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Raumfahrt => Bemannte Raumfahrt => Thema gestartet von: MHN am 15. Dezember 2013, 07:49:40

Titel: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: MHN am 15. Dezember 2013, 07:49:40
In den Medien ist immer zu hören, dass die ISS inzwischen schon sehr alt sei und daher mittelfristig, wenn das ISS Programm eingestellt wird, geplant ist, sie praktisch zu verschrotten, also in der Atmosphäre verglühen zu lassen.
Dies war auch schon bei der MIR Station und deren Vorgängern so.


Während man aber bei der Mir und den Sojus Stationen noch verstehen kann, dass sie auch technisch veraltet waren und sich nur eingeschränkt erweitern oder upgraden ließen, sieht diese Frage bei der ISS meiner Meinung nach doch ganz anders aus.

Die ISS dürfte, berücksichtigt man die Erfahrungen der Russen, eine Raumstation der 10. Generation sein.
Sie besitzt International Standard Payload Rack (ISPR), womit sie technisch für zukünftige Forschungsaufgaben updatefähig ist.
Das Dockingsystem ist ausgereift und eine internationale Standardisierung ist geplant.
Und sie ist, berücksicht man die Lagerzeit auf der Erde aller Module, bestenfalls 25 Jahre alt.

Aufgrund dieser Stichpunkte stellt sich natürlich die Frage, ob die ISS wirklich so alt ist, dass man sie wirklich bald verschrotten muss und es z.B. nicht möglich ist, die finanzielle Frage mal außer acht gelassen, sie z.B. 100 Jahre lang zu benutzen.


Spätestens hier kommen wir zu dem Punkt, welchen Alterungsbedingungen eine Raumstation unterliegt, die das Material ermüden lassen.

Mir persönlich fallen hierzu folgende Punkte ein:

1. Die Raumstation muss eine Atmosphäre halten können, daher steht die Struktur für den bemannten Bereich unter einem ständigen Druck mit dem die Wände der ISS belastet werden.
2. Die Raumstation unterliegt ständigen Heiz- und Abkühlphasen, je nach dem ob eine Seite der Sonne zugewandt ist oder sich die Station im Erdschatten befindet oder nicht hat sie riesige Temperaturunterschiede zu verkraften.
3. Im Weltraum ist sie gegen kosmische Teilchen und Strahlung praktisch ungeschützt und muss dieses Teilchenbombardment aushalten können.


All diese drei Dinge tragen zur Materialermüdung  bei.


Aber ab hier stellt sich nun die Frage, ob 25 + geschätzt noch 20 Jahre weiteren Betriebs schon ausreichend sind, die Station für Schrottreif zu erklären.
Ich meine es hat ja einen Haufen Geld gekostet, die Station erst einmal da hinzuschaffen, wo sie jetzt ist und es wäre doch schade, wenn man dieses
ganze Material nun einfach verglühen lassen würde.

Und bezogen auf Raumstationen allgemein stellt sich nun auch folgende Frage:
Wie müssten zukünftige Raumstationen beschaffen sein, damit man sie z.B. für eine Zeitdauer von 500 Jahren im Weltraum benutzen könnte?  Denn im Durchschnitt dürfte die reine Masse der Station neben dem Unterhalt den größten Kostenfaktor ausmachen und die meiste Masse ist eben die statische Struktur.

Wäre es da also nicht finanziell wirtschaftlicher, wenn man die Struktur so auslegt, dass die Station möglichst lange benutzt werden kann und der Rest so designed wird, also das technische oft nicht statische Innenleben, dass dieser Rest von Zeit zu Zeit einfach ausgetauscht wird?
Denn wenn man nur die Struktur berücksichtigt, dann besteht die ganze Station doch überwiegend nur aus mehreren Zylindern und zusätzlichen Querverstrebungen. Lediglich das restliche Innenleben ist wesentlich komplexer.
Wenn man also nur dieses nach und nach austauschen müsste und man die Struktur so planen würde, dass sie sehr lange hält, dann könnte man doch sicher Kosten sparen.



Wie dick müsste man also z.B. die Wände einer Raumstation planen, damit sie gefahrlos unter obigen Einflüssen für 500 Jahre benutzt werden kann?
Aus welchem Material müssten diese Wände bestehen?
Schweißbar müsste dieses wohl sicher sein, damit man etwaige Schäden wieder gut, zuverlässig, sauber und sicher reparieren kann.
Auch würde es Sinn machen, sie mit einer austauschbaren leichten Verbundpanzerung bzw. -Schutzwände gegen Mikrometeoriten auszustatten.
Wenn ich mich nicht irre, dann hat die ISS bezüglich austauschbarer Schutzplatten so etwas in der Art schon jetzt.


Wieso verfolgt man also dieses Konzept einer langfristig wiederverwendbaren Raumstation für einen großen Zeitraum nicht?
Da man die ISS immer ein paar km anheben muss, könnte man so eine langfristig geplante Raumstation ja auch einfach in einen wesentlich höheren Orbit schicken,
die eigentlichen Kosten für den Transport wären dann überwiegend nur einmalig.
Dies würde langfristig Kraftstoff einsparen. Lediglich die Transportkosten für die Transportflüge von Gütern und Personen würden zunehmen, da diese ja dann einen höheren Orbit erreichen müssten. Aber dafür sind sie wesentlich kleiner und ihre Masse ist geringer. Daher müsste dies doch mehr Sinn machen, als jedes mal eine ganze riesige und schwere Station anzuheben.

Und wenn man so eine Station für einen langen Zeitraum baut, sie also mit entsprechend dicken Wänden versieht, dann ist auch ihr Schutz gegen Strahlung besser.
Und innen Upgraden könnte man sie ja dank Standardracks ja weiterhin.

Prinzipiell könnte man die einmaligen Transportkosten für einen höheren Orbit auch so realisieren, in dem man sie zuerst in einem niedrigen Orbit zusammenbaut und dann mit wesentlich Kosteneffizienteren Antriebssystemen, wie z.B. einem Ionentriebwerk in einen höheren Orbit befördert.
Denn genug Strom für elektromechanische Antriebe sollte ja zur Verfügung stehen, wenn die Station erst einmal fertig gebaut ist und alle ihre stromproduzierenden Photovoltaiksegel ausgefahren hat.


Wer kann zu diesem Theme etwas sagen?
Was meint ihr?
Würde das mit solchen Raumstationen die für einen Zeitraum von z.b. 500 Jahren ausgelegt sind, funktionieren und auch kostenmäßig wirtschaftlicher sein, als diese strukturell empfindlichen leichten dünnwandigen Wegwerfraumstationen die man heutzutage baut bzw. gebaut hat?
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: einsteinturm am 15. Dezember 2013, 09:23:43
Ich bin kein Experte, aber ich denke die Strahlung ist schon ein Hauptproblem für saemtliche Materialien, welches man aber in Bezug auf eine Marsmission unbedingt lösen muesste. Es gibt aber sicher jede Menge Forschung dazu.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: AndiJe am 15. Dezember 2013, 09:36:19
Ich bin ein Fan von der ringförmigen Station aus dem Film "2001" und ich kenn Dr. Gerard O'Neill auch.

Mit dem Design könnten wir gleich einige Probleme lösen: fehlende Schwerkraft, Wärmetransport durch die Drehung, Sauerstoff-Versorgung durch Anbau von Pflanzen und dann eventuell Essensversorgung durch Gemüse und Obst, man müsste nicht so viel Essen hochschicken.

Dann könnte man endlich wieder richtig aufs Klo und duschen gehen, die Experimente laufen halt in der Mikrogravitation in der Nabe der Station ab...

the next giant (1/3 G) leap for mankind!
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Führerschein am 15. Dezember 2013, 09:49:46
Hallo MHN, willkommen hier im Forum.

