push plate) ist fest am Lander befestigt. Zwischen diesen beiden Halbschalen befindet sich eine vorgespannte Wellfeder; die beiden Halbschalen sind mechanisch miteinander verriegelt. Auf der Mittelachse der Spindelanordnung befindet sich einen Titanstange mit Dreikantquerschnitt, die genau so lang ist wie die Spindeln. Sie dient einmal als Führung während des Abstoßvorgangs, zum anderen ist sie zusätzlich an ihrer Wurzel drehbar gelagert. Eine 60 Grad-Drehung der Stange löst die Verriegelung zwischen nut plate und push plate und gibt die Wellfeder frei, die nun den Lander wegdrückt. Die Drehung der Notauslöse-Stange wird von einem pyrotechnischen Cable-Cutter bewirkt, dessen Zündung von der Pyro Firing Box des Orbiters kontolliert wird (d.h. es funktioniert auch, wenn die gesamte MSS-Elektronik „tot“ sein sollte). Die vorgespannte Wellfeder liefert natürlich nur ein festes delta-v von etwa 0,20 m/s, mit reduzierter Genauigkeit (+/-5 %), so dass dieser Emergency Eject-Modus eher als Notmassnahme zu betrachten ist für den Fall, dass bei einem Totalausfall des nominellen Eject-Mechanismus und unvollständiger Abtrennung der Orbiter selbst in Gefahr sein sollte.
Gruss HHg
(ich beantworte gerne weitere Fragen zu diesem Mechanismus)
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Ich hatte nicht gewagt, Spindeln zuende zu denken. Wir verwenden die zwar auch, aber hier ist der Lander doch bis zur letzten zehntel Umdrehung über die Spindeln mit Rosetta fest verbunden und erhält quasi im Moment des Loslassens erst seinen Impuls. Vorher legt er doch "nur" Weg zurück. Mit zweckmäßiger Geschwindigkeit zwar, aber Teil von Rosetta. Ich vermute, ich habe das nicht ganz verstanden.
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Hallo McFire ,
der Mechanismus ist so ausgelegt, dass er in jedem Fall seine Sollgeschwindigkeit erreicht,
BEVOR das Ende der Spindeln erreicht ist. Bis zur Sollgeschwindigkeit wirkt ein konstantes Drehmoment
und damit eine konstante Vorschubkraft (bewirkt eine konstante Beschleunigung); in dem Moment,
in dem die Sollgeschwindigkeit erreicht ist, schaltet der PID-Regler auf "konstante Geschwindigkeit" um -
Geschwindigkeit = konstant heisst aber Beschleunigung = null (und damit Kraft = null) !
Der Lander verlässt also die Spindeln kräftefrei und ohne "Ruck".
Das setzt natürlich voraus, dass der PID-Regler sauber programmiert ist und beim Übergang von
konstanter Beschleunigung auf konstante Geschwindigkeit nicht in Regelschwingungen gerät.
ESTEC war in diesem Punkt auch sehr skeptisch - wir haben über 100mal "vorgeturnt",
dass der Lander bei allen eingestellten Geschwindigkeiten die Spindeln ohne Richtungsstörung und "tip-off forces" verlässt
(Messung der Querkräfte mit Mikroakzelerometern; Richtungsstabilität mit Richtlaser - das ganze auf einem Luftlagertisch -
die Schwerkraft lässt sich ja leider immer noch nicht abschalten...)
Gruss HHg
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Ah ja, ich glaube ich verstehe - beim Erreichen der angestrebten Geschwindigkeit (noch vor Spindelende und wenn alle Regler "zufrieden" sind) unter den fast Null G Bedingungen dort schwebt Philae also weitgehend berührungslos in den Gewindegängen der Spindeln, da Impuls und Spindeldrehzahl im angestrebten Verhältnis sind.
Ist aber eine "gewichtige" Mechanik...
Würde vielleicht ein gesteuertes zweikreisiges Anblasen (auswärts und auch entgegen, zwecks Korrektur) in einer Führungsschiene mit einem leichteren Gebilde auskommen? Viel Druckgas brauchts da sicher nicht.
Relativ-Geschwindigkeitsmessung Philae zu Rosetta ähnlich wie im Drucker, mit 5 Gramm Material.
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...........
Ist aber eine "gewichtige" Mechanik...
Würde vielleicht ein gesteuertes zweikreisiges Anblasen (auswärts und auch entgegen, zwecks Korrektur) in einer Führungsschiene mit einem leichteren Gebilde auskommen?....
Hmm - das ganze Gebilde wiegt komplett 6,5 kg - und bringt einen 100 kg - Lander in Schwung ...
Anblasen im Vakuum stelle ich mir nicht so einfach vor; müsste wohl ein geschlossenes System sein (Pneumatik-Zylinder).
Solche druckbeaufschlagten Syteme haben auf Langzeitmissionen keinen so guten "track record" - siehe Probleme mit dem Drucksytem der Hydrazintanks bei ROSETTA, oder die Lecks bei HAYABUSA .
Mechanismen stehen wohl immer noch in dem Ruf, problematisch zu sein - waren sie in der Frühzeit der Raumfahrt ja auch. Aber seit man gelernt hat, dass man eben nicht einfach irdischen Maschinenbau in den Orbit verpflanzen darf (und seit es sowas wie das Space Tribology Handbook von ESTL gibt, wo man nachschauen kann,was an Schmierung im Weltraum geht und was nicht), sind auch komplexe Mechanismen durchaus vertrauenswürdig geworden: siehe die Fahrwerke und artikulierte Masten der verschiedenen Mars-Rover, oder die wissenschaftlichen Instrumente auf SOHO mit über 100 teils sehr abgefahrenen Mechanismen, die auch jetzt noch nach 18 Jahren (!) gut funktionieren.
Ich mache mir heute mehr Sorgen um die immer komplexer wuchernden Software-Strukturen und die Schwierigkeiten,
die ohne Patzer vom Boden aus zu bedienen...
Gruss HHg
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Hmm - das ganze Gebilde wiegt komplett 6,5 kg - und bringt einen 100 kg - Lander in Schwung ...
Anblasen im Vakuum stelle ich mir nicht so einfach vor; müsste wohl ein geschlossenes System sein (Pneumatik-Zylinder).
Solche druckbeaufschlagten Syteme haben auf Langzeitmissionen keinen so guten "track record" - siehe Probleme mit dem Drucksytem der Hydrazintanks bei ROSETTA, oder die Lecks bei HAYABUSA .
Mechanismen stehen wohl immer noch in dem Ruf, problematisch zu sein - waren sie in der Frühzeit der Raumfahrt ja auch. Aber seit man gelernt hat, dass man eben nicht einfach irdischen Maschinenbau in den Orbit verpflanzen darf (und seit es sowas wie das Space Tribology Handbook von ESTL gibt, wo man nachschauen kann,was an Schmierung im Weltraum geht und was nicht), sind auch komplexe Mechanismen durchaus vertrauenswürdig geworden: siehe die Fahrwerke und artikulierte Masten der verschiedenen Mars-Rover, oder die wissenschaftlichen Instrumente auf SOHO mit über 100 teils sehr abgefahrenen Mechanismen, die auch jetzt noch nach 18 Jahren (!) gut funktionieren.
Bei der Mechanik dachte ich keineswegs an Störanfälligkeit. Ich weiß da in etwa, was geht. Nur - das Gewicht ist halt jeweils zwangsläufig vorhanden und je nach Aufgabe nicht zu unterschreiten.
Ich dachte freilich auch nicht an Hydraulik o.ä. Der Antrieb (vor und zurück) sowie die Meßeinrichtung könnte in Rosetta verbleiben und trotzdem Philae-eigen. Aber er könnte weitgehend berührungslos sein, auch bei der Führung. Ein Verhältnis 1:1200 sollte da keine Probleme machen. Weder beim Antrieb noch bei der Führung. Mit 2...3 Kilo inclusive Meßeinrichtung sollte das zu schaffen sein.
Na und Drucksysteme wird man doch auch mal irgendwann 101% im Griff haben. Der Druckgasbehälter muß halt bis vor Ort dicht sein. Nach Öffnung für die aktive Phase von 2...3 Minuten sollte man jedoch 1...2 % Gas-Verluste mit einplanen, weil man so wieder Gewicht sparen könnte.
Ich mache mir heute mehr Sorgen um die immer komplexer wuchernden Software-Strukturen und die Schwierigkeiten, die ohne Patzer vom Boden aus zu bedienen...
Das kommt alles nur, weil die Leute nicht mehr mit Arbeitsspeicher sparen müssen ;) Da ufern sie dann leicht mal aus *LOL*
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Hallo SpaceMech,
wie navigiert Philae nach der Separation eigentlich mit seinen Drallrädern? Nutzt er eine open-loop-Steuerung oder eine closed-loop-Regelung? Versucht er nur eine bestimmt (Start-)Lage im Raum zu halten, während er fällt ... bis er aufsetzt? Oder hat er ein "Bewusstsein" wo er relativ zu C-G ist, um dann eine jeweils passende, lotrechte Lage einzunehmen und nachzuregeln? Die erste Variante wäre einfach ... die zweite leistungsfähiger/flexibler.
Die Frage kommt u.a. aus der Ansicht des Videos, dass das Ausklappen der Beine zeigt. Das scheint ziemlich ruckartig vonstatten zu gehen und könnte die Lage im Raum ein wenig durcheinanderbringen ...
Wie weit und schnell kann Philae dann zurückregeln?
Wo liegen die Grenzen des Systems?
Werden vor dem Aussetzen aktuelle Navigationsdaten von Rosetta an Philae überspielt, damit er "weiterrechnen" kann?
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Hallo Daniel ,
das Drallrad von Philae (gebaut von Surrey Satellite Techology Ltd) dient als reines Schwungrad, das die Lage von Philae
im Raum stabil halten soll, um sicherzustellen, dass der Lander mit dem Landegestell zur Oberfläche orientiert bleibt
- deshalb auch nur 1 Drallrad. Es wird vor dem Abstossen mit Power vom Orbiter auf Nenndrehzahl gebracht
und dann während des Abstiegs aus der Bordbatterie konstant gehalten (die Reibungsverluste und das
damit verbundene Abbremsen des Drallrads würden sonst wegen der Drehimpulserhaltung den Lander in zunehmende Rotation
versetzen). Die Drehzahlregelung obliegt der Subsystemelektronik und nicht dem zentralen Bordrechner.
Eine Störung beim Abstossen, bei der Landebeinentfaltung oder durch anströmende Komazungen würden
die Kreiselachse des Drallrads und damit den Lander in eine langsame Präzessionsbewegung um die ursprüngliche Drallachse versetzen;
im zeitlichen Mittel bliebe die Orientierung aber erhalten.
Der Lander erhält keine Navigationsdaten vom Orbiter, da er nicht aktiv eingreifen kann.
Es werden vor dem Abtrennen die Sequenzen geladen, die zum gewählten Abstiegsszenario passen:
also zB Freigabe der Landegestellentfaltung TBD sec nach Separation Success Signal; zusätzlicher Beitrag
zur vertikalen Abstiegsgeschwindigkeit durch Betätigen der ADS-Düse für TBD sec nach TBD sec Wartezeit
(Sicherheitsabstand zum Orbiter); Einschalten bestimmter Payload-Elemente während des Abstiegs (Kamera);
Entsichern der Harpunen zum Zeitpunkt TBD, usw.
