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Raumfahrt => Fragen und Antworten: Raumfahrt => Thema gestartet von: Tuner am 28. August 2012, 19:57:21

Titel: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: Tuner am 28. August 2012, 19:57:21
Hallo zusammen

im Portalartikel von Günther Glatzel steht etwas über elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke:

http://www.raumfahrer.net/news/raumfahrt/27082012201112.shtml (http://www.raumfahrer.net/news/raumfahrt/27082012201112.shtml)

Zitat
Gemäß einer Veröffentlichung vom 26. August zündet der Feststoff und verbrennt, wenn eine Spannung angelegt wird. Schaltet man die Spannung ab, dann erlischt der Verbrennungsprozess von allein. Durch die Höhe der Spannung und den dadurch verursachten Strom lässt sich auch die Verbrennungsrate beeinflussen. Gleichzeitig ist das Material nicht durch Funken oder Flammen entzündbar.

Bisher hat DSSP LLC kleine Halbzoll-große Triebwerke entwickelt, die ohne Pumpen oder Kühlung auskommen. 24 von ihnen können über eine Steuerung geregelt werden. Einen ersten Satz von Triebwerken will man innerhalb von 18 Monaten auf einem Satelliten zum Einsatz bringen. Für elektrisch zündbare Feststoffe sieht die Firma aber auch andere Anwendungsgebiete, die nichts mit Raumfahrt zu tun haben.

Beworben werden die kleinen Triebwerke als sicher, langlebig, zuverlässig, lagerfähig und einach redundand zu verwenden. Außerdem gibt es, typisch für Feststofftriebwerke, keine beweglichen Teile.

Meines Wissens nach konnte man Feststofftriebwerke bisher nur "anzünden", der Schubverlauf wurde einzig durch die Geometrie des Brennraums gesteuert (Sternbrenner, Rohrbrenner)
vgl: http://de.wikipedia.org/wiki/Feststoffraketentriebwerk (http://de.wikipedia.org/wiki/Feststoffraketentriebwerk)

Nun soll es möglich sein, die Verbrennung des Treibstoffs elekrtrisch zu steuern. Meines Erachtens verwendet die Firma DSSP LLC einzelne, in eine Trägerstruktur eingebrachte, mini-Feststoffmotoren um dem Ziel zu entsprechen. stimmt nicht, gestrichen 30.08.2012

Meine Fragen sind also:

Habe ich einen elektro-chemischen/physikalischen Effekt übersehen, mit dem man die  chemische Reaktion im Raketeninneren steuern kann?

Welche Auswirkungen kann dieses Triebwerk besonders militärisch haben (Szenario aus Sicht einer Interkontinentalrakete: Start...(man sieht mich)..Cruise...(man sieht mich nicht)... Bahnkorrektur...(man sieht mich)...Freiflugphase mit mit Korrektur...(Es werde LICHT!)

mit fragenden Grüßen

Sven
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: NCC1701 am 28. August 2012, 23:01:13
Also, mir ist bekannt, dass man mit einer außen angelegten Spannung einen Transistor o.ä. steuern kann.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie das bei großen Antrieben funktionieren könnte.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: Matjes am 29. August 2012, 00:55:38
Hallo

Es ist nicht falsch im Forum neue Feststofftriebwerke anzukündigen.
Hier Zitat der Quelle.

"Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke in Sicht

Die Digital Solid State Propulsion Limited Liability Company aus Nevada (USA) hat ein Feststofftriebwerk angekündigt, das sich mit der angelegten Spannung regeln sowie an- und abschalten lässt."

Leider ist das eher eine Katastrophen-Meldung. Feststoff Raketen in der Erdumlaufbahn zu zünden ist wohl das Bescheuerste, was man tun kann. Übelste Erzeugung von Weltraumschrott. Aus den Triebwerken kommen Feststoffe raus, die auf Umlaufbahnen um die Erde bleiben. Diese Meldung ist schlimm. Darum geht es mir.

Bei Flüssigkeitsraketen entsteht Gas, daß von der Sonne ionisiert wird. Und der Sonnenwind erledigt den Rest. Ab in Richtung Jupiter. Der Raum um die Erde bleibt sauber. Das ist bei Festsoffraketen nicht der Fall. Das ist übel - ganz bäh bäh.
 