Zum Thema

Die ISS ist im Augenblick hauptsächlich für Forschung in Mikrogravitation. Eine rotierende Station wäre da unbrauchbar. Schon die ISS hat reichlich Störungen, deshalb sagt man Mikrogravitation, nicht Schwerelosigkeit. Eine rotierende Station hätte auch in der Nabe keine nutzbare Mikrogravitation, außer vielleicht für neue Sportarten der Bewohner. Eine rotierende Station könnte als Werft, als Fabrikanlage, oder ganz allgemein als Lebensraum nützlich sein, aber so weit sind wir noch lange nicht. Eine Station, die Jahrhunderte alt wird, ist also im Augenblick schon deshalb nicht sinnvoll, weil man nicht weiß, was man in 50 Jahren braucht, geschweige denn, in 500.

Wenn man so etwas baut, dann nicht mit Materialien von der Erde, sondern mit Materialgewinnung aus Asteroiden, die man für den Zweck in einen Orbit bringt. Material von der Erde ist teuer und wird auch dann noch teuer sein, wenn man die Startkosten um mehr als 90% senkt.

Die Station viel höher schicken als sie mit ca. 400km jetzt ist, wäre aus verschiedenen Gründen nicht sehr sinnvoll. Der VanAllen-Strahlungsgürtel beginnt in 700km Höhe, von dem will man einen respektvollen Abstand halten. Auch der Transport von Versorgungsgütern und Astronauten wird teurer, wenn man die Station weiter anhebt. Da ist es einfacher, sie durch leichte Beschleunigung mit elektrisch betriebenen Triebwerken auf Höhe zu halten.

Die ISS selber noch lange zu erhalten, ist schon deshalb nicht der ideale Weg, weil sie sehr hohen Wartungsaufwand hat. Es kann schon bald sinnvoll sein, sie durch eine modernere wartungsärmere Station zu ersetzen. Darüber wird schon in einem anderen Thread diskutiert.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Hendrik am 15. Dezember 2013, 09:53:50
Die Kopplungsstellen sind wohl eher ein Problem. Hier kann ein kleinste Materialermüdung schon zu erhöhtem Atmosphärenverlust führen. Andere interesannte Stellen sind sicher auch die Fenster. Weiterhin besteht eine Station nicht nur aus Metall. Metall stelle ich mir sehr widerstandsfähig vor, aber ich denke es sind auch Kunststoffe verarbeitet und auch die Solarzellen bauen langsam aber sicher ab, dh liefern immer weniger Energie.

Sicher würde man Startmasse sparen, wenn man das alles austauscht, aber ich denke bestimmte Reparaturen sind im Moment noch gar nicht möglich, wenn man mal auf den Stand der Technik schaut.

Grundsätzlich ist die ISS aber noch weit entfernt von ihrer Verschrottung. Soweit ich weiss kann man sie ohne größere Reparaturen bis in die 2020er Jahre nutzen. Ende der 2020er müssten aber spätestens größere Komponenten komplett ausgetauscht werden.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: MHN am 15. Dezember 2013, 10:28:43
Also das Thema mit der rotierenden Station hat leider AndiJe in den Thread gebracht, was ich schade finde, mir ging es wirklich nur um eine langfristig haltbare Raumstationen für die reine Forschung und Wissenschaft jenseits von Science-Fiction, 2001 und Star Trek.
Also eine normale Station ohne künstliche Gravitation, nur eben für den langfristigen Dauerbetrieb.


Bezüglich dem Van Allen Gürtel ist mir die Gefahr durchaus bewusst, aber wenn die Wände der Station aufgrund der Haltbarkeit sowieso aus wesentlich dickeren Wänden gebaut werden würden bzw. müssen, dann würde dies einen Teil der Strahlung durchaus abhalten.
Und je nach dem wie man die Station strukturiert könnte man ja z.B. auch die Wassertanks um das Stationsinnere bauen, dann wäre auch das Wasser ein guter Schutz gegen die Strahlung.

Die Station auf einer niedrigen Umlaufbahn mit elektrischen Antrieben zu halten wäre natürlich auch denkbar, aber dies sehe ich kritisch, wenn man die Station für einen Zeitraum von 500 Jahren auslegen möchte. Denn der Antrieb darf dann nicht ausfallen.
Des weiteren wäre so ein elektrischer Antrieb wesentlich länger in Betrieb, als ein chemischer, daraus folgt dann aber auch, dass die Zeitspanne in der man wissenschaftliche Experimente mit möglichst kleinem Einfluss durch Mikrogravitation durchführen könnte, sehr kurz wäre.
Ein Großteil der Zeit würde die Station also mit eingeschalteten elektrischen Antrieben verbringen, eben weil diese Antriebe auch nur eine geringe Schubkraft haben und daher lange in Betrieb sein müssen, um den gleichen Effekt zu erzielen, was chemische Antriebe in wenigen Sekunden erreichen.
Die größere Masse so einer haltbaren Station würde das Problem noch verschärfen.
Deswegen wäre ein höherer Orbit durchaus zu bevorzugen.

Das Problem mit dem Transport ist, wie ich schon am Anfang in meinem ersten Posting erwähnte, durchaus gegeben.
Für Güter könnte man hier aber z.B. auch ein Lastenraumschiff mit elektrischen Antrieben ausstatten, dass sich dann spiralförmig der größeren Höhe so einer Station nähern könnte.
Dadurch würden die Transportkosten wieder wesentlich günstiger ausfallen, weil man dann eine chemische Rakete nur bis in den unteren LEO benötigt, dort könnte man dann die Güter auf den Lastentransporter automatisiert umladen und dann mit dessen elektrischem Antrieb zur Raumstation schicken.

Bleibt also nur das Problem mit den Astronauten.
Ob man denen so ein elektrisch angetriebenes Transportshuttle mit der dadurch einhergehenden langen Reisezeit zumuten kann, dass müsste man mal prüfen wie lange das dauern würde.
Wenn das weniger als 5 Tage wäre, dann würde ich das für machbar halten. Wesentlich mehr kann man wohl eher nicht zumuten.
Bei Warengütern ist all das aber weniger ein Problem.


Das mit der Wartung ist ein interessantes Thema. Daran habe ich noch nicht gedacht.
Den Thread werde ich mir mal zu Gemüte führen.
Hier macht es dann wirklich Sinn eine neue Station zu bauen, aber hier könnte man dann schon in der Planung eine Fernwartung durch Roboter usw. einplanen.
Einer Station für den langfristigen Betrieb würden solche Wartungsroboter sogar zugute kommen.
D.h. die ISS müsste man aufgeben, aber die nächste Station könnte man dann dennoch für den Langzeitbetrieb auslegen.




Das mit den Kopplungsstellen und der erhöhten Materialermüdung ist ein interessanter Punkt.
Ich schätze mal, der ist auf die Gummidichtungen zurückzuführen.
Für Andockstationen wäre dies meiner Meinung nach ein kleineres Problem, wenn man die Gummidichtungen regelmäßig austauscht, was ja auch durchaus möglich ist, wenn die Tür von Außen bei nicht angedocktem Raumschiff zugänglich ist.
Für fest integrierte Kopplungsstellen, also mitten zwischen zwei Modulen bräuchte man aber eine andere Lösung. Das sehe ich auch so.
Hier stellt sich dann die Frage, wäre zuschweißen keine Lösung?
So ne schweißnaht hält ja durchaus dicht.
Im U-Boot Bau können 4 cm dicke Stahlwände lückenfrei verschweißt werden, das müsste doch für eine Raumstation auch möglich sein, so dass die Schweißnaht auch auch Dauer dicht ist.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Ruhri am 15. Dezember 2013, 11:02:24
Schweißen im Orbit? Möglich ist das sicherlich, aber bestimmt nicht unkompliziert oder risikolos.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Führerschein am 15. Dezember 2013, 11:32:44
Schweißen im Orbit? Möglich ist das sicherlich, aber bestimmt nicht unkompliziert oder risikolos.