Gruss HHg
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Da habe ich zu kompliziert gedacht... :)
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„Kompliziert designen kann jeder – die Kunst liegt in der Einfachheit !“
Um bestimmte Auslegungsentscheidungen zu verstehen, hilft ein Blick zurück in die Entstehungsgeschichte der ROSETTA-Mission:
ESA hatte in der Konzeptphase von ROSETTA ziemliche Schwierigkeiten, die Gesamtkosten unter den vorgegebenen Rahmen für Cornerstone-Missionen zu drücken – die Mission wäre sonst nicht genehmigungsfähig gewesen. Man verfiel dann (buchhalterisch ) auf den Trick, den Lander nicht als Teil des Spacecrafts, sondern (als Ganzes) als PI-Experiment auszuschreiben. Damit war ESA die Gesamtkosten für den Lander losgeworden, das PI-Konsortium bekam , wie üblich, ein fest vorgegebenes Budget für Masse, Power und Telemetrie und musste sich um die Finanzierung durch die jeweiligen nationalen Funding Agencies selber kümmern. Was ESA unterschätzt hatte: damit waren die Einflussmöglichkeiten auf innere Designentscheidungen stark beschnitten – sie konnte zwar kontrollieren, ob die vorgegebenen Ziele mit dem aktuellen Design im Rahmen der zugestandenen Ressourcen auch erreicht wurden, und sicherstellen, dass von den Designentscheidungen keine Gefahr für den Rest der Mission ausgehen würde; aber mehr auch nicht ! („Wer zahlt, schafft an !“ – und da ESA in diesem Fall nicht zahlte, saß sie auf der Zuschauertribüne..). Das PI-Konsortium des Landers bestand aus Wissenschaftlern, die ein natürliches Interesse daran hatten, den wissenschaftlichen Nutzen und die wissenschaftliche Payload zu maximieren – selbst in den Spitzen der Harpunen zur Verankerung oder in den Füssen des Landegestells wurden Sensoren untergebracht, die wissenschaftliche Daten liefern würden. Ansonsten wurden alle Anstrengungen unternommen, um möglichst viel der zur Verfügung stehenden Masse für die wissenschaftliche Experimente zu retten – zB wurde, als ein industrieller Kontraktor die notwendige Masse für den Abstoßmechanismus mit 18,6 kg spezifizierte, ein eigenes Konzept entwickelt (und gebaut), das mit 6,5 kg auskam – die Differenz (12 kg) war damit für „science“ gerettet. Ähnlich die Entscheidung, den Lander komplett aus CFK zu bauen, obwohl das das thermomechanische Interface zum Orbiter erheblich komplizierte (daher die Absprengfüsse) . Alles, was nicht der wissenschaftlichen Nutzlast diente, wurde bewusst ressourcensparsam ausgelegt.
So gesehen hat der Lander technisch gesehen ein „no-frills design“.
Gruss HHg
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Hey SpaceMech,
danke für die Ausführungen und Einblicke. Gab es ein ähnliches Konstrukt eine PI-Konsortiums für den Lander nicht damals bei Beagle-2, der mit Mars Express geflogen ist, auch schon?
Beste Grüße
Olli
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Hallo Olli ,
die Strukturen bei Beagle-2 waren doch etwas "informeller" - siehe auch die Darstellung bei B. Leitenberger:
http://www.bernd-leitenberger.de/beagle2.shtml (http://www.bernd-leitenberger.de/beagle2.shtml) .
Der ROSETTA-Lander wurde behandelt wie jedes andere PI-Experiment, mit regelmässigen Design Reviews usw.
Trotzdem wurde ESA die mangelnde Möglichkeit, "Direktiven" von oben durchzusetzen, so unheimlich, dass sie 1998
den Lander durch eine unabhängige NASA-Kommission durchleuchten liess (angeblich hat das die ESA eine halbe Million Dollar gekostet...)
Das Review Board wurde geleitet von L.Kottler vom MIT/Lincoln Lab und bestand aus 18 erfahrenen Experten von MIT, JPL und der Aerospace Corp., die 2 Wochen lang die Beteiligten am MPAE/Lindau, DLR/Köln und ESTEC/Noordwijk "grillten" und abschliessend dem Wissenschaftlichen Direktor der ESA, Roger Bonnet, Bericht erstatteten. Der Bericht fiel positiv für das Lander-Design aus!
In der Folgezeit entspannte sich das Verhältnis zwischen ESA und dem Lander-Konsortium deutlich, nicht zuletzt durch die sehr konstruktive Zusammenarbeit mit dem neuen Lander Interface Manager bei ESTEC , Philippe Kletzkine .
Gruss HHg
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Trotzdem wurde ESA die mangelnde Möglichkeit, "Direktiven" von oben durchzusetzen, so unheimlich, dass...
Wo kämen wir hin, wenn Bürokraten nicht ihren Willen durchsetzen könnten? ::)
Vielen Dank für die detaillierten Informationen. Das alles ist wirklich interessant und zeigt, wie komplex so eine Mission ist.
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Respekt - die Sache nochmal "durchleuchten" zu lassen ist ja auch keine einfache Entscheidung.
Ich wünsche sehr, daß vor Ort dann alles klappt, das würde den vernünftigen Leuten den Rücken stärken - für die nächste Mission :)
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Verständnisfragen:
Was bedeuten die Abkürzungen PI und CFK?
Viele Grüße, Mim
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Verständnisfragen:
Was bedeuten die Abkürzungen PI und CFK?
Viele Grüße, Mim
PI - Principal Investigator, Wissenschaftler in führender Position bei einem Forschungsprojekt
CFK - carbonfaserverstärkter Kunststoff, kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff
Gruß Pirx
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Auf einem offenen ftp Server des MPI für extraterrestrische Physik kann man einen noch ausführlicheren Bericht zu Gasgenerator sowie etliche Videos von Harpunentests und unzählige Fotos von der Entwicklung der Harpunen und auch der Eisschrauben und des Landegestells finden.
ftp://ftp.mpe.mpg.de/pub/thiel/
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Das Bohrgerät auf Philae : SD2 = SDD = Sample Distribution and Drill
Auf dem "Balkon" (= der nicht von Sonnenzellen belegten Seite von Philae) befindet sich ein Bohrgerät, das es Philae erlauben soll, Bodenproben aus bis zu 25 cm Tiefe zu gewinnen und an verschiedene Analyse-Instrumente weiterzugeben. Der eigentliche Bohrer befindet sich in einem schützenden Gehäuse aus CFK (mit weißem Thermalschutzanstrich) und besteht aus einer Kernbohrstange von 12 mm Durchmesser, die das Bohrgut durch außen angebrachte Wendelnuten zur Oberfläche fördert; das hohle Innere birgt die Bohrkerne, die beim Herausziehen auf dem "Balkon" des Landers an ein Probenkarussell übergeben werden. Der Bohrer hat zwei motorische Antriebe: einer dreht den Bohrer, der andere bewirkt den Vorschub. Die Bohrtiefe ist begrenzt durch die fixe Länge des Bohrgestänges und die Notwendigkeit, die Bohrerspitze vom Landerbalkon auf die Oberfläche absenken zu müssen (die Bohrtiefe ist also geringer als die Länge des Bohrgestänges).
Das Probenkarussell hat 26 Positionen, wobei die einzelnen Probenbehälter als kleine elektrisch beheizbare Öfen ausgeführt sind:
10 Mitteltemperatur-Öfen mit seitlichem optischen Saphir-Fenster und 16 Hochtemperatur-Öfen (bis 1100 deg C).
Durch Drehen des Karussells können die Proben vier verschiedenen Stationen angeboten werden: einer Station, die den Füllstand des Ofens ermittelt und ihn nach Abschluß der Untersuchung entleert und reinigt; einer optischen Station, an der durch das seitliche Saphir-Fenster der Inhalt von einer Mikroskopkamera und einem IR-Spektrometer (Bestandteil von CIVA) untersucht werden können, sowie zwei sogenannte Tapping Stations, an denen die Öfen elektrisch kontaktiert (für Heizung und Temperaturmessung) und an ihrer Einfüllöffnung von einer polierten und durchbohrten Hartkeramikkugel gasdicht verschlossen werden können, so dass die bei der Erwärmung der Proben entwickelten gasförmigen Produkte durch feine Edelstahl-Leitungen an die beiden Evolved Gas Analyzer, COSAC und PTOLEMY, weitergereicht werden können.
Hier einige Bilder zur Anordnung der Komponenten :
(https://images.raumfahrer.net/up037124.jpg)
Das Gehäuse des Bohrers
(https://images.raumfahrer.net/up037125.jpg)
Bild vom Bohrer (edit: nachträglich eingefügt):
(https://images.raumfahrer.net/up037126.jpg)
Das Karussell mit den beiden Tapping Stations :
(https://images.raumfahrer.net/up037127.jpg)
Der Bohrer, das Karussell und die Mitteltemperaturöfen wurden in Italien entwickelt und gebaut
(Tecnospazio => Galileo Avionica => SELEX Galileo : diese Firmen fusionieren schneller, als man mithalten kann !) ,
die Hochtemperaturöfen und die Tapping Stations vom Max-Planck-Institut in Lindau.
Die Italiener haben das Bohrgerät inzwischen so weiterentwickelt, dass man die Bohrtiefe durch Ansetzen weiterer Bohrstangenabschnitte deutlich vergrößern kann (müssen natürlich beim Hochziehen jedesmal wieder abgeschraubt werden...). Diese Ausführung soll auf dem Rover von ExoMars mitfliegen.
Gruss HHg
-
Hab mir inzwischen mal die Bilder und Videos vom FTP Server angeschaut. (Manche Videos bringen nur Ton)
Das Schwierigste ist ja gleichzeitig immer, wie man auch hier sieht, Haltevorrichtungen, Meßeinrichtungen, Teststände etc. zu bauen, wo man hinreichend genau simulieren kann, was kommen könnte. Da steckt ein nicht unbeträchtiger Arbeits- und Geldanteil drin, denk ich.
Aber das ist ja allgemein so in der Raumfahrt und wird wahrscheinlich oft nicht "mitgerechnet".
Die Harpunen sind ja schon 2001 getestet worden und haben im Prinzip das gleiche Aussehen wie jetzt. Wird spannend (und hoffentlich klappen), weil der "Boden" da ja von hart bis Matsch alles sein kann.
Interessante "Werkzeuge" habe ich auch gesehen ::)
Und zarten Umgang mit Präzisionsteilen ;)
Der rechteckige Behälter unter der Aufwickelvorrichtung - ist das der Seilvorratsbehälter? Wo das Seil in losen Schlaufen liegt? Denn beim Schuß von der Rolle abwickeln geht ja wohl nicht...
-
hi
weiß nicht obs schon erklärt wurde und ich nur überlesen habe, dennoch stell ich die Frage mal:
Wird man wärend der Landung von Philae dauerhaft Telemetrie haben (natürlich über Rosetta), für den Fall das was schief geht, weiß man dann also warum oder wird man im dunklen tappen weil keine Telemetrie?
mfg
Chris
-
Harpunen :
Hab mir inzwischen mal die Bilder und Videos vom FTP Server angeschaut.
......
Der rechteckige Behälter unter der Aufwickelvorrichtung - ist das der Seilvorratsbehälter? Wo das Seil in losen Schlaufen liegt? Denn beim Schuß von der Rolle abwickeln geht ja wohl nicht...
Ja , dort sind 2 Seilvorratsbehälter : einer für das Harpunenseil (in Form von "Achten" gelegt, um Drall zu vermeiden), der andere für das Kompensationsseil, das man braucht, um Schleifringkontakte für die Übertragung der Signale von Accelerometer und Temperatursensor in der Harpunenspitze zu vermeiden. Beide Seile werden gleichzeitig aufgewickelt.
Genaue Beschreibung in :http://www.esmats.eu/esmatspapers/pastpapers/pdfs/2003/thiel.pdf (http://www.esmats.eu/esmatspapers/pastpapers/pdfs/2003/thiel.pdf)
Gruss HHg
-
hi
......
Wird man wärend der Landung von Philae dauerhaft Telemetrie haben (natürlich über Rosetta), für den Fall das was schief geht, weiß man dann also warum oder wird man im dunklen tappen weil keine Telemetrie?
mfg
Chris
Ja, man wird während des Abstiegs und der Landung eine Verbindung über RxTx zum Orbiter haben.
(Eingreifen kann man aber vom Boden wegen der Signallaufzeit von 2 x 45 Minuten nicht !)
Ausserdem wird der Orbiter unmittelbar nach dem Absetzen des Landers ein Attitude-Manöver durchführen,
das den Lander ins Blickfeld der OSIRIS-Kameras und der beiden NavCams bringt - so kann man zB das Ausklappen des Landegestell usw beobachten. Es sollte so ausreichend Diagnosemöglichkeiten geben, anders als bei Beagle-2 (2003) oder Mars Polar Lander (1999)...