Im Forum wird der Vorgang als ganz normale Technikentwicklung behandelt und damit bagatellisiert. Ich will keine Feststoffraketen als Antrieb für Oberstufen oder gar Apogäuumsmotoren. Das wäre eine Katastrophe.

Gruß von Matjes
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: Martin am 29. August 2012, 02:55:58
Hallo Matjes,

Feststoffoberstufen gibt es schon seit Beginn der Raumfahrt und wurden in massiver Stueckzahl eingesetzt. Beispiele sind die IUS, die Orion Oberstufe von Taurus und Pegasus oder die STAR  Oberstufen (welche unter anderem New Horizons den letzten Kick gegeben haben).

Martin
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: GG am 29. August 2012, 17:01:30
Meinen Infos nach erlischt die Verbrennungsreaktion des neu entwickelten Stoffes, wenn man die angelegte Spannung abschaltet. Man kann das Material auch nicht mit Feuer zum (dauerhaften) Brennen bringen. Das ist schon eine neue Qualität.

Es handelt sich zudem um recht kleine Triebwerke. Inwiefern dabei größere Partikel (also größer als Moleküle) in der Umgebung verteilt werden, wird leider nicht gesagt. Man sollte aber davon ausgehen, dass den Entwicklern das Weltraummüllproblem bekannt ist. Wirtschaftlich wird man mit einem solchen Produkt nur Erfolg haben können, wenn die mittlerweile üblichen Regelungen in dieser Beziehung anerkannt werden.

Es handelt sich im übrigen nicht um eine Ansammlung von lauter kleinen Triebwerkszellen.

Es gibt auch Feststoffe, die rußfrei (partikelfrei) verbrennen. Übrigens wird u.a. daran in der ISS geforscht. Vielleicht ist das neue Material ein Produkt dieser Untersuchungen.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: runner02 am 29. August 2012, 20:36:57
Wieso will man Feststoffmotoren überhaupt wiederzünden?

Die haben ihren Vorteil doch unten, schnell aus der Atmosphäre raus. Im Vakuum ist der spezifische Impuls miserabel.  ???
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: GlassMoon am 29. August 2012, 23:29:42
Naja,
denk ans Space Shuttle, mit regelbaren Boostern hätte man praktisch jederzeit abbrechen können,
so war die früheste Abbruchsmöglichkeit nach Boosterabtrennung.

Außerdem gehts hier nicht um simples "An/Aus" (so wie ich das verstanden hab), hier soll man die Verbrennungsrate steuern können.
Man könnte also je nach Nutzlast die Beschleunigung regeln (z.B. bei leichter Nutzlast die Beschleunigung unter der nötigen Grenze zu halten).
Für militärische Anwendungen natürlich noch interessanter, stell dir eine Interkontinentalrakete vor, die Schub gibt, dann wieder nicht. Praktisch sehr schlecht berechenbar, z.B. für Abfangraketen. Das ist eigentlich der Vorteil von Flüssigraketen, aber die sind einfach zu schlecht lagerbar..

Was das Weltraummüllproblem angeht:
Ich denke sowieso nicht, dass man Feststoff in kommerziellen Oberstufen so schnell wieder einsetzen wird.
Liefert einfach zu wenig spezifischen Impuls. Kostet doch viel zu viel Nutzlast.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: NCC1701 am 29. August 2012, 23:42:27
Wieso will man Feststoffmotoren überhaupt wiederzünden?

Die haben ihren Vorteil doch unten, schnell aus der Atmosphäre raus. Im Vakuum ist der spezifische Impuls miserabel.  ???

Feststoffmotoren sind wesentlich effektiver (siehe SRB beim Shuttle) ODER auch OBEN, wie Martin einige posts vorher beschrieben hat.

Und nur so nebenbei, der spezifische Impuls ist im Vacuum immer besser, man braucht aber eine längere Düse...

Außerdem: Wiederzünden? Regulieren ist doch auch schon sehr interessanT.

@GlassMoon:
Monster wie die SRB wird man so nicht steuern können, da bräuchte man vermutlich 1 Mio. Volt oder so.