Ziemlich viele der angesprochenen Punkte sind nicht kurzfristig zu sehen. Z.B. friction stir welding im Weltraum sollte machbar sein.

Aber wie ich schon sagte, für eine wissenschaftliche Station sehe ich sehr hohe Lebensdauer nicht als anstrebenswert. Für zukünftige Habitate und Fabrikationsanlagen könnte das anders sein.

Zum Thema geringe Beschleunigung mit Ionentriebwerken. Man hat inzwischen sicher sehr gute Modelle, wie die Restatmosphäre unter verschiedenen Bedingungen bremst. Einflussfaktoren wären Tagseite, Nachtseite, Sonnenaktivität. Das Bremsen selbst ist ja auch ein Faktor, der die Mikrogravitation verschlechtert. Man könnte zu jedem Punkt im Orbit gerade so viel gegenbeschleunigen, daß dieser Einfluss kompensiert wird. Das könnte die Mikrogravitation der Station im Idealfall sogar verbessern.

Eine Stationshöhe über 400km wäre kaum wünschenswert. Die Astronauten müssen ja auch mal raus und die Anzüge schützen weniger gegen Strahlung. Schon das Hubble Teleskop in ca. 560km kriegt mehr ab. Ich erinnere mich an einen Bericht, daß bei der Wartungsmission die Fehlerzähler der Shuttle-Bordcomputer hochliefen. Das war in den normalen Betriebshöhen für ISS-Missionen nicht so stark. Die Astronauten haben also da bei Ausstiegen auch mehr Strahlung abgekriegt.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: AndiJe am 15. Dezember 2013, 11:34:28
Hallo MHN, willkommen hier im Forum.

Zum Thema

Die ISS ist im Augenblick hauptsächlich für Forschung in Mikrogravitation. Eine rotierende Station wäre da unbrauchbar. Schon die ISS hat reichlich Störungen, deshalb sagt man Mikrogravitation, nicht Schwerelosigkeit. Eine rotierende Station hätte auch in der Nabe keine nutzbare Mikrogravitation, außer vielleicht für neue Sportarten der Bewohner

ach so, die kleine Zentrifugal-Kraft würde irgendwann alles nach aussen ziehen, man müsste dann halt ein Labor separat in einiger Entfernung stationieren und mit einem kleinen Shuttle hin und her pendeln.

Und die Asteroiden werden eh irgendwann als Baumaterial herhalten müssen, besser als wenn die Dinger uns auf den Kopf fallen...
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Majo2096 am 15. Dezember 2013, 13:14:08
Hallo,
das sehe ich ein klein wenig anders

Die Station auf einer niedrigen Umlaufbahn mit elektrischen Antrieben zu halten wäre natürlich auch denkbar, aber dies sehe ich kritisch, wenn man die Station für einen Zeitraum von 500 Jahren auslegen möchte. Denn der Antrieb darf dann nicht ausfallen.
Des weiteren wäre so ein elektrischer Antrieb wesentlich länger in Betrieb, als ein chemischer, daraus folgt dann aber auch, dass die Zeitspanne in der man wissenschaftliche Experimente mit möglichst kleinem Einfluss durch Mikrogravitation durchführen könnte, sehr kurz wäre.
Ein Großteil der Zeit würde die Station also mit eingeschalteten elektrischen Antrieben verbringen, eben weil diese Antriebe auch nur eine geringe Schubkraft haben und daher lange in Betrieb sein müssen, um den gleichen Effekt zu erzielen, was chemische Antriebe in wenigen Sekunden erreichen.

Das was du zu einem Elektrischen Antrieb sagst ist so nicht umbedingt richtig denn, wenn wir einen Elektrischen Antrieb installieren der den Atmosphährischen Widerstandt exakt ausgleicht (und damit immer läuft) würde die Mikrogravitation sogar verbessern. (So ist es beim ESA Satellit GOCE auch schon gemacht worden)
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: dksk am 15. Dezember 2013, 13:28:08
Schweißen im Orbit ist grundsätzlich möglich.
Beispiele dafür sind die Missionen Sojus 6 und Versuche „auf“ Saljut 7, bei denen stark analytisch geprägte Versuche durchgeführt wurden . Sogar weitgehend vollautomatische Systeme wurden entwickelt. Hier stellt der Grumman „Beam-builder“ aus meiner Sicht das fortschrittlichste System. Kompakt im Aufbau – auch bei der Materiallagerung, dar. Die Schweißnahtüberwachung kann hier auch leicht realisiert werden. Wer schon mal bei einer FMEA mit überraschenden D & S Merkmalen (dokumentationspflichtig/sicherheitskritisch) anwesend war, weiß was da in den Fachabteilungen abgeht. Da das System hochspezialisiert ist, kann es aber quasi nur Monokultur fertigen. Der Einsatz in Solarzellenstrukturen etc. kann hier aber großen Sinn machen.
Hier mal ein paar aktuellere Infos zum Schweißen im Weltraum:
http://aws.org/w/a/wj/2005/10/025/ (http://aws.org/w/a/wj/2005/10/025/)
Die ganze D & S Thematik ist aus meiner Sicht neben der Verbindungstechnik auch eine Hauptproblematik beim Schweißen.
Verbindungen, die auf Stecken+Verriegeln, Schrauben mit (Schrauber)Überwachung, und mechatronische Kraft- und Formschlüsse (Kopplungsaggregate) referenzieren, sind bewährt und teilweise auch gewollt mehrfach lösbar ausgelegt. Hier spielt das Betriebstechnik/Instandhaltungskonzept auch eine entscheidende Rolle. Es macht an bestimmten Stellen großen Sinn, Dinge auszutauschen bzw. austauschbar zu gestalten. Wenn dann sogar die Ersatzteile schon vor Ort (in der Nähe der Station) sind – um so besser.
dksk
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Rücksturz am 15. Dezember 2013, 14:02:47
Ich denke der Ansatz eine Station für eine Betriebsdauer von 500 Jahren zu konzipieren, schießt etwas über das Ziel hinaus.
Vor 500 Jahren fuhr man noch mit einfachen Holzschiffen gen Amerika.
Wollte man diese Schiffe heute noch betreiben und warten, da gäbe es doch einige Probleme.
Wenn man die einfachen Handzeichnungen sieht, wirds schon mit Dokumentation und Bedienungsanleitungen schwierig
Wenn es überhaupt welche gab sind die bestimmt in spanisch, portugiesisch oder gar Latein.  ;)

Aber ernsthaft betrachtet ist die Frage nach einer länger haltbaren Station durchaus berechtigt, insbesondere wenn man an einen ISS-Nachfolger denkt.
Die ISS kann man nach meiner Meinung mit vertretbarem Reparatur- und Wartungsaufwand sicherlich noch bis 2028 oder gar 2035 betreiben.
Danach könnte aber der Nachrüst- und Betriebsaufwand die Kosten für eine neue Station übersteigen.
Trotzdem würde ich eine neue Station mit wissenschaftlicher Ausrichtung nur für eine Lebensdauer von 25 bis 35 Jahren konzipieren.
Die Entwicklung ist immer noch so rasant, dass sich die Anforderungen zu schnell ändern.
Vielleicht wäre es auch besser mehrere kleinere Stationen mit spezifischeren Anforderungen zu konzipieren.
Eine speziell für "Null-Gravitation", die analog GOCE den Atmosphären-Drag exakt ausgleicht.
Eine rotierende Wohn-Station, evtl. mit Space-Hotel.
Eine mit elektrischem Antrieb und hohem robotischem Automatisierungsgrad zum Asteroiden-Mining, welche nur gleegentlich im hohen Orbit von Astronauten besucht wird.
Eine an einem Lagrange-Punkt als Zwischenstation für BEO-Missionen.
Ich denke die Liste liese sich noch fortsetzen.  8)
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: MHN am 15. Dezember 2013, 15:34:11
Trotzdem würde ich eine neue Station mit wissenschaftlicher Ausrichtung nur für eine Lebensdauer von 25 bis 35 Jahren konzipieren.
Die Entwicklung ist immer noch so rasant, dass sich die Anforderungen zu schnell ändern.