Gruss HHg
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Aha dacht ich mirs doch. Das Ganze sieht recht zuverlässig aus. Das schwächste Glied werden allenfalls die Seile sein, glaub ich. Jahre im Kalten und unter Strahlung und dann mit 'nem Plautz raus wie Jack in the Box. Naja die Daumen werden im Mai gedrückt sein....
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Ausserdem wird der Orbiter unmittelbar nach dem Absetzen des Landers ein Attitude-Manöver durchführen,
das den Lander ins Blickfeld der OSIRIS-Kameras und der beiden NavCams bringt - so kann man zB das Ausklappen des Landegestell usw beobachten. Es sollte so ausreichend Diagnosemöglichkeiten geben, anders als bei Beagle-2 (2003) oder Mars Polar Lander (1999)...
Gruss HHg
Das möchte ich noch mal etwas genauer ausführen :
Nehmen wir mal an, der ROSETTA Orbiter fliegt eine Absetz-Bahn mit einer Orbitalgeschwindigkeit, die ungefähr der maximalen MSS-Abstoßgeschwindigkeit entspricht, also etwa 0,55 m/s, und setzt den Lander 1 km über der Oberfläche von C-G aus.
Die angestrebte Abstiegszeit ist 1 h.
Der Lander sinkt dann mit einer Geschwindigkeit von 0,28 m/s. Wenn er nach 1 h auf der Oberfläche ankommt,
hat sich der Orbiter sich um 0,55 m/s x 3600 s = 2 km vom Absetzort entfernt, der Abstand zum Landeort ist dann etwa 2,24 km.
Was können die Kameras aus dieser Entfernung erfassen ?
Die NAC (Narrow Angle Camera) von OSIRIS hat ein IFOV (instantaneous field of view) von 18,6 µrad/pixel,
die Auflösung in 2,24 km Abstand beträgt also 4,2 cm pro Pixel (der Detektor hat 2 k x 2 k Pixel, also ein Gesichtsfeld
von 85 m x 85 m in diesem Abstand).
Die WAC (Wide Angle Camera) hat ein IFOV von 101 µrad/pixel, die Auflösung in 2,24 km ist dann 22,6 cm pro Pixel,
das Gesichtfeld ist 460 m x 460 m.
Die Kombination beider Kameras sollten also gute Informationen über die Situation am Landeort liefern.
Nach Weltraummaßstäben sind dies „Nahaufnahmen“ – sind die Bilder überhaupt scharf ? Die Kameras lassen sich ja nicht nachfokussieren.
Wenn man mit den Parametern der beiden optischen Systeme die hyperfokale Entfernung und den Nahpunkt
(=die Entfernung, ab der die Größe des Zerstreuungscheibchens kleiner wird als die Pixelgröße) ausrechnet, dann sieht man,
dass die WAC ab einer Entfernung von 230 m alles scharf sieht, die NAC ab einer Entfernung von 1400 m.
Passt alles ganz gut !
Gruss HHg
-
Das Landegestell von Philae
Ist dreibeinig, mit jeweils einem Fuß am Ende. Die drei Landebeine bestehen aus einem Fachwerk aus CFK-Rohren; die „Unterschenkel“ und die Füße sind klappbar – für den Start und den Flug zu C-G sind sie eng an die Lander-Struktur angelegt und verriegelt. Erst nach dem Abstoßen vom ROSETTA-Orbiter werden sie entriegelt und ausgefahren.
(https://images.raumfahrer.net/up037236.jpg)
Der Mittelpunkt des Landegestell ist mit einem verriegelbaren Kardangelenk an einer Zentralsäule befestigt, die in einem zylindrischen Gehäuse im Inneren des Landers untergebracht ist. Diese Zentralsäule kann motorisch mittels eines Kugelgewindetriebs ausgefahren und eingezogen werden. Bei der Landung ist das Landegestell voll ausgefahren; der Kugelgewindeantrieb ist so ausgelegt, dass er nicht selbsthemmend ist:
beim Aufsetzen treibt die kinetische Energie des Landers den Antrieb rückwärts an; der Antriebsmotor wird dabei als Generator betrieben, der extern so beschaltet ist, dass er optimal bedämpft wird und möglichst viel Energie in Wärme umgewandelt wird.
Die Reibkuppelungen im zentralen Kardangelenk sind zunächst „locker“ gestellt, damit das Landegestell sich auf unebenes oder geneigtes Gelände einstellen kann. Sobald alle drei Füße Bodenkontakt haben, ziehen die beiden Reibkuppelungen an und verbinden den Lander starr mit seinem Landegestell (damit er beim Landestoß nicht einfach umkippt).
(https://images.raumfahrer.net/up037237.jpg)
(Bild: DLR)
Die Füße besitzen jeweils zwei gekoppelte „Sohlen“ aus GFK und eine Eisschraube aus Aluminium, die axial beweglich und über ein Seilzug-Differential so miteinander verbunden sind, dass die Fußsohlen sich differentiell auf Unebenheiten/Neigung einstellen können (wenn eine Sohle einfährt , fährt die andere aus); sobald beide Bodenkontakt haben und einfahren, dreht ihre gemeinsame Bewegung die Eisschraube in den Boden (Drehung und Vorschub). Die GFK-Sohlen der Füße enthalten Sensoren zur elektrischen und seismischen Erkundung des Kometenmaterials.
(https://images.raumfahrer.net/up037238.jpg)
Die Funktion und das Verhalten des Landegestells wurde in umfänglichen Testprogrammen auf verschiedensten simulierten Kometenmaterialien untersucht und charakterisiert, wobei die Hauptschwierigkeit darin besteht, dass Trägheitskräfte am Kometen in voller Größe wirken, Gewichtskräfte aber nur schwach (der Lander „wiegt“ am Kometen nur einige Gramm)
Das ist in einer 1g-Umgebung nur schwer zu simulieren, wie man sieht :
(https://images.raumfahrer.net/up037239.jpg)
(Bild: DLR)
Ergänzung : unter Beitrag 26 in diesem thread gibt es ein Link auf das ESA-Video zur Landebein-Entfaltung und Landung !
Gruss HHg
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Das ist in einer 1g-Umgebung nur schwer zu simulieren, wie man sieht
Ja, diese dumme Diskrepanz zwischen Masse und Gewicht ;)
Nun ja , was hilfts...
Ich denk mal, wenn man bei Tests die jeweilige Gravitation anpassen könnte, würde manches Gerät funktionieren, was nun nur rumsteht oder fliegt.
Aber wenn wir die Gravitation beherschen würden, wäre wiederum alles in der Raumfahrt "ganz anders".
Clever find ich ja, ein bissel Zusatzwärme zu erzeugen mittels Generatormodus.
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Clever find ich ja, ein bissel Zusatzwärme zu erzeugen mittels Generatormodus.
Hmm - das soll eigentlich nicht dazu dienen, dem Lander bloss die Füße zu wärmen ;) -
Der Landestoß soll so inelastisch wie möglich werden (also die kinetische Energie des Landers nicht nur in potentielle Feder-Energie des (elastischen) Landegestells und danach wieder in eine Abflugbewegung des Landers umgewandelt werden).
Es geht darum, diese Energie möglichst "unschädlich" zu machen !
Gruss HHg
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ein Kuka... wo man sie nicht überall sieht :D
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ein Kuka... wo man sie nicht überall sieht :D
Gemeint ist der Industrieroboter von KUKA Roboter aus dem letzten Bild im letzten Bilder-Posting von SpaceMech.
Gruß Pirx
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Der Landestoß soll so inelastisch wie möglich werden (also die kinetische Energie des Landers nicht nur in potentielle Feder-Energie des (elastischen) Landegestells und danach wieder in eine Abflugbewegung des Landers umgewandelt werden).
Es geht darum, diese Energie möglichst "unschädlich" zu machen !
Das ist schon klar, der Generatormodus wird ja auch anderweitig ähnlich genutzt.
Und wo ist der 3m Ausleger mit Kamera, der die Landung von der Seite filmt ? ;) ;D
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Philae und die speziellen Probleme von Langzeit-Missionen
Bei Missionen, die erst jahrelang unterwegs sind, bevor sie aktiv werden können, wie zB ROSETTA (Start 2004 – Ankunft 2014 ),
DAWN (Start 2007, Ankunft Ceres 2015 ), CASSINI –Huygens (Start 1997, Ankunft 2005 ), NewHorizons (Start 2006, Ankunft 2015) stellen sich besondere technische Probleme
- einmal natürlich die reine Dauer der Flugzeit, die zu Verschleißeffekten führen kann (notorisch: Drallräder !), aber auch zu anderen Langzeiteffekten, zB Whisker-Bildung an Lötstellen
Technische Maßnahmen: regelmäßiges, aber sparsames Bewegen von Mechanismen
(ist aber zB bei Abstoßmechanismus und Landegestellentfaltung nicht möglich ;-) )
Whisker-Bildung: mechanische Dauerbeanspruchung von Lötzinn vermeiden durch Zugentlastung von Pigtails, Steckverbindern etc; mechanische Befestigungspunkte von Platinen zinnfrei halten, statt dessen galvanisch vergolden (mit Nickel-Chrom-Sperrschicht zum Kupfer).
Bestückte Platinen mit Schutzüberzug zB PARYLENE C.
Whisker können mehrere cm lang wachsen und Kurzschlüsse verursachen –
Letzter bekannt gewordener Fall: Teilchenexperiment auf CASSINI
http://www.sciencedaily.com/releases/2012/06/120606210618.htm (http://www.sciencedaily.com/releases/2012/06/120606210618.htm)
- die Ansammlung von Strahlenschäden durch energiereicher Teilchen; betroffen sind in erster Linie elektronische Bauteile,
aber auch optische Gläser (Bildung von Farbzentren, „browning“)
Technische Maßnahmen: strahlungstolerante Bauteile verwenden; spot shielding empfindlicher Bauteile wie CCDs oder Speicherchips mit high-Z-Materialien (Tantal, Wolfram, Blei);
bei optischen Gläsern: strahlungsunempfindliche Varianten wählen (Cer-dotierte Gläser; Quarz)
- die Wirkung des dauernden Ultrahochvakuums des Raums, das zu ultrareinen Metalloberflächen führt, die dann zu sogenanntem Kaltverschweißen neigen (tödlich für Mechanismen) – die sich berührenden Metalloberflächen diffundieren ineinander.
Beispiel: High-Gain-Antenne von GALILEO 1991, ließ sich nicht mehr entfalten (siehe Wikipedia-Eintrag).
Technische Maßnahmen: Metall-Metall-Kontakte bei bewegten Teilen möglichst vermeiden,
Verwendung selbstschmierender Kunststoffe (VESPEL SP3; PEEK; DYNEEMA-Seilzüge);
Kugellager in Keramik-Hybridausführung (Kugeln aus Siliziumnitrid Si3N4) u.ä.
Ein etwas anders geartetes Problem bei solchen Langzeitmissionen ist die „Haltbarkeit“ der Teams am Boden : wenn man zB die Liste der ROSETTA-Pi’s 1996 und 2014 vergleicht, findet man kaum noch die ursprünglichen Namen: manche sind inzwischen verstorben, wie zB Angioletta Coradini , PI von VIRTIS (gest. Sept 2011), andere sind auf Grund von gesundheitlichen oder arbeitsrechtlichen Problemen (Altersgrenze) ausgeschieden und ersetzt worden – wobei die Probleme der Kontinuität und des „knowledge transfers“ oft ungelöst bleiben ...
Gruss HHg
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Ja, von allen diesen neckischen Störquellen muß man im (Klein)Flugzeugbau auch Kenntnis haben, aber braucht gottseidank nur mit wenigen davon kämpfen ;D . Während man z.B. vor Spallation ziemlich sicher ist, hab ich Whisker allerdings vor Jahren auch schon mal bei eingelagerten Teilen "bewundern" dürfen.
wobei die Probleme der Kontinuität und des „knowledge transfers“ oft ungelöst bleiben
Wo mir irgendwie das Verständnis fehlt, ist das Verloren gehen von Kenntnissen in einer Missionsdauer.