Aber die Technik scheint nach ersten Zweifeln sehr interessant zu sein.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: noidea am 29. August 2012, 23:58:05
@GlassMoon:
Monster wie die SRB wird man so nicht steuern können, da bräuchte man vermutlich 1 Mio. Volt oder so.

Wieos will man einen Raketenmotor nicht steuern? Durch eine Steuerung des Schubes lässt sich der Treibstoff effektiver nutzen und sowohl die dynamische als auch die Beschleunigungsbelastung beim Flug reduzieren. Das gilt eben auch für einen SRB und nicht nur für ein Flüssigtreibstofftriebwerk.

Um das etwas überspitzter auszurdrücken: Wenn du auf dem Shuttle gesessen wärst, wäre es dir nicht lieber, dass die Millionen PS unter dir nicht regelbar sind und man diese im Fall der Fälle abschalten könnte? Solch ein System hätte vielleicht das Challenger-Unglück verhindert, dass die Astronauten also überlebt hätten.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: Matjes am 30. August 2012, 00:18:49
Hallo

Der spezifische Impuls von Feststofftriebwerken ist etwas niedriger als von Flüssigkeitstriebwerken.
Ich denke, daß wir uns darüber einig sind. Trotzdem sind sie vom Kostenstandpunkt aus interessant.
Hoher Schub für kurze Zeit bei relativ niedrigen Kosten. Es gibt Bums fürs Geld.

Interessant sind Feststofftriebwerke als Booster. Genau wie beschrieben beim Space Shuttle, bei Ariane 5 und vielen anderen Trägern. Die Booster werden beim Start gezündet und helfen der Rakete erst einmal abzuheben und Geschwindigkeit aufzubauen. Da ist auch alles ok. Die Austrittsprodukte verbleiben in der Erdathmosphäre.

Ein ganz anderer Fall ist es, wenn man Feststofftriebwerke außerhalb der Erdathmosphäre zündet. Machen wir uns klar, was da hinten aus einem Feststofftriebwerk rauskommt. Ich würde gern das Zeug Schlacke nennen. Also Partikel aus Aluminium, Magnesium - eben Feststoffe. Aus Feststofftriebwerke kommen Feststoffe heraus.

Nehmen wir als Beispiel ein Apogäum Feststoff Triebwerk. Da fliegt bei jedem Zünden - im Apogäum - Schlacke raus,  die auf Keplerschen Bahnen verbleibt. Die Partikel verbleiben im Orbit. In einer Entfernung von 36.000 km. Na toll. Wir verseuchen den wichtigsten kommerziellen Orbit.

Typisch Mensch. Was interessiert mich die Zukunft. Hauptsache die Profite landen heute auf meinem Konto.
Deshalb bin ich gegen Feststofftriebwerke, die außerhalb der Erdathmosphäre gezündet werden.

Gruß von Matjes
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: GlassMoon am 30. August 2012, 00:22:46
Wieso will man Feststoffmotoren überhaupt wiederzünden?

Die haben ihren Vorteil doch unten, schnell aus der Atmosphäre raus. Im Vakuum ist der spezifische Impuls miserabel.  ???

Feststoffmotoren sind wesentlich effektiver (siehe SRB beim Shuttle) ODER auch OBEN, wie Martin einige posts vorher beschrieben hat.

Bitte was? So hat Martin das nicht gesagt. Feststoffmotoren werden nie besser als Flüssigtriebwerke sein.
Mal kleine Auflistung (alle Werte für Vakuum):
Shuttle-SRB(Feststoff): 2629 m/s
Proton-Erststufe(Hydrazin): 3100m/s
RD-171 (Kerosin): 3315m/s
Shuttle-SSME (Wasserstoff): 4480m/s

Und du willst sagen, Feststoff ist effektiver? Einfach nein. :)
Was Verwendungshäufigkeit angeht, habe ich extra von kommerziellen Feststoff-Oberstufen geredet. Und da gibts keine im Einsatz, wenn mich nicht alles täuscht. Wenn man Wert auf hohe Nutzlast legt, wird das nie viel Sinn machen.