Dafür hat man ja die International Standard Payload Racks, die sind zum Austausch der wissenschaftlichen Ausrüstung sehr flexibel.
Inwiefern aber eine Austauschbarkeit der Hüllenstruktur der Wissenschaft und Forschung dienlich sein soll, das erschließt sich mir nicht.
Wenn wirklich besondere Strukturen notwendig sind, dann kann man die auch andocken.

Bei den 25-35 Jahren besteht halt das Problem, dass das Kosten/Nutzen Verhältnis ungemein schlecht ist.

Schaut man sich die Entwicklung der ISS an, dann wurden manche Module erstmal 10 Jahre auf der Erde gelagert, ehe man überhaupt damit begonnen hat, die ISS langsam zusammensetzen.
Der Zusammenbau selbst hat wiederum über 12 Jahre gedauert.
Erst jetzt seit etwa 2011 kann man wirklich  sagen, das die ISS endlich fertig ist, wobei ich mal die neuen Ergänzungen die man noch in Zukunft anfügen möchte mal außer acht lasse. Das Problem ist jetzt nur, dass man schon jetzt, wo sie endlich fertig ist, schon wieder über ihre Verschrottung nachdenkt.
10-15 Jahre soll sie noch weiterlaufen, vielleicht werden auch 20 Jahre draus, wenn wir Glück haben, aber im großen und ganzen hat man dann bestenfalls 20 Jahre wirklich geforscht, zählt man aber die Zeit ab, die für Wartung, Essen, Schlafen, Krankheit oder Unterbesetztheit draufging, dann kommen unterm Strich vielleicht bestenfalls 10 Jahre raus, in der in dieser Station wirklich geforscht wurde und das ist bei dem Preis, den die ISS bisher verschlungen hat und in Zukunft noch verschlingen wird, einfach viel zu wenig.

Deswegen halte ich es für sehr sinnvoll, wenn man die nächste Raumstation wesentlich langlebiger auslegt, denn einer der größten Kostenfaktoren ist eben auch das hochschleppen der Module und deren Zusammenbau im All.

Selbst wenn man jetzt damit argumentiert, dass 500 Jahre zu viel sind, wobei ich hier mal anmerken möchte, dass bei der Bibel kein einziger Buchstabe in der Zeit verloren ging, so könnte man doch zumindest versuchen, die Station auf 100 Jahre auszulegen.
Der Eiffelturm in Paris, die Freiheitsstatue in New York oder das Empire State Building haben ein ähnliches Alter, erstere beiden übertrumpfen das sogar und letzteres braucht nicht mehr lange um dieses Alter zu erreichen. Manche Stahlbrücke ist ebenfalls älter als 100 Jahre und die sind auch ständigen Belastungen bei Wind und Wetter ausgesetzt.

@dksk
Übrigens danke für den Link, der Artikel war sehr interessant und lesenswert.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: GG am 15. Dezember 2013, 16:04:14
Die geplante Langlebigkeit und Vielseitigkeit hat den größten Teil der Entwicklungskosten bewirkt. Würde man statt dessen standardisierte Module in Kleinserie bauen und mit Standard-Apparaturen aus dem irdischen Repertoir bestücken, würde jedes Modul nur "200" Millionen Dollar/Euro kosten, inklusive Transport 300 Millionen. Da kann man jährlich ein Modul austauschen und hätte immer aktuelle Technik zur Verfügung.

So weit, dass wir Stationen bauen, die Jahrhunderte halten, sind wir noch nicht, obwohl ich auch dafür wäre, in dieser Richtung mehr zu unternehmen.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Caladaris am 15. Dezember 2013, 16:09:02
Erst jetzt seit etwa 2011 kann man wirklich  sagen, das die ISS endlich fertig ist, wobei ich mal die neuen Ergänzungen die man noch in Zukunft anfügen möchte mal außer acht lasse. Das Problem ist jetzt nur, dass man schon jetzt, wo sie endlich fertig ist, schon wieder über ihre Verschrottung nachdenkt.
10-15 Jahre soll sie noch weiterlaufen, vielleicht werden auch 20 Jahre draus, wenn wir Glück haben, aber im großen und ganzen hat man dann bestenfalls 20 Jahre wirklich geforscht, zählt man aber die Zeit ab, die für Wartung, Essen, Schlafen, Krankheit oder Unterbesetztheit draufging, dann kommen unterm Strich vielleicht bestenfalls 10 Jahre raus, in der in dieser Station wirklich geforscht wurde und das ist bei dem Preis, den die ISS bisher verschlungen hat und in Zukunft noch verschlingen wird, einfach viel zu wenig.

Um die ISS ein wenig zu verteidigen: Die Forschung läuft doch nicht erst seit 2011. Spätestens nachdem das US-Forschungsmodul Destiny Anfang 2001 oben war, wurde geforscht. Das ist ja einer der Vorteile von modularen Stationen - du kannst sie benutzen, auch wenn später noch etwas dazukommt oder verändert wird.
Dass der Endausbau des US-Segments so lange gedauert hat, hat außerdem hauptsächlich was mit der Columbia-Katastrophe und den Problemen mit dem Shuttle zu tun.

Ich denke, eine längere Betriebsdauer ist auf jeden Fall wünschenswert, aber 500 Jahre sind illusorisch. Auch wenn so eine Haltbarkeit erreicht werden könnte (das ist fraglich, selbst bei Fortschritten in Technik und Materialien bleibt z.B. das Bakterienproblem) - spätestens nach 40-50 Jahren hat sich die Technologie grundlegend geändert, sodass eine neue Station Sinn macht, bzw. der Aufwand des Erhalts einer alten Station rasant zunimmt (Typisches Thema in der Raumfahrt: Erhalt alter Produktionsketten für Ersatzteile = teuer!).

Einen Mittelweg wollen die Russen einschlagen, die ihre "neue" Raumstation mit einem zentralen Koppelungsmodul (UM) austatten wollen, das super-stabil gebaut wird, und glaube ich um die 40 Jahre halten soll. Und alle angekoppelten Module sind dann austauschbar. Allerdings ist es fraglich, ob man bei Austausch aller Module noch von derselben Raumstation sprechen kann.
Das scheint mir aber jedenfalls das beste im Moment realisierbare Modell zu sein.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: MHN am 15. Dezember 2013, 17:42:02

Um die ISS ein wenig zu verteidigen: Die Forschung läuft doch nicht erst seit 2011. Spätestens nachdem das US-Forschungsmodul Destiny Anfang 2001 oben war, wurde geforscht.
Das habe ich in meiner Berechnung schon berücksichtigt, ich dachte das wäre klar.



Zitat
Das ist ja einer der Vorteile von modularen Stationen - du kannst sie benutzen, auch wenn später noch etwas dazukommt oder verändert wird.
Auch wenn man Module verschweißt und auf Langlebigkeit auslegt spricht doch nichts dagegen, sie modular erweiterbar zu halten, da kann man dann immer etwas dranflanschen, wenn's notwendig wird.



Zitat
Dass der Endausbau des US-Segments so lange gedauert hat, hat außerdem hauptsächlich was mit der Columbia-Katastrophe und den Problemen mit dem Shuttle zu tun.
Die Columbia Katastrophe verzögerte den Ausbau nur um 3 Jahre, danach erfolgten wieder Shuttleflüge.
Hier liegt das Problem eher am Shuttle ansich, weil es bei dem Wartungsaufwand einfach nicht möglich war mehrere Shuttleflüge in einem Jahr durchzuführen.
So gesehen stimmt es schon, dass hier Verbesserungspotential durchaus vorhanden wäre, wenn man für eine zukünftige Raumstation ein anderes Transportmittel einsetzt.
Aber selbst hier sind nichtwiederverwendbaren Raketen logistische Grenzen gesetzt. Mehr als 12 Flüge pro Jahr dürften auch das nicht werden.
Das Shuttle wurde ja schließlich damals entworfen um die Anzahl der Flüge pro Jahr zu steigern, eben weil man mit den herkömmlichen Wegwerfraketen an die Grenzen stoß. Das das Shuttle dieses Ziel völlig verfehlte, das steht auf einem anderen Blatt, aber es zeigt, dass auch normalen Raketen Grenzen gesetzt sind.