Wo hunderte Millionen reingesteckt werden, sollten doch 2 oder 3 für die Organisation von Speicherung in vermittlungsfähiger Form, Weitergabe, Lehrgängen, Übergabemanagement drin sein ? Und Personal, was dazukommt, kriegt sein Geld doch u.a. dafür, daß es auf dem nötigen Stand der Kenntnisse ist bzw. auch selbst daran interessiert ist, denke ich. Überall gibts Abmahnungen, wenn man seiner (Weiter)Bildungspflicht nicht nachkommt, in der Raumfahrt nicht?
Bei den Amis ist ja alles ein bissel größer und verteilter in dem "Riesenladen", da versteh ich das zur Hälfte. Aber in Deutschland? Da bin ich aber doch sehr verwundert....
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wobei die Probleme der Kontinuität und des „knowledge transfers“ oft ungelöst bleiben
Wo mir irgendwie das Verständnis fehlt, ist das Verloren gehen von Kenntnissen in einer Missionsdauer.
Wo hunderte Millionen reingesteckt werden, sollten doch 2 oder 3 für die Organisation von Speicherung in vermittlungsfähiger Form, Weitergabe, Lehrgängen, Übergabemanagement drin sein ?
Leichter gesagt als getan - es gibt zwar von CNES in Toulouse ein Team (COROLLE) , das sich mit der Langzeitsicherung der Informationen und des Projektwissens bei ROSETTA gewidmet hat (zB sollte man bei denen seine gesammelten E-Mails aus der Projektzeit abliefern ...), aber - wer entscheidet, was aufhebenswert ist und was nicht ? Was ist mit dem Wissen, das nirgendwo schriftlich niedergelegt ist ? - Einen interessanten Artikel dazu, speziell aus dem Raumfahrtbereich, gibt es unter :
http://www.zeit.de/2012/19/PS-Erfahrung-Technik (http://www.zeit.de/2012/19/PS-Erfahrung-Technik)
Gruss HHg
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Ja, das ist freilich ein Aspekt - der Erfahrungsschatz.
Leider ist es ein Trend der Zeit in manchen Betrieben, die Leute auseinanderzudividieren. Zum Übergabemanagement gehört also im Gegenteil, ein Betriebsklima zu schaffen, wo ein Nachfolger ohne Scheu fragen kann und vom Erfahrenen Kollegen gern und freiwillig in die "Tricks und Kniffe" eingewiesen wird. Ohne daß der Ältere Angst haben muß vor "jetzt überflüssig".
Der Artikel ist sehr gut. Irgendwie erkenn ich mich da wieder, wenn auch auf wesentlich bescheidenerem Level. Und so ist man auch als alter Knabe immer wieder mal im Laden.
Besonders hübsch : "Hier schraub mal". Oh ja.....
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Eben den Artikel Gelesen und kann dem nur zu 100% zustimmen. :)
Spiegelt die eigene Erfahrung wieder die ich bis jetzt gemacht habe und in der eigenen Familie beobachtet habe.
MfG Collins
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Philae : die Dynamik beim Abstoß
Beim Abstoßen des Landers zwecks Landung auf C-G muss man einige Nebeneffekte beachten:
Beim Abstoßen des Landers wirkt auch ein Rückstoß auf den Orbiter und erteilt ihm einen Geschwindigkeitsbeitrag in entgegengesetzter Richtung.
Der Lander wiegt etwa 100 kg, der Orbiter „trocken“ etwa 1230 kg. Wenn man annimmt, dass von den Treibstoffvorräten beim Start (1670 kg) im November 2014 noch etwa die Hälfte übrig sein wird, kommt man auf etwa 2000 kg für die Masse des Orbiters.
Beim Abstoßen des Landers mit zB 0,50 m/s erhält der Orbiter per Impulserhaltung eine zusätzliche Geschwindigkeit von (1/20), also 0,025 m/s; von der kommandierten Relativgeschwindigkeit (0,50 m/s) bleiben dem Lander im Schwerpunktsystem also nur 0,475 m/s .
Die Abweichung ist 5 % - und damit fünfmal größer als die zulässige Toleranz.
Man darf das also nicht vernachlässigen. Auch die Auswirkung dieser zusätzlichen Geschwindigkeitskomponente auf die weitere Bahn des Orbiters muss berücksichtigt werden.
Die Rückwirkung des Abstoßens auf den Orbiter wird zusätzlich dazu führen, dass der Orbiter mit seinen weit ausgestreckten Solar Arrays zu einer Biegeschwingung angeregt wird. Die Eigenfrequenz dieser Biegeschwingung ist aber so niedrig, dass der Lander die Spindeln des MSS bereits verlassen hat, bevor sich das bemerkbar macht.
Weiterhin ist es wichtig, dass der Kraftvektor beim Abstoßen durch den Schwerpunkt des Orbiters geht – andernfalls würde der Rückstoß ein Drehmoment auf den Orbiter ausüben und ihn zum Abdrehen bringen. Durch den hohen Anteil an flüssigem Treibstoff an der Gesamtmasse ist es sehr wichtig, dass man die Verteilung des Treibstoffs in den verschiedenen Tanks (Schwerelosigkeit !) so managt, das der tatsächliche Schwerpunkt dort liegt, wo man ihn beim Design des Orbiters angenommen hat. Das Lander Interface Panel hat eine Neigung von 2,5 Grad zur Hauptachse des Orbiters, damit die Abstoßrichtung (senkrecht zum Panel) auch durch den nominellen Orbiter-Schwerpunkt geht.
Das für das Abstoßen zuständige MSS besitzt einen optischen Referenz-Spiegelwürfel, relativ zu dem die Richtung des Abstoßvektors sehr genau vermessen wurde. Nach der Integration von Lander und Orbiter wurde dieser Spiegelwürfel wiederum relativ zum Orbiter Master Reference Mirror Cube vermessen, so dass der Abstoßvektor im Koordinatensytem des Orbiters sehr genau bekannt ist.
Einbautoleranzen etc spielen so keine Rolle mehr.
Gruss HHg
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Also wenn ich die technischen Details der letzten Beiträge mal so für mich zusammenfasse - der Aufwand in Hinsicht Bauteile/Material/Gewicht/Kompensation von Beeinflussungen etc. ist doch so groß - wäre ein winzig-kleines Druckgastriebwerk für Philae nicht einfacher gewesen? (Man muß ja nicht den Orbiter anblasen)
Was da an Gewicht bei Philae dazukommt, wäre vlt. bei der Bodentechnik einzusparen gewesen, weil man ja dann eine Möglichkeit hätte, den Lander gezielt am Boden zu halten, bis er verankert ist. Wenn das bei Bodenkontakt mit einer ganz kleinen Verzögerung einschaltet, würde es vlt auch nicht ersten Messungen stören.
Die "Anfluggeschwindigkeit" kann man natürlich nicht in Bezug auf die Oberfläche messen. Aber eine Bezugsfläche am Orbiter sollte doch für die ersten 5...10 Meter ermöglichen, die Geschwindigkeit zu messen und einzustellen. Also was jetzt mit den Spindeln geschieht.
Sicher hab ich was übersehen ?
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Sicher hab ich was übersehen ?
Hallo McFire,
in diesem Falle ja... namentlich die schlichte Tatsache, dass es genau so ein Triebwerk gibt ;)
@SpaceMech: Tolle Beiträge von Dir, die ich mit viel Freude verfolge. Vielen Dank dafür!
Gruß
Excalibur
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Stimmt das Triebwerkchen gibts, hatte ich nicht mehr dran gedacht. Bei der Beschreibung der vielen Probleme, oder besser, zu bedenkenden Aspekte (Abstoß, Bahnbeeinflussung etc) kam ich dann auf meine Fragen. Zum Beispiel eben auch warum es nicht auch für den "Abflug" genutzt wurde. Sparte ja 6,5 kg. Freilich - bringt etliche Gramm für Magnetventile o.ä. dazu beim Lander...
Ansonsten muß ich gleichfalls mal Danke sagen für die Beiträge aus erster Hand. Aber als Techniker will man ja was dazulernen, daher die extra Fragen.
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Es gab bei der Konzeptentwicklung für die S-D-L-Phase (Separation-Descent-Landing) von Philae anfangs auch mal die Überlegung, das Ganze von kleinen Lageregelungsdüsen erledigen zu lassen, wie ein kleines 3-Achsen-stabilisiertes Spacecraft. Wenn man zusammenzählt, was man dafür so braucht, ist man ruck-zuck bei 24 kleinen Triebwerken (wie der Orbiter sie auch hat !): 4 pro Raumrichtung zum Schieben (und auch 4 in Gegenrichtung zum Bremsen !). Zur Regelung bräuchte man dazu eine ACU (attitude control unit) mit 3 Ringlasergyros plus Beschleunigungsaufnehmern mit Integratoren für Ort und Lage. 1 h Abstiegsbetrieb wäre mit einem reinen Kaltgassystem mit Druckspeicher nicht mehr zu machen, man bräuchte mono-propellant Hydrazindüsen, die den Treibstoff katalytisch zersetzen. Das Ganze dann noch mit den notwendigen Redundanzen versehen:
doppelte Ventile für die Treibstoffversorgung etc – das wird sehr schnell ganz schön aufwendig, so dass eine Kombination von 3-Spindel-Mechanismus und einer kleinen Kaltgasdüse für wenige Sekunden Abwärts-Schub vom Aufwand her durchaus konkurrenzfähig ist. Das Schöne an den Spindeln ist ja, dass sie sowohl schieben als auch bremsen können, also sich gut regeln lassen; die drei Muttern auf den Spindeln definieren eine Fläche im Raum, die stabil und exakt parallel verschoben wird – das ergibt eine sehr gute Richtungsstabilität.
Gruss HHg
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Naja , wenn das (notwendigerweise) so ausufert, ist es freilich zu viel. Na, nun ist er bald da, und wir drücken einfach alle verfügbaren Daumen :)
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Philae : Launch Locks und Cruise Latch
Der Lander mit seiner Masse von 100 kg ist –belastungsmäßig ungünstig- weit außen am Orbiter befestigt. Da er als PI-Experiment betrachtet wird, muss er die dementsprechenden Eigenfrequenzanforderungen erfüllen (> 75 Hz). Damit schied eine isostatische Befestigung aus; der Lander musste zum Abfangen der Startbelastung an seinen vier Ecken fest mit dem Orbiter verbunden werden. Da die Struktur des Landers vollständig aus CFK besteht, der Orbiter aber aus Aluminium, ergibt sich ein großer Unterschied beim thermischen Ausdehnungskoeffizienten – die thermoelastischen Finite-Elemente-Berechnungen ergaben für den non-op Temperaturbereich Scherkräfte von bis zu 6 Tonnen zwischen Lander und Orbiter ! Deshalb muss die Startverriegelung, bestehend aus 4 Titanschrauben M8 an den vier Ecken der „Balkonseite“ der Landerstruktur, nach dem Start, aber vor dem Abkühlen der Orbiterstruktur gelöst werden können. Dazu dienen die sogenannten Separation Feet, auf denen der Lander steht und in die die Interface-Schrauben eingedreht sind.
(https://images.raumfahrer.net/up037123.jpg)
Lander Interface Panel mit Separation Feet und MSS
(https://images.raumfahrer.net/up037274.jpg)
Philae Separation Foot
(https://images.raumfahrer.net/up037275.jpg)
NEA electronics SSD 9102B Absprengmuttern
Das Muttergewinde für die Interfaceschrauben besteht aus einer speziell geformten Gewindehülse, die formschlüssig zwischen zwei zylindrischen Halbschalen eingespannt ist. Diese Halbschalen werden von einer stramm gewickelten Wendelfeder auf ihrer zylindrischen Außenfläche zusammen gehalten; die Enden dieser Wendelfeder werden von einem Schmelzdraht fixiert, der elektrisch von der Orbiter Pyro Firing Box zum Schmelzen gebracht werden kann. Die sich entspannende Wendelfeder vergrößert ihren Durchmesser, die Halbschalen trennen sich radial, und die Gewindehülse wird freigegeben (und kann später beim Abstoßen axial herausgezogen werden !).
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Philae Befestigungsschraube mit NEA-Gewindehülse nach einem Abstoß-Test bei ESTEC
Diese Separation Nuts sind raumfahrt-qualifiziert kommerziell erhältlich, in diesem Fall von der Firma NEA Electronics in den USA, werden als „split spool devices (SSD)“ bezeichnet und haben folgende Vorteile:
sie enthalten, anders als Pyros, keinen Sprengstoff und machen daher weniger Ärger bei Handhabung und Transport (Sicherheitsvorschriften); da die Feder eine gewisse Zeit für die Entspannung braucht, ist die Freigabe der Vorspannung der Schraubverbindung nicht instantan und ruckartig, sondern „weich“ (low shock devices). Was den Zündstrom und seine Dauer angeht, sind sie 100% kompatibel zu den ansonsten bei Rosetta verwendeten Pyros und können ohne Probleme von der gleichen Elektronik bedient werden.
Wenn nun der Lander nicht mehr hart am Orbiter angeschraubt ist, muss er anderweitig gehalten werden, und zwar so, dass das unterschiedliche Wärmeausdehnungsverhalten toleriert wird. Dazu dient das sogenannte Cruise Latch, das den Lander während der Dauer der Cruise Phase festhält. Es besteht aus drei Titanklauen, die am MSS an der Wurzel der mittigen Dreikantstange auf einem gemeinsamen Ring angeordnet sind und in die Nut Plate einhaken. Der Ring mit den Klauen ist in Abstoßrichtung federnd gelagert, mit einem Federweg von 1 mm – so viel kann der Lander sich also bewegen. Diese Halteklauen können per Kommando mittels eines High-Output Paraffin Actuators (IH 5055 von STARSYS) gelöst werden; sie klappen dann nach innen.
Titanklauen des Cruise Latch
(https://images.raumfahrer.net/up037277.jpg)
Der hermetische Aktuator funktioniert so: beim elektrischen Erwärmen auf ca 70 Grad C geht die Paraffin-Füllung vom festen in den flüssigen Zustand über und vergrößert dabei ihr Volumen erheblich. Diese Volumenzunahme übt Druck auf einen Stößel aus, der die mechanische Funktion auslöst (in diesem Fall als Pin Pusher). Vorteile: einfache Ansteuerung (2 redundante Heizer); große Kraft; relativ großer Hub; einfach rücksetzbar (einfach abkühlen lassen),
Dieses Cruise Latch wird kurz vor dem eigentlichen Abstoßvorgang geöffnet; die Antriebsmotoren der Spindeln werden vorher bei umgepolter Ansteuerung mit etwa 10% des Nennstroms versorgt und halten dadurch den Lander fest. Für den Abstoßvorgang kehrt die Ansteuerung die Drehrichtung wieder um und erhöht auf den Nennstrom.
Die vier Separation Nuts wurden noch am Tag des Starts von ROSETTA von ESOC/Darmstadt aus gezündet, nach dem Einschuss auf die interplanetare Bahn und dem Entfalten der Solarpaneele. Als Verfikation wurde einmal der zeitliche Verlauf des Zündstroms aufgezeichnet; zum anderen wurde die Zündsequenz unmittelbar danach wiederholt; die Stromaufzeichnung zeigte nun nur noch den Reststrom durch die parallel geschalteten Schutzwiderstände – damit war gezeigt, dass die Schmelzdrähte nicht mehr vorhanden waren.
Gruss HHg
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Die Umbilical-Verbindung zwischen Orbiter und Philae :
Während des gesamten interplanetaren Fluges von ROSETTA, bis zum Moment des Abstoßens, muss es eine zuverlässige, aber leicht lösbare elektrische Verbindung zwischen Orbiter und Lander geben, die eine elektrische Versorgung und den Datenaustausch ermöglichen. Auch wenn der Lander ausgeschaltet ist, müssen über diese Verbindung die keep-alive-Heater und die dazugehörigen Thermistoren versorgt bzw ausgelesen werden können.
Die üblichen vakuum- bzw weltraumtauglichen Steckverbinder (DEUTSCH; ITT-CANNON Sub-D etc) mit dem Kontaktsystem „Stift-Buchse“ ("pin-socket“) sind ziemlich schwergängig (hohe Steckkräfte) und neigen unter Weltraumbedingungen zum Kaltverschweißen der hartvergoldeten Oberflächen der Kontakte. Das erschwert eine genaue Abschätzung der zur Trennung erforderlichen Kräfte. Um solche Probleme zu umgehen, wurde für Philae eine neuartige „Nullkraft“-Verbindung entwickelt und qualifiziert .
Dabei stehen sich zwei identische Rundsteckerkörper vom Typ ITT-Cannon KJ in Ausführung Buchse gegenüber. Die Buchsen des Orbiter-seitigen Rundsteckers sind mit pilzförmigen Einsätzen aus Platin bestückt, deren Stirnfläche konkav mit einem Krümmungsradius von 10 mm geformt ist. Die Buchsen des Lander-seitigen Rundsteckers sind mit federnden Kontaktstiften („test pins“) bestückt, deren Köpfe konvex mit einem Krümmungsradius von 5 mm geformt sind. Die Oberfläche der Testpins ist hartvergoldet. Die Materialpaarung „Hartgold vs Platin“ soll ein Kaltverschweißen verhindern
Die Kontaktstifte haben einen axialen Federweg von 2,5 mm und sind im nominellen Zustand um 2 mm zusammengedrückt. Das Cruise Latch (siehe voriger Beitrag) hat einen Federweg von nur 1 mm, so dass auch im Extremfall immer noch ein Kontaktdruck vorhanden ist. Der Lander-seitige Steckerkörper bekam einen Führungskragen mit drei Nuten, in denen die Verriegelungsnocken des Gegensteckers axial geführt werden, so dass eine Ausrichtung der Kontakte der beiden Stecker gewährleistet ist (keine Fehlkontakte, keine Kurzschlüsse).
(https://images.raumfahrer.net/up037270.jpg)
(https://images.raumfahrer.net/up037271.jpg)
Lander-seitiger Rundstecker, bestückt mit federnden Stiften, Führungskragen und Schutzklappe
(darunter ist die Emergency Eject Wellfeder zu sehen)
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Orbiter-seitiger Rundstecker mit Kontaktpilzen (EM - hier aus Kostengründen noch aus Kupfer statt aus Platin...)
(https://images.raumfahrer.net/up037273.jpg)
MSS FM nach einem Abstoßtest; rechts mit blauem Ring Orbiter-seitiger Rundstecker mit geschlossener Schutzklappe
Nach dem Abtrennen des Landers liegen die Kontakte des Lander-seitigen und des Orbiter-seitigen Steckers offen und ungeschützt; um Kurzschlüsse durch Metallpartikel oder Fitzelchen von metallisierter Mylarfolie (MLI) zu verhindern, besitzen beide Seiten federnde Schutzdeckel, die sich sofort nach der Abtrennung über den Steckerkörpern schließen und die offenen Kontakte schützen.
Alle elektrischen Verbindungen in diesem Umbilical sind pin- und line-redundant ausgeführt, also doppelt vorhanden.
Gruss HHg
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Ein Leckerbissen für den Elektroniker :) Na das sollte doch funktionieren !
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Hallo Space Mech,
vielen, vielen Dank für die ausführlichen Infos zur Technik vom Lander.
Ich habe eine Frage zu den vielen Bildern. An einigen Stellen sehen die Bauteile aus, als ob es massive Aluminium-Platten, Guss- oder Frästeile sind. Speziell die Grundplatte, auf die die Spindeln, Halterungen und elektrischen Verbindungen befestigt sind sieht aus, als ob sie ein stattliches Gewicht hätte.
Ist das die eigentliche Flughardware oder sind das "nur" Testaufbauten und Ingenierusmodelle, mit denen die Konzepte hier auf der Erde getestet wurden?
Sattelitentechnik stelle ich mir eigentlich etwas filigraner vor bei den astronomischen Preisen für Masse im Orbit.
Gruß
EJGW
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Hallo EJGW ,
die Bauteile, die Du erwähnst, sind zum großen Teil nicht massiv, sonden von der Rückseite her ausgefräst -
nach außen hat man aber lieber glatte Flächen (aus Sauberkeitsgründen). Wo es geht, wurde Gewicht eingespart; zB hat das gesamte Gehäuse des MSS, das innerhalb des Lander Interface Panels liegt, eine effektive Wandstärke von 0,5 mm. Man darf bei aller Gewichtseinsparung allerdings nicht aus den Augen verlieren, dass man bei solchen interplanetaren Langzeitmissionen auch den Aspekt der Strahlenbelastung nicht vernachlässigen darf - da werden schon mal x mm Aluminium-Wandstärke gefordert, wo ein Leichtbauer mit deutlich weniger ausgekommen wäre.
Bei den Kameras auf DAWN war zB für die Sensorelektronik gefordert: effektiv 4 mm Alu über den gesamten 4-Pi-Raumwinkel - da kann man dann nur noch tüfteln: wie viel davon liefert in einer bestimmten Richtung das Spacecraft Panel oder der Tank oder die Glasfilter im Filterrad usw - aber richtiger Leichtbau ist das dann nicht mehr... Um aber auch nach 8 Jahren ein funktionierendes Instrument bei 3 AU zu haben, ist das notwendig.
Gruss HHg
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Ergänzung zum Thema Harpunen
Sicherheit:
Für diejenigen, die am Lander arbeiten mussten, war es keine angenehme Vorstellung, dass dabei zwei geladene sehr spitze Harpunen auf sie gerichtet waren, die im Ernstfall mit bis zu 90 Metern in der Sekunde losgehen würden. Aus Sicherheitsgründen gab es daher im Versorgungskabel für die Harpunen einen Sicherheitsstecker: während der Aktivitäten am Boden war dort die Ausführung „Safe“ gesteckt, die die Leitungen für den Zündstrom unterbrach und statt dessen mit Schutzwiderständen abschloss; zum spätest möglichen Zeitpunkt wurde dieser ausgetauscht gegen die Ausführung „Flight“, bei der die Zündstromleitungen durchgeschleift waren. Zum Zeitpunkt dieses Austauschs war ROSETTA bereits in Kourou auf der ARIANE 5G montiert und die Nutzlastverkleidung installiert; Zugang gab es nur über zwei sogenannte „Late Access Hatches“. Auf dem ESA-Foto kann man sehen, wie die Raumfahrt-Ingenieurin Ulrike Ragnit vom Philae-Team auf einem Ausleger liegend ins Innere der Nutzlastverkleidung geschoben wird, um dort den Flugstecker für die Harpunen zu installieren. In der oberen Luke sieht man links einen Teil eines hochgeklappten Landebeins von Philae.
(https://images.raumfahrer.net/up037297.jpg)
[Bild: ESA]
Hier noch ein Bild von ROSETTA auf der ARIANE 5, ohne Nutzlastverkleidung :
(https://images.raumfahrer.net/up037298.jpg)
[Bild: ESA]
Solche Sicherheitsbedenken sind nicht unbegründet: 1993 kam es bei ESRANGE in Kiruna zu einem schweren Unfall, als beim Überprüfen der Zündleitungen einer Höhenforschungsrakete der Treibsatz gezündet wurde; der Raketenmotor flog quer durch den Hangar und explodierte – ein Toter und drei Schwerverletzte waren die Folge.
Das TouchDown-Signal zum Auslösen der Harpunen
Der Bodenkontakt wird durch Messung verschiedener Parameter festgestellt:
ein Abbremsen der Lander-Geschwindigkeit, gemessen durch Akzelerometer; ein Eindrücken des Zentralrohrs des Landegestells, gemessen als Generator-Spannung bzw – Strom des rückwärts betriebenen Motors ; als Änderung des Positionswerts des Linearpotentiometer-Encoders. Diese Informationen können vom CDMS (Command and Data Management System) des Landers ausgewertet und logisch verknüpft werden – ein einzelner Indikator allein reicht nicht aus; zB könnte die Sinkgeschwindigkeit des Landers auch durch von der Kometenoberfläche abströmende Gase gebremst werden. Die Ansprechschwellen müssen sorgfältig justiert werden : wenn die Schwelle für das Akzelerometer zu empfindlich gewählt wird, reichen zB die als Strukturmikrophonie übertragenen Lagergeräusche des hochtourigen Schwungrads aus, um das TouchDown-Signal auszulösen (dies wurde bei Tests im Flug vor der Hibernation festgestellt; dementsprechend muss per Software-Patch die Schwelle noch angepasst werden !)