Zitat
Ich denke, eine längere Betriebsdauer ist auf jeden Fall wünschenswert, aber 500 Jahre sind illusorisch. Auch wenn so eine Haltbarkeit erreicht werden könnte (das ist fraglich, selbst bei Fortschritten in Technik und Materialien bleibt z.B. das Bakterienproblem)
Gegen Bakterien hilft Physik. UV Licht hilft selbst gegen resistente Bakterienstämme.


Zitat
- spätestens nach 40-50 Jahren hat sich die Technologie grundlegend geändert, sodass eine neue Station Sinn macht, bzw. der Aufwand des Erhalts einer alten Station rasant zunimmt (Typisches Thema in der Raumfahrt: Erhalt alter Produktionsketten für Ersatzteile = teuer!).

Ja, aber von welcher Technologie sprechen wir denn hier?
Doch sicher nicht von strukturellen Bauteilen.
Die verschiedenen Metalllegierungen sind schon alle recht gut erforscht, auch hochfeste Stähle sind schon lange verfügbar und selbst wenn man in 50 Jahren alles aus Kohlefasern und Nanodrähten bauen könnte, würde eine aus heutigen Materialen gebaute Station ihre Funktionalität die Struktur zu erhalten und zu tragen nicht verlieren.

Der relevante Technologiefortschritt findet also auf einem ganz anderen Sektor statt, als auf dem Sektor der Struktur, und auf den anderen Sektoren ist dank Racks & entsprechendem Design alles austauschbar.

In den letzten 80 Jahren gab es z.b. riesige Fortschritte bei der Fahrstuhltechnik, dies war aber kein Grund das Empire State Building abzureißen und komplett neu zu bauen. Man hat einfach die alten Fahrstühle durch moderne Fahrstühle ersetzt und fertig.




Zitat
Einen Mittelweg wollen die Russen einschlagen, die ihre "neue" Raumstation mit einem zentralen Koppelungsmodul (UM) austatten wollen, das super-stabil gebaut wird, und glaube ich um die 40 Jahre halten soll. Und alle angekoppelten Module sind dann austauschbar. Allerdings ist es fraglich, ob man bei Austausch aller Module noch von derselben Raumstation sprechen kann.
Das scheint mir aber jedenfalls das beste im Moment realisierbare Modell zu sein.
Ja, es würde zumindest Sinn machen, wenn man die Wohn- Kopplungsmodule für einen langfristigen Betrieb auslegen würde, denn da sind die wenigsten Änderungen zu erwarten.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Collins am 15. Dezember 2013, 17:53:48
500 ? Jahre?
Es gibt auf der guten alten Erde kaum Häuser die so alt sind und noch im Ursprünglichen Zustand bzw. Der Ursprünglichen Funktion dienen.

Ein Problem ist einmal wie schon erwähnt die Haltbarkeit der Materialien im außen Bereich so wie der der schnelle Technische Fortschritt. Was heute noch das Non plus Ultra ist, ist morgen Schnee von gestern. Und da hilft dir nicht nur Racks aus zu tauschen sondern auch Strom und Daten Kabel so wie Lebenserhaltungssysteme, Feuerlöscher (Automatische) ect. ect.

Dann kommen noch die Bakterien die der Mensch selbst ein schleppt hinzu. Wie ich mich dunkle erinnern kann war das zu letzt auf der Mir ein großes Problem da die Bakterien sich unter der Strahlung gentechnisch verändert haben und mit herkömmlicher Desinfektion nicht bei zu kommen war.
Auf der ISS wurde dieses berücksichtig ist aber immer noch ein Problem.

Deswegen finde ich das Bigelow Konzept nicht schlecht. Mann kann in Relativ kurzer Zeit eine Maß geschneiderte Station bauen und nach Ende der Lebensdauer von sagen wir jetzt mal 20zig Jahren Sie entsorgen und dann eine neue auf Stand der Technik in Betrieb nehmen.

MfG Collins
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Skamander am 15. Dezember 2013, 18:02:20
Es ist nicht nur Materialermüdung und -alterung.
Versuche mal auf einen 20 Jahre alten Rechner (386er oder 486er mit 1 MB Arbeitsspeicher und 80 MB Festplatte)
z.B. Windows 8 zum Laufen zu kriegen. Ist glaub ich aussichtlos.
Und ein Upgraden des Hauptcomputers - auch wenn dort andere Bbetriebssysteme laufen - stelle ich mir nicht so einfach vor.
Irgendwann ist es wie mit einem alten Auto - die laufenden Reparaturen kosten mehr als eine Neuanschaffung.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: MX87 am 15. Dezember 2013, 19:38:23
Schweißen im Orbit? Möglich ist das sicherlich, aber bestimmt nicht unkompliziert oder risikolos.

Wenn ich mich nicht irre hatten die Russen schon bei Salyut verschiedene Schweißexperimente durchgeführt. Wohlgemerkt nicht an der Station selbst, sondern vor allem in Hinblick auf die Probe ob Schweißen auch in der Schwerelosigkeit funktioniert.

Glaube auch an Bord der Space Shuttles hat man diesbezüglich einige Experimente durchgeführt.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Collins am 15. Dezember 2013, 19:58:21
Es ist nicht nur Materialermüdung und -alterung.
Versuche mal auf einen 20 Jahre alten Rechner (386er oder 486er mit 1 MB Arbeitsspeicher und 80 MB Festplatte)
z.B. Windows 8 zum Laufen zu kriegen. Ist glaub ich aussichtlos.
Und ein Upgraden des Hauptcomputers - auch wenn dort andere Bbetriebssysteme laufen - stelle ich mir nicht so einfach vor.
Irgendwann ist es wie mit einem alten Auto - die laufenden Reparaturen kosten mehr als eine Neuanschaffung.


Nicht nur das. Wenn du neue Racks einbaust werden sich auch die Anschlüsse mit der Zeit verändern und du wirst's mehr Daten Leitungen benötigen da mehr Experimente in ein rack passen bzw. der Autput höher ist ist als in 20zig Jahre alten.

MfG Collins
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: MHN am 15. Dezember 2013, 20:33:01
Der Vergleich mit einem technischen Gerät wie eben einem Computer finde ich unpassend, da so etwas sowieso zu den Bestandteilen der Station gehören, die in kurzen Abständen ausgetauscht werden würden.

Bezüglich der Datenkabel zu den Racks kann man diese ebenfalls zum mittelfristig austauschbaren Bestandteil der Station dazuzählen, in alten Burgen oder älteren Hochhäusern hat man schließlich auch erst später Stromkabel verlegt oder diese sogar runderneuert, also ausgetauscht.
Bei ordentlichem Design stelle ich mir das jetzt nicht als großes Problem vor und wenn man auf Glasfaser für die Datenkabel setzt, dann liegt der eigentliche Fortschritt sowieso in den Sende- und Empfangssensoren und nicht mehr im Kabel.
So ein Modul ist erstmal nur ein Zylinder aus Stahl oder Aluminium, in diesem befinden sich Befestigungsstrukturen, an dem dann so Sachen wie Rackgehäuse, Toiletten, Schlafkabinen usw. angebracht werden. Das sind alles Dinge, die man mittelfristig nach und nach erneuern könnte, während dann lediglich die äußere Zylinderhülle der Bestandteil wäre, der langlebig ausgelegt werden müßte. Und um die Zylinderhülle wäre dann noch die Schutzplatten, die würden ebenfalls von Zeit zu Zeit ausgetauscht werden, sofern eine zu stark beschädigt wäre.
Alles andere, also was z.B. in die Racks eingebaut wird, das wären, dann die Dinge, die in kurzen Abständen je nach Bedarf ausgetauscht werden würde.

Warum man nun auch die ganze Zylinderhülle kurz bis mittelfristig austauschen können soll, das halte ich, sofern man die Materialermüdung durch entsprechende Wandstärken und das Bakterienproblem durch UV-Strahlung in den Griff bekommt, für wenig kosteneffizient.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Major Tom am 15. Dezember 2013, 20:56:27
Ein längerer Betrieb von Orbitaleinheiten als einige Jahrzehnte ist nicht sinnvoll. Ich verweise da mal auf diesen alten Thread:

https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=6103.0 (https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=6103.0)

Die wohl beste Lösung ist der Austausch der Module, sobald entweder nicht relativ einfach lösbare technische Probleme auftauchen oder die Wartung der veralteten Technik zu aufwendig / teuer / zeitintensiv wird. Das dürfte wohl nach 20 bis 40 Jahren der Fall sein. Spätestens dann ist der technische Fortschritt so groß, daß zumindest manche benötigte aber hoffnungslos veraltete Bauteile schlicht nicht mehr hergestellt werden.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Ruhri am 15. Dezember 2013, 23:28:11
Wenn ich mich nicht irre hatten die Russen schon bei Salyut verschiedene Schweißexperimente durchgeführt. Wohlgemerkt nicht an der Station selbst, sondern vor allem in Hinblick auf die Probe ob Schweißen auch in der Schwerelosigkeit funktioniert.

Glaube auch an Bord der Space Shuttles hat man diesbezüglich einige Experimente durchgeführt.

Und was war das Ergebnis? Ganz offensichtlich jedenfalls keines, das zwingend zur Anwendung von Schweißtechniken im Orbit geführt hätte. Es ist also möglich, dass die erkannten Schwierigkeiten den Nutzen übersteigen.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: dksk am 16. Dezember 2013, 15:42:10
Neben der grundsätzlichen Betriebsdauerauslegung der Stationselemente ist es für einen langen Betrieb wichtig, diese auch mit einem entsprechenden Betriebstechnikkonzept zu betreiben.
Dazu gehören natürlich auch die Hauptelemente der Kontrolle, planmäßigen Instandhaltung und unplanmäßigen Instandhaltung (Reparatur) – „wie beim Auto“
Hier habe ich 2 Basisdokumente dazu gefunden.
Audit Gesamtsystem
http://www.asc-csa.gc.ca/pdf/ar-op-prog-mgmt-2012-09.pdf (http://www.asc-csa.gc.ca/pdf/ar-op-prog-mgmt-2012-09.pdf)
Instandhaltung der Module – ab Passage „Service Module“ – „Maintenance“
http://spaceref.com/iss/operations.html (http://spaceref.com/iss/operations.html)

dksk
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: alepu am 20. Oktober 2020, 14:57:29
Das für eine bemannte Raumstation doch schon relativ hohe Alter macht sich zunehmend bemerkbar.
Inzwischen dürfte auch für immer mehr Komponenten die projektierte Haltbarkeitsdauer ablaufen.
Hat sicher nicht nur finanzielle Gründe warum ein Auslaufen der ISS im Jahr 2024 im gespräch war.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Bermax am 20. Oktober 2020, 15:25:48
Man wirft kein Auto weg, wenn die Bremsen kaputt sind.

Und man wirft auch keine Raumstation weg, wenn man einen Klemptner braucht. ;)
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Sensei am 20. Oktober 2020, 19:23:41
Man wirft kein Auto weg, wenn die Bremsen kaputt sind.

Und man wirft auch keine Raumstation weg, wenn man einen Klemptner braucht. ;)

Aber wenn die Reparaturkosten größer werden als der Restwert, und man vermutlich nicht mehr durch den TÜV kommt, wird es mal Zeit über einen neuen Wagen nachzudenken. ;)

Zur ISS: Schon vorher waren die Astronauten mehr Klempner als Forscher. Hoffen wir mal dass dieses Pendel nicht immer mehr Richtung 'wir sind da als Selbstzweck und um die Station am laufen zu halten' ausschlägt.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: McPhönix am 20. Oktober 2020, 21:11:48
Ja ich fürchte auch, man nimmt noch mit an Forschungsmöglichkeit, was geht und hält sie nur am Leben, um noch ausreichen mit den neuen Raumkapseln (RU und USA) testen zu können.
( Ja ok ist übertrieben, aber....)
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: alepu am 20. Oktober 2020, 21:45:20
Die ISS wird solange am leben erhalten, wie sie nichts anderes in etwa gleichwertiges haben, insbesonders wenn die Chinesen eine funktionsfähige Station im Orbit haben.
Den Chinesen werden sie das Feld bestimmt nicht freiwillig überlassen!
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: christiankrause6 am 26. Oktober 2020, 11:16:33
Ich habe auch mal in einen Bericht gelesen, das Korrosion ( Rost ) wohl auch ein Thema ist. In 400 km Höhe gibt es auch noch Restatmosphäre incl. Sauerstoff. Ich kann mich daran erinnern, dass ich Bilder von der ISS gesehen habe, an denen man deutlich eine Veränderung von metallischen Oberflächen erkennen konnte.
Sind die Gummiabdichtungen an den Kopplungsstutzen immer nur auf der Kapselseite, oder sind an den stationären Andockpunkten auch Gummidichtungen angebracht, die freiliegen, wenn mal keine Kapsel angedockt ist? Gummi wir auch mit der Zeit alt und spröde, wenn es starke thermische änderungen gibt. Und wie ist es mit den dauerhaften Verbindungspunkten der Stationsmodule, die ja z.T. schon über 20 Jahre alt sind?
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Hugo am 26. Oktober 2020, 11:44:32
Ich glaube, das die Erbauer der ISS die physikalischen Vorgänge kennen und beim baut der ISS beachtet haben.

Natürlich ändert das nichts da dran, dass die ISS altert. Jedes Jahr im Schnitt um 1 Jahr.

Persönliche Meinung: Die Tatsache, das noch immer Module gestartet werden (Beam, IDA, und bald Nauka) zeigt, dass man die ISS noch sehr lange weiter betreiben möchte.

Was mich persönlich freuen würde, wäre wenn man die Raumstation ab sofort "Linear" weiter bauen würde. Also immer nach vorne werden neue Module angebaut. Vielleicht sogar in Kooperation mit China. Dann könnte man auch einen zweiten Solarausleger vorne bauen. Und wenn es mit alten Modulen zu große Probleme gibt, kann man diese hinten abkoppeln und verjüngt die ISS damit ein wenig. Natürlich erfordert das, dass alle die gleichen Kopplungsmechanismen verwenden. Und die Kopplungsmechanismen müssten dafür verbessert werden. Somit ist es nur eine Wunschfantasie.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: alepu am 26. Oktober 2020, 14:44:48
Erstens können sie keine Kennnisse über physikalische Vorgänge haben, die so und in der art noch nie zuvor getestet und langfristig beobachtet wurden.
Zweitens, wenn Module (Nauka) gestartet werden sollen, die selbst damals in den Kindestagen der ISS gebaut wurden, läßt das auf keine allzulange Lebensdauer hoffen. Auch wenn sie z.T. aufgepeppt wurden. (Beam war nur als Testobjekt für wenige Jahre geplant, IDA-3 wurde dringend benötigt, da ja IDA-1 gar nicht erst angekommen war und ohne 2. amerik. Adaptor Flüge mit Dragon, CST-100 und Orion auf die dauer nicht möglich wären)
Drittens besteht ein eklatanter Unterschied zwischen dem was sie evtl. wollen und dem was real technisch möglich ist.
Und 4 Jahre sind ja noch mindestens geplant. (Daher auch Bishop)
Eine "lineare Bauweise" hätten sie schon von anfang an planen und bauen müßen.
China wird wohl, so sehr wir das auch bedauern mögen, nie an der ISS beteiligt werden. Es ist ja schon eine Frage, ob Rußland an der nächsten Raumstation beteiligt sein wird, ausser es ist eine chinesische.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Ldf am 26. Oktober 2020, 14:46:08
Ich habe auch mal in einen Bericht gelesen, das Korrosion ( Rost ) wohl auch ein Thema ist. In 400 km Höhe gibt es auch noch Restatmosphäre incl. Sauerstoff. Ich kann mich daran erinnern, dass ich Bilder von der ISS gesehen habe, an denen man deutlich eine Veränderung von metallischen Oberflächen erkennen konnte.
Sind die Gummiabdichtungen an den Kopplungsstutzen immer nur auf der Kapselseite, oder sind an den stationären Andockpunkten auch Gummidichtungen angebracht, die freiliegen, wenn mal keine Kapsel angedockt ist? Gummi wir auch mit der Zeit alt und spröde, wenn es starke thermische änderungen gibt. Und wie ist es mit den dauerhaften Verbindungspunkten der Stationsmodule, die ja z.T. schon über 20 Jahre alt sind?