Andererseits darf man die Schwelle auch nicht zu unempfindlich legen, da sonst eine Landung auf sehr „weichem“ Material nicht erkannt wird. Knifflig ....
Gruss HHg
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Hallo SpaceMech,
eine kurze Frage zu dem TouchDown-Signal.
Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es 3 verschiedene Parameter, die den TouchDown feststellen können. Das ein Indikator allein nicht ausreicht, kann man sich vorstellen. Wie ist es aber mit 2? Reichen die aus, oder müssen alle 3 Parameter einen entsprechenden Wert liefern?
Zur Sicherheit: soviele Sachen, die man vorher mit beachten muss. Bewundernswert.
Und danke auch nochmal von mir, für diese ganzen umfangreichen Informationen. Dieser Bereich ist momentan sehr lesenswert.
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Hallo Liftboy,
eigentlich gibt es nur 2 unabhängige Parameter : das Abbremsen und die Belastung des Landegestells,
wobei letzteres auf zwei verschiedene Weisen festgestellt werden kann: Motor/Generator liefert Leistung,
und: Landegestellsäule bewegt sich (Encoder). Die logische Verknüpfung kann softwaremässig festgelegt (und verändert) werden - sinnvoll wäre zB eine UND-Verknüpfung des Abbremssignals mit den verODERten Landegestellsignalen (entweder Generatorleistung ODER Gestellbewegung). Endgültig festlegen (und am Ground Reference Model testen !) wird man das wohl erst, wenn mehr Informationen über den Kometen und das gewählte Abstiegs-Szenario vorliegen.
Gruss HHg
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Gibt es auch Betrachtungen zu Szenarien, welche nicht mit den gegebenen in Philae eingebauten Möglichkeiten beherrscht werden können? So daß man weiß, es kann unter den xyz Bedingungen sein, daß der Lander verloren geht, aber wir müssens in Kauf nehmen.
Das Dümmste wäre doch ein Gaskissen, was zwar nicht abstößt, aber keinen Sensor über den Schwellwert bringen würde. Ist das Druckgastriebwerk stark genug?
Oder was ist nutzbar, wenn Philae ganz leicht abgestoßen wird, so daß er zumindest eine Weile irgendwie arbeiten und mit Rosetta als Relais auch senden könnte?
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Gibt es auch Betrachtungen zu Szenarien, welche nicht mit den gegebenen in Philae eingebauten Möglichkeiten beherrscht werden können? So daß man weiß, es kann unter den xyz Bedingungen sein, daß der Lander verloren geht, aber wir müssens in Kauf nehmen.
Das Dümmste wäre doch ein Gaskissen, was zwar nicht abstößt, aber keinen Sensor über den Schwellwert bringen würde. Ist das Druckgastriebwerk stark genug?
Oder was ist nutzbar, wenn Philae ganz leicht abgestoßen wird, so daß er zumindest eine Weile irgendwie arbeiten und mit Rosetta als Relais auch senden könnte?
Es gibt zB Vorstellungen, dass zumindest lokal die Dichte und die Festigkeit des Kometenmaterials so gering sein könnte, dass der Lander einfach "versinkt" und nichts mehr über die Oberfläche herausschaut. In einer solchen Situtation wäre man auf die Primärbatterien angewiesen (Solarzellen liefern keine Energie), manche Instrumente (zB Panorama Cameras CIVA) lieferten keine Daten - aber eine Rumpfmission über ca 1,5 Tage wäre auch für den "versunkenen" Lander noch möglich. - Das Szenario gilt als wenig wahrscheinlich; siehe auch die Ergebnisse von Deep Impact/ Komet Temple 1 : "Aus der Flugbahn der ausgeworfenen Staubteilchen konnte die Dichte des Kometenkerns zu 0,62 (+0.47/-0.33) g/cm3 – etwa zwei Drittel der Dichte von Wassereis – bestimmt werden. Der Kometenkern scheint aus porösem und zerbrechlichem Material zu bestehen; ungefähr zwischen 50 % und 70 % des Kometenkerns sind leerer Raum (zitiert nach Wikipedia).
Ein anderer Aspekt: die Oberflächenmorphologie könnte so rau auf allen Skalenlängen sein, dass der Lander mit seinem Landegestell auf einigen stalagmiten-ähnlichen Punkten aufliegt, die feste Obefläche aber so weit unter dem "Balkon" liegt, dass sie ausserhalb der Reichweite der ausfahrbaren Instrumente (SD2, MUPUS, APXS) liegt. Überlegungen zu solchen Szenarien zB in:
Kührt, E., J. Knollenberg, and H. U. Keller. "Physical risks of landing on a cometary nucleus." Planetary and space science 45.6 (1997): 665-680..
Hat leider Copyright, aber wer Zugang zu einer wissenschaftlichen Bibliothek hat, kann da mal reinschauen.
Generell kann man sagen, dass viele Risiken für die Landung (zB Gas- und Staubjets) sicher nicht überall auf der Oberfläche erwartet werden, sondern eher lokal, und dass man nach gründlicher Fernerkundung einen Landeort aussuchen kann, der mit den Fähigkeiten des Landers kompatibel ist.
Ein möglicherweise noch größeres Risiko für den Erfolg der Lander-Mission könnte vom ROSETTA-Orbiter ausgehen:
mit den nominellen Werten für die Navigations- und Ausrichtgenauigkeit und das Abstoßen rechnete man mit einer Landeellipse auf der Oberfläche des Kometen von 70 m x 100 m. Wegen der Schwierigkeiten, die der Orbiter inzwischen mit seinen Drallrädern und seinem Lageregelungssystem hat, rechnet man nun nur noch mit einem Landekreis von 1000 m Durchmesser (!). Der Kern von C-G hat vermutlich die Form eines Rotationsellipsoids mit den Abmessungen 5 km x 3 km. Wenn also bis zum November noch was passiert und die Landeunschärfe in den Bereich der Kernabmessungen kommt, kann es passieren, dass man den Kern ganz verfehlt . (So ist es HAYABUSA beim Absetzen von MINERVA passiert - die Attitude von HAYABUSA beim Abstoß war anders als im Szenario vorgesehen, also verschwand MINERVA "in der Tiefe des Raums", statt auf Itokawa zu landen...)
Gegen so eine Situation wäre der Lander machtlos, da er nicht autonom navigieren kann - anders als der Impaktor von Deep Impact (Abtrennung 24 h vor Einschlag; drei Korekturmanöver der Hydrazintriebwerke).
Gruss HHg
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Danke :)
Hoffentlich klappts !!!! Ist noch so lange hin....
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Von verschiedenen Seiten ist hier und in parallelen Threads die Frage aufgeworfen worden, wieviel zum Gesamterfolg der ROSETTA-Mission eine erfolgreiche Landung von PHILAE nun beiträgt (bzw auch abzieht, wenn die Landung schiefgeht). Fairerweise muss man wiederholen, was ESA von Anfang an gesagt hat (zB John Credland beim ROSETTA-Engineering Kick-Off in ESTEC 1995): wenn der Orbiter im August das Rendezvous mit C-G schafft und ihn erfolgreich während des ganzen sonnenahen Teils seiner Umlaufbahn begleitet und beobachtet - dann ist das der "100 %-Erfolg". Wenn man dann noch Philae sauber landen und operieren lässt - dann ist das "Bonus" und mehr als die 100 %. So werden die Risiken der Mission gesehen - und es ist auch kein Beagle2-Effekt, der die ESA hier so vorsichtig sein lässt - 1995 war Beagle2 noch nicht mal ein Glitzern im Auge von Colin Pillinger ....
Gruss HHg
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Post-Hibernation Commissioning des PHILAE-Abstoßsystems am 9. April 2014:
Als Bestandteil des Philae Post-Hibernation Commissioning - Block 1 (08-10.04.2014) wird auch das PHILAE-Abstoßsystem (MSS) einem end-to-end-Test unterzogen.
Da man den Lander schlecht „zur Probe“ abstoßen und wieder einfangen kann ( ;)), wird hierbei ein besonderer Modus benutzt, bei dem die Drehrichtung der DC-Motoren umgekehrt und der Strom halbiert ist. Wenn dann in der Abstoßsequenz das Kommando „Eject“ kommt, ziehen die Motoren des MSS den Lander an das Orbiter-Panel heran statt ihn abzustoßen – bei geschlossenem CruiseLatch. Auf diese Weise kann man verifizieren, dass elektrisch alles korrekt konfiguriert ist (alle notwendigen Power-Leitungen vom Orbiter eingeschaltet usw) und dass tatsächlich Strom durch die Motorwicklungen fließt. Außerdem wird das korrekte Funktionieren der seriellen Kommunikation mit dem Orbiter bzw ESS geprüft (Schreiben und Auslesen der Sollgeschwindigkeit im MSS-Register; Übertragen von HouseKeeping-Werten wie Temperaturen, Strömen, Drehzahlwerten). Das kritische Cruise Latch wird nur insofern geprüft, als der Heizer des Paraffin Actuators für max 8 Sekunden eingeschaltet wird und der anschließende Temperaturanstieg am Gehäuse gemessen wird (die tatsächliche Heizdauer zum Öffnen des CruiseLatch beträgt etwa 2,5 Minuten, so dass man auf der sicheren Seite bleibt)
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Vergleich Landetechnik PHILAE <=> Chang'e 3
Nachdem doch einige Fragen zur Absetz- und Landetechnik von PHILAE gestellt wurden (zB warum keine Manövrierdüsen?), hier ein Vergleich mit dem Aufwand der zB bei Chang'e 3 getrieben wurde:
Ich fasse hier mal einige Fakten zu Chang´e 3 und Yutu zusammen, die Chen Lan kürzlich in „Go Taikonauts“, Ausgabe 11, zusammengestellt hat.
Die Startmasse der Kombination betrug 3780 kg. Der Lander wiegt 1220 kg und das Fahrzeug Yutu 140 kg (davon 20 kg Nutzlast).
......
An 8 Stellen am Hauptkörper des Landers sind insgesamt 28 Düsen zur Lagekontrolle untergebracht, die je 150 N und 10 N Schub leisten.
Für den Landeanflug auf die Mondoberfläche wurden ein Mikrowellenradar, Laser-Entfernungsmesser, ein Laser-Aufnahmegerät für dreidimensionale Aufnahmen der Mondoberfläche und ein Gammastrahlen-Höhenmesser benutzt.
......
Die Aufsetzgeschwindigkeit des Chang´e 3 Landers beträgt maximal 4 m/s, wobei eine
Hangneigung von bis zu 15 Prozent toleriert werden kann. ...
O.K. Chang'e 3 ist 12mal schwerer - da fällt der Aufwand für Manövrierbarkeit und Höhenmesung weniger "ins Gewicht" ; PHILAE hätte der Mehraufwand gekillt !
Gruss HHg
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Anbei mal ein Bild vom Schwungrad von Philae.
(https://images.raumfahrer.net/up038769.jpg?width=550&height=571)
Quelle: http://www.sstl.co.uk/Blog/January-2014/SSTL-wheels-in-for-Rosetta-comet-chaser-mission
Es verbraucht im Betriebszustand nur 6 Watt Energie und hält, wie schon beschrieben, den Lander im Raum aufrecht.
Gruss spacecat
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Noch ein paar Anmerkungen zum Philae-Schwungrad :
das sollte ursprünglich vom Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin (Lehrstuhl U.Renner) gebaut und geliefert werden.
Nachdem das Qualifikationsmodell aber den Vibrationstest am MPS nicht bestand (Lagerprobleme), wurde diese Entwicklung eingestellt, und es musste ein alternativer Lieferant her, der schließlich in SSTL gefunden wurde, die viel Erfahrung mit Kleinsatelliten-Technologie hatten.
Die Spezifikationen sind allerdings etwas abgespeckt: kleinerer Durchmesser des Schwungrads; niedrigere Drehzahl (7.000 rpm statt 10.000 rpm).
SSTL gehört seit 2008 zu Airbus Space and Defence Systems.
Gruss HHg
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Das ist aber ein merkwürdiges Verfahren - ein Anbieter kann es nicht , also senkt man die Spezifis und geht zum Nächsten. Aber vlt. hätte die kleineren Spezifis auch der Erste geschafft ? Und es wär mal was in D geblieben...
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Ich verstehe das anders: Das Standardprodukt von SSTL hatte andere Specs als hier notwendig waren und musste "nach unten" angepasst werden.
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Daniel : genau so war es.
(Ich wolltte eigentlich nicht so deutlich werden - aber :(
Nach dem Versagen im Qualifikationstest gab es natürlich einen NCR (Non-conformance report), der auch unsere
"Aufpasser" bei ESTEC alarmierte, die sich ihrerseits das Design der Radlagerung anschauten und es in dieser Form für nicht qualifizierbar hielten. Dazu kam, dass der eigentliche Entwickler zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem "Absprung" von Berlin war und daher eine Neu-/Weiterentwicklung nicht mehr hätte unterstützen können.
Damit wurde diese Entwicklung abgebrochen, und der Lander musste einen Ersatzlieferanten auftreiben - und zwar schnell. Das Wheel von SSTL kam dann den eigentlichen Anforderungen dann noch am nächsten.
Gruss HHg
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Aha - ja da kann man freilich nicht anders :)
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DC-Bürstenmotoren im Weltraum
Wie schon im Philae-Status-Thread zum Post-Hibernation Commissioning angesprochen (#123 ), gab es Besorgnisse bezüglich des Zustand der DC-Motoren im Landegestell (Ein-/Ausfahren,Drehen,Kippen). Referenzmotoren, die am Boden in einer speziellen Langzeit-Vakuum-Testkammer am MPS unter möglichst vergleichbaren Bedingungen eingelagert waren, zeigten nach 8 Jahren Stillstand Anomalien am Kommutatorsystem: zu hoher Übergangswiderstand, z.T.“open loop“-Verhalten (kein Stromdurchgang).
Dazu muss man anmerken, dass die Entscheidung für den Einsatz von DC-Bürstenmotoren an diesen und anderen Stellen (zB MSS) erst nach längeren Trade-off-Untersuchungen gefallen war: es gab bei den konkurrierenden Lösungen zB Bedenken gegen mangelnde Strahlungsfestigkeit der Hall-Sensoren bei bürstenlosen Bauformen, generell aufwändigere Ansteuerelektronik (ebenfalls möglicherweise nicht strahlungsfest erhältlich) etc. Die Motoren im Landegestell (Faulhaber) mit Edelmetall-Kommutator erhielten modifizierte Bürstenfedern mit einem speziellen Silber-MoS2-Compound (empfohlen von Mécanex, heute Teil von RUAG/CH). Die DC-Motoren des Abstoßmechanismus (maxon/CH) hatten ursprünglich Graphitbürsten.
Graphit ist bekanntlich an Luft ein Trockenschmiermittel, verliert diese Eigenschaft aber leider im Vakuum – mangels Luftfeuchtigkeit, die die Graphitlamellen aufeinander gleiten lässt- und wirkt dort eher als Schleifmittel. Nach eingehender Beratung durch das European Space Tribology Center (ESTL) erhielten die maxon-Motoren Bürsten aus dem Material M621 von Le Carbone Lorraine (heute: Mersen): Graphit mit Silber unter hohem Druck und hoher Temperatur im Vakuum gesintert. Für die geringe Anzahl an Umdrehungen (23) im Weltraumeinsatz wurde das als risikolos betrachtet.
(Nebenbei: es ist nicht einfach, bei so geringen Losgrößen (20 Stück) Firmen zu einer Sonderproduktion zu bewegen. In diesem Fall ging das zB so: gegen eine Verschwiegenheitsverpflichtung erhielt MPS von maxon die Original-Fertigungszeichnung der Graphitbürsten, fertigte auf dieser Grundlage in eigener Werkstatt neue Bürsten aus M621, lieferte diese zusammen mit einem weltraumzugelassenen Silberleitkleber (H20E von EPO-TEK) an den Subkontraktor im Schwarzwald, der damit die Kommutatoreinheiten fertigte und an maxon in der Schweiz lieferte, die dann die fertigen Motoren an MPS auslieferten..)
Die modifizierten maxon-Motoren im MSS und in der Langzeit-Testkammer am MPS zeigten keine Veränderungen der Übergangswiderstände am Kollektor, ebenso wie jetzt die modifizierten Faulhaber-Motoren im Philae-Landegestell beim Commissioning. Wo die hohen Übergangswiderstände bei den baugleichen Faulhaber-Motoren im Langzeit-Test am Boden herkommen, wird noch untersucht.
Gruss HHg
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Da kann man mal sehn - ein Schritt zurück ist auch mal ein Schritt vorwärts ;)
Aber wenn man sogar Prozessoren strahlungsfest machen kann, warum nicht die vergleichsweise primitive Ansteuerelektronik eines Motors? Und wenns bei den Hall Sensoren nicht geht, was ist mit relativ groben Teilen wie LED+Fototransistor?
Ok , nimms als Verwunderung, nicht als Frage ;)
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Aber wenn man sogar Prozessoren strahlungsfest machen kann, warum nicht die vergleichsweise primitive Ansteuerelektronik eines Motors? Und wenns bei den Hall Sensoren nicht geht, was ist mit relativ groben Teilen wie LED+Fototransistor?
Antwort: Stückzahlen! Wer fertigt denn noch Sonderbauteile rad-hard für solche Langzeitmissionen ?
Selbst bei Prozessoren geht man ja zunehmend dazu über, die in rad-hard FPGAs zu implementieren - für die geringen Stückzahlen eine Silicon Foundry anzuwerfen, lohnt einfach nicht.
Zu Reagans Star-Wars-Zeiten war das noch einfacher (nicht dass ich die unbedingt zurückhaben möchte !!)
Es ist schon nicht so einfach, zB integrierte Schrittmotoransteuerungsbausteine in rad-hard zu bekommen.
Bei einem kommerziellen DC-Motor die Hall-Sensoren auszutauschen, möchte ich mir lieber nicht antun...
da bleibe ich notfalls bei Bürsten ("KISS = Keep It Simple, Stupid")
Gruss HHg
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Naja der oben gezeigte Weg zu Bürsten hats ja gebracht. Völlig ok.
Das ist ja halt eine Sache, wo es zufällig ohne Elektronik geht. Aber eine flexible (!) Produktionsstrecke für mittelintegrierte, hardware programmierbare strahlungsfeste Universalbauelemente und Sensoren muß her ;D
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Bei W wie Wissen gab es eine Sendung über Explosionen und Pyrotechnik.
Dabei wurde auch die Firma vorgestellt, welche den Auslösemechanismus für die Harpune von Philae gebaut hat:
http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/sendung/explosion-110.html (http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/sendung/explosion-110.html)
Ab 4:20 anschauen ;)
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Schon ein interessantes Thema. Müßte man mal mehr hinter die Vorhänge schauen können.
Wenn eine Firma da erstmal "Hoflieferant" ist, hat sie ausgesorgt...
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"Ein kleiner Schuß für einen Menschen, ein großer Schuß für Pyroglobe..." ;)
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Gestern am 10. September 2014 ist Rosetta in eine neue Flugphase eingetreten: "Transition to Global Mapping (TGM)"
Das ist der Übergang von den Dreieck-Orbits, die mit Triebwerkseinsatz erzeugt wurden, zu den runden Orbit, bei denen die Gravitation wirkt.
Dabei wird die Entfernung zum Kometen von 50 km auf 30 km reduziert.
Weil der Komet eine relativ kleine Masse hat, ist die Gravitation erst ab 30 km Nähe zum Kometen wirksam.
Ich habe 2 Minuten geopfert, um mir dieses Video nochmal anzusehen, damit der Orbitwechsel deutlich wird:
ws
Rosetta muss näher ran, um die Auflösung und Qualität der Aufzeichnungen zu verbessern.
Und um im November den Lander Philae präzise abzusetzen.
Hier sind nochmal die Orbitwechsel bis zum 15. Oktober (10 km) skizziert:
(https://images.raumfahrer.net/up041921.png) Rosetta GMP orbits Credit: ESA
Auch wenn wir das wegen der Geheimniskrämerei nicht so mitkriegen,
die wissenschaftliche Arbeit läuft jetzt auf Hochtouren und die Forscher haben kaum eine ruhige Minute.
Jetzt geht es darum, die Instrumente so effektiv wie möglich einzusetzen, um bestmöglichste Ergebnisse zu erzielen.
Die optimale Ausrichtung der Instrumente bei wechselnden Flugmanövern ist aufwändig und erfordert volle Konzentration.
Verpasste Möglichkeiten ergeben sich nicht nochmal.
Bisher näherte sich die Sonde von der Sonnenseite, - Rosetta ist zwischen der Sonne und dem Kometen.
Das hat unter anderem den Vorteil, dass der Komet immer gut beleuchtet war.
Aber ein wichtiges Missionsziel ist ja, die Veränderungen des Kometen unter intensiverer Strahlungseinwirkung der Sonne zu erforschen.
Deshalb strebt man jetzt einen Orbit über den Terminator, der Tag- und Nachtgrenze an.
So will man zunächst den Beginn der Aktivitäten nach Sonnenaufgang und später bei Sonnenuntergang beobachten.
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An diesem Wochenende wird die Landestelle von der Liste der 5 möglichen Landestellen ausgewählt.
Eine alternative zweite Landestelle wird auch bereits festgelegt, damit man schnell umschalten kann, wenn kurz zuvor Probleme auftauchen.
Die Landung ist ein kritisches Manöver, bei dem vieles schiefgehen kann.
Wenn Philae von Rosetta abgetrennt ist, gibt es keine Steuerungsmöglichkeit mehr.
Der Lander wird dann irgendwo innerhalb einer Ellipse mit 1 km Länge auf die Oberfläche treffen.
Keine der möglichen Landestellen ist so lang - es ist also nicht gesichert, dass die Landestelle überhaupt getroffen wird.
Zudem wäre es zu wünschen, dass er aufrecht ankommt, - also mit den Landebeinen zuerst.
Auf höher aufgelösten Fotos von der Oberfläche konnten wir ja bereits sehen, dass die Oberfläche recht uneben ist.
Es gibt Krater, große Spalten, Schluchten und Felsbrocken.
Der Lander könnte umstürzen oder beschädigt werden.
Bei der Mondlandung von Eagle (Apollo 11 (http://de.wikipedia.org/wiki/Apollo_11)) gab es trotz aktiver Steuerung Probleme:
Beim Endanflug führte der Autopilot die Fähre in einen Krater,[9] dessen Boden mit großen Felsen bedeckt war. Armstrong übernahm daraufhin die Handsteuerung der Eagle, überflog den Krater und landete auf einer ebenen Stelle 60 m weiter westlich
Dort konnte ein Mensch noch in letzter Minute eingreifen - bei Philae wird das nicht möglich sein.
Außerdem ist bei der Festlegung des Landeortes darauf zu achten, das alle Instrumente optimale Einsatzbedingungen vorfinden.
So soll die Landung ablaufen:
&v=KiYLqX20I74#t=34
Hier wird der Einsatz der Instrumente demonstriert:
&v=szKZ77MbF9Q
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Warum diskutieren wir nicht über die 5 möglichen Landestellen?
(https://images.raumfahrer.net/up041920.jpg) (https://images.raumfahrer.net/up041919.jpg) Credits: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
Über die Landestelle soll wohl heute entschieden werden.
Offenbar favorisiert man B - das liegt auf dem Kopf vom Kopf.
Warum weiß ich nicht, - vielleicht ist diese Stelle sicherer anzufliegen?
Für mich hat sie den Nachteil, dass von dort aus der Körper nicht in Sicht ist und somit auch nicht untersucht werden kann.
Es könnte doch möglich sein, dass beide Körper unterschiedlich sind, an anderen Orten unter anderen Bedingungen entstanden sind und erst danach zusammenfanden.