Hi Chris,
eine moderne Dichtung ist nicht notwendigerweise eine Gummi- oder Polymerdichtung. Die leistungsstärksten Dichtungen heute sind Metalldichtungen nach dem Prinzip eines O- oder C-Ringes im Kraftnebenschluß. Unter Strahlungsbedingungen sind Polymere oder gar Gummi immer eine schlechte Lösung.
Ronald
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Sensei am 26. Oktober 2020, 19:16:10
Zitat
Eine "lineare Bauweise" hätten sie schon von anfang an planen und bauen müßen.

Das scheitert aber schon an der Aufteilung in 'russische' und US Sektionen auf der ISS. So etwas wird nicht kommen.
Zumal man (theoretisch) immer noch die ISS Modulweise auseinanderbauen und neu zusammensetzen könnte. (ich weiß, ganz so einfach ist es ohne Shuttle nicht mehr und erfordert wohl Modifikationen.<)
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: McPhönix am 26. Oktober 2020, 22:34:01
Überall, wo es auf Stabilität ankommt, vermeidet man lineare Bauweise. Man stelle sich vor - ein Modul hinter dem Anderen. Schon jetzt muß man das Arbeitsregime mitunter auf empfindliche Tests hin abstimmen. Linear könnte heißen - an einem Ende macht jemand Sport und am anderen Ende ist es zu spüren. Und da wären auch noch die Begriffe Resonanz und Schwingungsknoten etc.
Und dann kommt der Moment, wo man das ganze Gebilde katastrophenmäßig schnell bewegen müßte. Sat-Trümmer mit kurzer Vorwarnzeit zum Beispiel. Ok, bisher - "et is noch ümmens jood jegange..."
Ich glaube, bislang ist alles ein Kompromiß zwischen gerade so Machbaren und der Idealform Würfel mit abgespannten Eckpunkten :D
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: alepu am 26. Oktober 2020, 23:59:08
Die ISS ist nicht die erste Raumstation die gebaut wurde. Sie hatten also schon einige Erfahrung als sie das Ding errichtet haben.
Trotzdem würden sie es heute wohl etwas anders bauen.
Deshalb glaube ich, daß einige gar nicht soooo traurig sind, daß die ISS in einigen Jahren ausläuft und sie endlich was *besseres* bauen dürfen. Pläne dafür gibt es wohl reichlich, wer's bezahlen wird ist allerdings ne andere Frage.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: roger50 am 27. Oktober 2020, 01:08:33
Die ISS ist nicht die erste Raumstation die gebaut wurde. Sie hatten also schon einige Erfahrung als sie das Ding errichtet haben.

Frage: wer ist "sie"? Antwort: die Russen. Sie waren die einzigen, die bis dahin Erfahrung mit modularen Raumstationen hatten (MIR).  NASA und Co. hatten bis dahin nur Papierstudien (Freedom), die erste US-Station war SKYLB gewesen, die aber aus Überresten des Apollo-Programm gebaut und komplett in einem Stück gestartet wurde und nur für den Betrieb von 2-3 Jahren geplant war. Materialermüdung war da kein Problem gewesen.

Als man sich dann auf politischer Ebene geeinigt hatte, eine gemeinsame Station zu bauen, hat man (vereinfacht gesagt) einfach die verschiedenen Module "zusammengeklöppelt", die man bauen konnte/wollte.

Probleme zeigten sich gleich am Anfang der ISS-Lebensgeschichte, als sich "Swesda" sich wieder und wieder verzögerte und man in den USA schon dabei war, in einem Crashprogramm ein Antriebs-/Lageregelungsmodul zu bauen, um die bereits gekoppelten Module Sarja/Unity im Orbit zu halten.

Das große Problem im Moment ist, daß Swesda absolut benötigt wird, um die ISS betreiben zu können. Die meisten anderen Module könnte man 'wegschmeißen, ohne das es für die ISS gefährlich wird. Denn Swesda ist das einzige Modul der Station, die über Triebwerke zur Bahnanhebung, Lagekontrolle, etc. verfügt. Der gesamte US-/ESA-/JPN-Teil der ISS ist ohne Swesda zum Absturz verdammt. Ich weiß allerdings nicht, ob NAUKA diese Aufgabe übernehmen könnte, wenn man es an den Platz von Swesda setzt.

Trotzdem würden sie es heute wohl etwas anders bauen.

Definitiv, heute hat man auch viel mehr Erfahrung. Eine universelle Station wie die ISS wird es m.E. lange nicht mehr geben, stattdessen kleine Stationen für individuelle Aufgaben, wie Tourismus, Produktion, etc. Und dafür stehen ja schon einige private Anbieter (Bigelow,....) bereit.

Gruß
roger50
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: HausD am 27. Oktober 2020, 06:22:37
Danke, roger50, für die fachlich fundierte Analyse ...        Gruß, HausD
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: alepu am 27. Oktober 2020, 16:04:41
Eine universelle Station wie die ISS wird es m.E. lange nicht mehr geben, stattdessen kleine Stationen für individuelle Aufgaben, wie Tourismus, Produktion, etc. Und dafür stehen ja schon einige private Anbieter (Bigelow,....) bereit.

Da wäre ich mir nicht so sicher.

Es wird wohl mehrere verschiedene Arten von Stationen geben. Einmal bemannt und einmal unbemannt. Dann wohl noch staatlich und privat. Aber auch amerikanisch/international, chinesisch/international dabei wird sich irgendwo Rußland und Indien beteiligen und mit eigenen Crew-Schiffen anfliegen. Aber in nächster Zukunft werden wohl alle nach dem bei ISS mehr oder weniger bewährtem Sytem aufgebaut sein.

Die Modulbauweise werden sie aber wohl vorerst beibehalten, bietet i. A. einfach zu viele Vorteile.
So wird ja sowohl das Lunar-Gateway wie Axiom-Station oder auch bei der Gateway-Foundation und Bigelow modular gebaut.

Und wenn du eine bemannte Station mit der entsprechenden Überlebensausrüstung hast, wärst du dumm , wenn du nicht sowohl Wissenschaftlern für Forschung,Technikern für Produktion und Touristen für Erlebnisreisen einen Aufenthalt anbieten würdest. Wenn erforderlich durchaus in getrennten Modulen.
Von der Modulbauweise abweichen könnte man z.B., wenn ein entsprechend großes Schiff (Starship) als Station genützt würde.

Und 'Bigelow' kannste glaube ich auch erstmal vergessen.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Collins am 27. Oktober 2020, 16:18:00
Probleme sind aber Erschütterungen von den ganzen Menschen an Bord. Sie Stören ja schon heute bei den einen oder anderen Versuch. Also wäre getrennt für die Wissenschaftler die beste Lösung. Außerdem erfordert es wider einen Kompromiss zwischen den Anforderungen die wiederum ins Geld gehen.