Man kann den Kometen mit Radar durchleuchten, weil man Sender und Empfänger hat (Lander und Orbiter).
Von Landestelle B (Kopf auf dem Kopf) aus kann man die beiden Körper nicht unterscheiden, weil sie dann nur zusammen durchleuchtet werden.
Mir würde eine Landestelle gefallen, von wo man beide Körper untersuchen kann.
Wenn man dann noch den Hals im Blick hätte, wäre das vorteilhaft, weil ja offenbar vom Hals die stärksten Jets ausgehen.
Ich bin für Landestelle A.
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Ich hatte noch gehört, daß die meisten Landestellen sich inzwischen als steinig herausgestellt haben. Wenn ich mir die Landestellen suche bei den Mars-Missionen anschaue habe ja die Bedenkenträger immer das letzte Wort und nicht die etwas risikofreudigeren Wissenschaftler. Man möchte lieber etwas Wissenschaft als eine Bruchlandung.
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Offenbar favorisiert man B - das liegt auf dem Kopf vom Kopf.
Warum weiß ich nicht, - vielleicht ist diese Stelle sicherer anzufliegen?
Ich habe irgendwo sinngemäß gelesen (Lakdawalla?), dass B so ziemlich die einzige Landestelle wäre, die ausreichend ebene Fläche aufweist.
Alle anderen Landestellen haben wohl mehr problematische Stellen, selbst noch mitten in der Landeellipse (Abhänge, Felsen, Spalten usw.). Da sagt man sich bei der ESA vielleicht "Lieber eine langweilige Landestelle als beim Landen umkippen?" :-\
(https://images.raumfahrer.net/up041917.jpg)
Quelle: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
Ich bin für Landestelle A.
Ich auch - die kam meinem Favoriten von vor ein paar Wochen (direkt am Hals) am nächsten. Aber leider, wenn man sich A mal genauer ansieht, erkennt man da zwar zwei (kleine) halbwegs ebene Flächen, aber dazwischen einen breiten schroffen Abhang. Ich kann mir lebhaft vorstellen, was mit Philae passieren würde, wenn sie mitten in diesem Abhang aufsetzen würde... :o :'( :(
(https://images.raumfahrer.net/up041918.jpg)
Quelle: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
Terminus
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Ich hatte noch gehört, daß die meisten Landestellen sich inzwischen als steinig herausgestellt haben. Wenn ich mir die Landestellen suche bei den Mars-Missionen anschaue habe ja die Bedenkenträger immer das letzte Wort und nicht die etwas risikofreudigeren Wissenschaftler. Man möchte lieber etwas Wissenschaft als eine Bruchlandung.
Eine Überlegung ist vielleicht auch, dass dies die erste Kometenlandung überhaupt ist. Die soll jetzt vielleicht unbedingt ein Erfolg werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse wären dann eher eine nette Dreingabe, ein "nice-to-have" als ein "must".
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Eine Überlegung ist vielleicht auch, dass dies die erste Kometenlandung überhaupt ist. Die soll jetzt vielleicht unbedingt ein Erfolg werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse wären dann eher eine nette Dreingabe, ein "nice-to-have" als ein "must".
Selbst an einer "langweiligen Stelle" gibt es mehr zu entdecken als wenn man sich bei der Landung überschlägt. So nah wird man einen Kometen nicht mehr kommen bis 2030-2035 und die Fragen die man nach den Philae-Daten aufgeworfen werden sind sicher so reichlich, daß man sich vielleicht zu einer 2. Mission noch vor 2050 entschließt. Also lieber 80% Science bei 90% Erfolgsaussicht als 120% Science bei 10% Erfolgsaussicht .
Hat sich eigentlich auch mal jemand überlegt wie die Leute hier im Forum und die Politiker auf eine Bruchlandung reagieren? Das heißt dann sofort, daß die Mission ein Misserfolg war. Da kann man dann machen was man will. Sieht man ganz deutlich an Beagel2 und Marsexpress. Nach der Erfahrung hat jeder bei der ESA klar vor Augen was mit Rosetta nicht passieren darf und so wird dann halt von allen und jedem eher Vorsichtig reagiert.
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Eine Überlegung ist vielleicht auch, dass dies die erste Kometenlandung überhaupt ist. Die soll jetzt vielleicht unbedingt ein Erfolg werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse wären dann eher eine nette Dreingabe, ein "nice-to-have" als ein "must".
Selbst an einer "langweiligen Stelle" gibt es mehr zu entdecken als wenn man sich bei der Landung überschlägt.
Allerdings. Man muss sich ja nur mal vor Augen halten, was es bedeutet, überhaupt eine Kamera (und weitere Fernwirkungsinstrumente) auf der Kometenoberfläche zu haben. OSIRIS und Navcam in allen Ehren, aber die Bodenperspektive können sie letztlich doch nicht ersetzen.
Außerdem ist da ja noch die Landephase. Beispiel Huygens: So kurz deren Mission über dem und auf dem Titan auch war, die Bilder von der Titanlandschaft während der Fallschirmlandung waren sehr wertvoll. So wird es auch diesmal sein, denn Philae wird ja sicherlich Bilder und Messungen beim Abstieg machen und sie auch live zu Rosetta übertragen?
Hat sich eigentlich auch mal jemand überlegt wie die Leute hier im Forum und die Politiker auf eine Bruchlandung reagieren? Das heißt dann sofort, daß die Mission ein Misserfolg war. Da kann man dann machen was man will. Sieht man ganz deutlich an Beagel2 und Marsexpress. Nach der Erfahrung hat jeder bei der ESA klar vor Augen was mit Rosetta nicht passieren darf und so wird dann halt von allen und jedem eher Vorsichtig reagiert.
Stimmt, kann ich auch verstehen.
Terminus
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Philaes Landeplatz wurde festgelegt:
Option J (von der 5 Kandidaten-Liste) wurde ausgewählt:
(https://media.raumfahrer.net/upload/2023/10/30/20231030144625-d0528558.jpg)
Credit: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
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(https://media.raumfahrer.net/upload/2023/10/30/20231030144627-131998f0.png) Credits: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
Die ausgewählte Landestelle J liegt auf dem Kopf des Kometen 67P.
Die OSIRIS Aufnahme wurde aus 67 km Entfernung gemacht.
Die Auflösung beträgt 1,2 m pro Pixel.
Es wurde die sicherste Landestelle gewählt.
Dort gibt es relativ wenig Felsbrocken und die umliegenden Hänge sind nicht so steil (höchstens 30% Gefälle).
Damit ist die Gefahr geringer, dass Philae beim Aufsetzen umkippt.
Wissenschaftlich interessant ist natürlich auch diese Stelle.
In der näheren Umgebung erwartet man auch Aktivität bei weiterer Annäherung an die Sonne.
Die Lichtverhältnisse sind dort auch gut.
Es gibt kühlende Nächte und reichlich Licht an den Tagen,
sodass die Solarzellen genügend Strom für die Instrumente bereitstellen können.
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Spielt es eigentlich auch eine Rolle, dass man so den ganzen Kometen "unter" sich hat, also die Gravitation in eine Richtung wirkt, anders als zum Beispiel beim Landeplatz A - oder ist das für die Auswahl aufgrund der eh geringen Gravitation vollkommen unerheblich?
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Landeplatz C wurde als Backup Landeplatz festgelegt:
(https://media.raumfahrer.net/upload/2023/10/30/20231030144628-6f161536.png)
Credits: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
C wurde zum Reserve-Landeplatz bestimmt.
Die Landung wird für beide Landeplätze vorbereitet.
Gelandet wird auf J.
Sollte es aber kurzfristig Probleme mit Landeplatz J geben, ist man auf C vorbereitet.
Das OSIRIS-Foto wurde aus 70 km Entfernung aufgenommen, - Auflösung 1,5 m pro Pixel.
Beide Landestellen wurden von der "Landing Site Selection Group" bei einem Meeting am Wochenende festgelegt.
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Landestelle J:
(https://media.raumfahrer.net/upload/2023/10/30/20231030144629-951cd88b.png)
Credits: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
Philae Landestelle J auf dem Kopf des Kometen.
Sicherste Landestelle, wenig große Felsbrocken
Hänge nicht steiler als 30%
In der Nähe wird Aktivität bei Erwärmung erwartet.
Wissenschaftliche Ziele vor Ort
Kühle Nächte und helle Tage werden erwartet.
Genügend Licht für Solarstrom zur Instrumentenversorgung
Ideal wäre die Stelle, wo das Kreuz im OSIRIS-Bild ist.
Die Lande-Elipse ist jedoch einen Kilometer lang.
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Gute Wahl, finde ich. Landestelle A liegt ja praktisch direkt daneben, aber am Kratergrund und daher nur mit beschränkter Aussicht. So hat man während und nach der Landung wenigstens noch etwas mehr Aussicht auf die Umgebung.
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http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Philae_deploy_mechanism.JPG (http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Philae_deploy_mechanism.JPG)
Hier ein Bild vom Abstoßmechanismus. Die drei Löcher für die Gewindestangen für den "normale" Abstoßmechanismus. Die Feder ist dann der Notfallmechanismus. Sehr schön zu sehen ist auch der Federkontaktstecker der den Lander mit dem Orbiter verbindet.
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Ja, der Stecker ist auch ein Wunderwerkchen !
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Ja ja der Stecker......
Im normalen space business kommt da einfach eine Sprengschnur drum und die Verbindung ist gelöst. Aber bei dem Abstoßen wäre jede Störung durch einen hakenden Stecker fatal. Der Stecker muß also super Kontakt haben die ganzen 10 Jahre lang und dann ohne jegliche Kraft sich lösen können. Die Federkontaktstifte sind sogar funktionsfähig in dem fotografierten Modell. Es gibt so viele Details und nur von einigen kenne ich leider die Geschichten dahinter. HHg kennt noch viele mehr vielleicht gibt's ja nach erfolgreicher Landung noch viele Gelegenheiten sie zu erzählen.
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Hallo Stonemoma :
schon passiert - Beitrag #73 in diesem Thread (vom 22.Feb.2014)
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=12226.msg280983#msg280983 (https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=12226.msg280983#msg280983)
Beschreibung des Umbilical-Steckverbinders zwischen dem ROSETTA-Orbiter und Philae.
Gelegentlich auch mal zurückblättern ... ;)
Gruss HHg
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Was mir beim 2. mal Anschaun noch so auffiel : Dieser blaue Farbring um den Stecker herum und auch allgemein gesehen solche "Farbtupfer" - werden die eigentlich auch auf Langzeitstabilität geprüft? Mal in die Klimakammer sind ja nicht 10 Jahre unter Strahlung und Dauerkälte. Oder sind das Farben, die auf Langzeittests z.B. an der ISS Außenseite resultieren? Ich mein, so ein abgelöstes rumflatterndes Farbblättchen kann ja an anderer Stelle ärgern....
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Hallo Zusammen,
Die Tätigkeiten von Philae während des Abstieges
Infografik zeigt die vorgesehenen Messungen von Philae während des siebenstündigen Abstieg zum Kometen 67P / Churyumov-Gerasimenko. Die Operationen des Landers sind in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet. Nach dem bei dem Aufsetzen die Messungen vorgenommen wurden, beginnt der Lander mit der ersten Science-Sequenz, die auch in der Infografik enthalten ist.
(https://media.raumfahrer.net/upload/2023/10/30/20231030150143-0a05a204.jpg)
Credit: ESA / ATG medialab
http://www.esa.int/spaceinimages/Images/2014/10/What_does_Philae_do_during_descent (http://www.esa.int/spaceinimages/Images/2014/10/What_does_Philae_do_during_descent)
Mit den besten Grüßen
Gertrud
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omg Sekundärbatterie
Lithium-Ionen-Zellen die werden tiefenladen und sterben dadurch werden geschädigt
und ja klar sind ja auch schon viele jahre alt
daumendrück auf das es heller und wärmer wird in parr monaten und genug energy produziert wird
und zellen noch was aufnehmen können
wobei kalte Litium Ionen akku's halten sich länger ohne schaden zu nehmen ;)
gottseidank hat es damals DIE schon gegeben wenn ich an NC oder NiMH akkus denke