Deswegen bin ich schon der gleichen Meinung wie roger50

Mfg Collins
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: alepu am 27. Oktober 2020, 16:25:00
Das wären dann spezielle Anforderungen, die man z.B. in einem phasenweise abtrennbarem, oder über eine Schleuse wie z.B. BISHOP zeitweise ausgesetzt, oder eben unbemanntem Modul, das in gewissen zeitlichen Abständen angeflogen wird, lösen könnte.
Vorteile einer kleinen Station sind allerdings sicher u.a. die grössere/einfachere Beweglichkeit und die geringere Gefährdung durch freifliegende Trümmer o.ä. (debris)
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Solaris am 27. Oktober 2020, 18:03:02
Die aktuelle wohl beste Lösung gegen die unerwünschten Erschütterungen sind Freiflieger, diese sollen entsprechend Standard Busse bzw. Interface für Experimente haben und nach Vorbereitung der Experimente sollen diese abdocken und z.B. im relativ kurzen Abstand hinter der Station fliegen. Wie z.B. der OKA-T von Roscosmos, der schon in jüngere Vergangenheit für die ISS vorgeschlagen wurde und aktuelle für die potentielle Russische Multifunktionale Raumstation ROSS auf 71,6° Bahnneigung vorgeschlagen wird. ROSS nicht zu verwechseln mit ROS, die auf Nauka und co. basierte Station auf 51,6° Bahneignung. Ja in Russland macht man sich ernsthafte gedanken über zwei Raumstationen gleichzeitig. ROSS soll eine kommerzielle ausgerichtet Raumstation sein, welche neben Forschung, Herstellung und Tourismus auch noch on orbit Satelliten Service anbieten soll.

(https://images.raumfahrer.net/up074020.jpg)      (https://images.raumfahrer.net/up074021.jpg)
Abb.1 Vorgeschlagener OKA-T Freiflieger für die ROSS Station - Credits: Energia                                                 Abb.2 Alter OKA-T Vorschlag für die ISS - Credits: Energia

(https://images.raumfahrer.net/up074022.jpg)
Abb.3 Ein vom DLR vorgeschlagener Freiflieger für eine möglich ESA ISS Nachfolger-Station - Credits: DLR

Also ich glaube die Zeit der multifunktionalen Raumstationen(z.B. ROSS oder Axiom Raumstation) ist nicht gezählt, auch wenn es in Zukunft zu spezialisierten Station führen wird. Es ist absehbare, dass es bald deutlich mehr Station im Erdorbit geben wird. Neben den US kommerziellen und den nationalen Russischen, Chinesischen und Indischen Ambitionen werden sich eventuelle andre noch hinzu gesellen. So bieten die Russen an für andre Länder Stationen zu bauen, welche auf der neuen Generation der TEM-1 basierten Technologie beruhen sollen. Es soll angeblich schon mehrere Interessenten geben.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Solaris am 27. Oktober 2020, 18:32:11
Was die Materialermüdung der Druckkörper der ISS angeht so überschätzen viele die "Alterung" der Module bzw. der Werkstoffe aus den diese bestehen. Russische Spezialisten sehen z.B. die Möglichkeit eines sichere ISS Betriebes bis 2030, wo drum sich Roscosmos bemüht. Was Nauka angeht so ist das Module erstmal für 7 Jahre Betrieb im Orbit freigegeben und lässt sich angeblich ohne weiteres verlängern, zumindest sollen im Fall eines nominellen Betriebs keine technischen Gründe dagegen sprechen.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: alepu am 27. Oktober 2020, 22:19:00
Danke #Solaris für deine Beiträge.
Ja, genau so habe ich mir das vorgestellt, ohne diese Projekte im einzelnen zu kennen!
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: alepu am 27. Oktober 2020, 22:48:36
Dazu paßt auch ganz gut folgender Artikel:

https://wired.com/story/what-comes-after-the-international-space-station/ (https://wired.com/story/what-comes-after-the-international-space-station/)

Sie legen zwar etwas viel wert auf Axiom, aber geben durchaus auch einen allgemeinen Ausblick auf die Vergangenheit und die nähere und fernere Zukunft der Raumstationen.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: wernher66 am 28. Oktober 2020, 06:09:00
Der Betrieb einer Raumstation ist sehr teuer.
Gibt es wirklich soviele Länder, die sich den Kauf einer Station in Russland leisten können?
Eigentlich fällt mir nur Indien als potentieller Kunde ein.
China geht seinen eigenen Weg, hat dafür genügend Geld und Wissen.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Xerron am 28. Oktober 2020, 10:47:50
Die Frage ist ob es sich dann tatsächlich um selbstständige Stationen handelt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Länder mit Ambitionen und Prestigesucht da einzelne Module kaufen, welche dann an der russischen Station angedockt sind, so wie Columbus. Raumfahrer könnten dann mit russischen oder eigenen Raketen (soweit vorhanden) da hin fliegen. Als Kunden würde mir spontan die Golfregion, Iran, Türkei usw. einfallen.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: tonthomas am 28. Oktober 2020, 18:59:30
... Als Kunden würde mir spontan die Golfregion, Iran, Türkei usw. einfallen.
Als Mod: Threadthema? Löschwarnung.

Gruß   Pix
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: Solaris am 29. Oktober 2020, 19:57:10
Laut Aussagen vom Sergey Krikalev (Direktor von Roscosmos für bemannte Raumfahrtprogramme) in einem TASS Artikel (https://tass.ru/kosmos/9853181), sind die Tests bzw. die Evaluation zum Nachweis eines technisch sicheren Betriebs der ISS bis 2024 im Endstadium. Die Ergebnisse sollen eine solide Basis zur Bewertung einer ISS Nutzung über 2024 dienen. An einer verlängerten Nutzung über 2024 hinaus besteht anscheinend Interesse von allen beteiligten Partner.
Titel: Re: Materialermüdung und Raumstationen - Und ist die ISS wirklich so alt?
Beitrag von: HausD am 30. Oktober 2020, 08:22:32
Neues zum Luftleck...

... und zur möglichen Ursache:
Der Riss an der Internationalen Raumstation (ISS) im russischen Swesda-Modul, von dem angenommen wird, dass er die Ursache für das Luftleck ist, könnte auf einen Aufprall von aussen auf den Körper der Station zurückzuführen sein. Das wurde von den russischen ISS-Besatzungsmitgliedern während der Gespräche mit dem ZUP (MCC) in Koroljow/bei Moskau berichtet.

(https://images.raumfahrer.net/up074019.png)
Blick von aussen auf die Übergangssektion des Swesda-Moduls                          Foto: Roskosmos

Zitat von Kosmonaut Sergei Rishikow an Wladimir Solowjow:
    "Wir hatten hier eine Idee, Wladimir, während wir arbeiteten. Wenn Sie auf das Foto schauen, ändert sich die Farbe in der Mitte des Risses. Es kann angenommen werden, dass es da einen Schlag von außen gegeben hat".

Der Kosmonaut schlug im Rahmen des künftigen Ausstiegs in den Weltraum im Rahmen des russischen Programms, der für den 18. November geplant ist, vor, die Aufprallstelle außerhalb des Moduls zu untersuchen.
Solowjow (Flugdirektor im ZUP/MCC) wiederum bemerkte, dass das schwierig sein wird :
 "Weißt du, es ist sehr schwierig, während des Ausstiegs an die Stelle  zu kommen, es gibt dort Kabel, und man müsste die Wärmeisolierung auftrennen, so dass es sehr schwierig wird, von aussen an diese Stelle zu gelangen".                                     
                                Quelle: TASS/Kosmos (https://tass.ru/kosmos/9869485)

Gruß, bleibt gesund und locker, auch wenn es schwerfallen sollte ... , HausD