Und nur so nebenbei, der spezifische Impuls ist im Vacuum immer besser, man braucht aber eine längere Düse...

Außerdem: Wiederzünden? Regulieren ist doch auch schon sehr interessanT.

@GlassMoon:
Monster wie die SRB wird man so nicht steuern können, da bräuchte man vermutlich 1 Mio. Volt oder so.

Quelle für die 1 Mio. Volt? Ich kann mir jetzt auch 2 Millivolt aus der Luft zaubern. Ne reine Vermutung ist ja erstmal gar nichts Wert.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: NCC1701 am 30. August 2012, 00:45:54
Hallo sf4ever,
ich sage nicht, dass man die SRB am Shuttle nicht steuern wollte.

Es gab aber nur genau einen Weg: Das Abbrand-Profil. Wurde hier schon mehrfach diskutiert. (Links Welcome)

Challenger:
- da ist ETWAS nach aussen durchgebrannt was niemand bemerkt hat
- dann ist NICHT der ET explodiert
- sondern: ein Booster (der kaputte) hat die mechanischen Verbindungen zu dem Shuttle "leicht" zerstört.
- danach bricht das Shuttle einfach auseinander, daß die nicht schief fliegen können (bei der Geschwindigkei) hat Columbia auch gezeigt.

Ich war 1986 zutiefst bestürst - und bin es auch noch heute.

ATK (die bauen diese Monster Booster) benötigt mittlerweile fast 10 Jahre um das ominöse fünfte Segment zur Serienreife zu bringen.

Und der Durchmesser dieser Monster bemisst sich nach wie vor an Pferde Ärschen (die Story gibt es hier auch)


@GlassMoon
Kommentare zu Zitaten sollte man ausserhalb der Zitate posten (jetzt bin ich vermutlich schon wieder das ashole...)
Aber ich habe mich hier wirklich über viele posts gewundert, wo kein neuer Text zu erkennen war.

Um zum Thema zurückzukommen:
Der Schub ist natürlich das Entscheidene - Ein SRB ist fast soviel wie zwei F1 (Saturn V).

Wenn man solche Triebwerke, auch wenn etwas kleiner und mit etwas weniger Volt, in Zukunft steuern kann, dann bin ich begeistert.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: ZiLi am 30. August 2012, 01:31:17
Also was effektiver ist, ist eigentlich klar, denn der maximale spezifische Impuls läßt sich direkt aus der durchschnittlichen Molekularmasse der Abgase ableiten (neben ihrer Geschwindigkeit). Je niedriger desto besser - aber bei Solids ist die nun mal prinzipbedingt höher als bei Liquids, und so wunderts nicht, wenn diese unter etwa 3000m/s spezifischer Impuls bleiben, während Liquids auf deutlich über 4000 kommen können. Solids sind aber gut, um kräftig anzuschieben, also für Unterstufen, wo man Schub, aber nicht unbedingt Effektivität braucht. Nicht umsonst dürften die letzten mehr oder weniger häufig eingesetzten, und auf kosmische Geschwindigkeiten gebrachten Solids Delta-2-Oberstufen, PAM-D und die IUS gewesen - hab sie alle selig...

-ZiLi-
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: Tuner am 30. August 2012, 18:00:36
Hallo zusammen,

ich habe heute mal ein bisschen weitergesucht und ein pdf gefunden:

http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=2&cad=rja&ved=0CCwQFjAB&url=http%3A%2F%2Fwww.virtualacquisitionshowcase.com%2Fdocument%2F1430%2Fbriefing&ei=N3c_UIGwM8nfsga57YCAAQ&usg=AFQjCNH0XuDn6qnocBMHVbLb5awHlVdkzQ (http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=2&cad=rja&ved=0CCwQFjAB&url=http%3A%2F%2Fwww.virtualacquisitionshowcase.com%2Fdocument%2F1430%2Fbriefing&ei=N3c_UIGwM8nfsga57YCAAQ&usg=AFQjCNH0XuDn6qnocBMHVbLb5awHlVdkzQ)

Nebenfrage: kann man Dokumente irgendwo kostenlos hochladen und wie?


Zusammenfassung:
- das mit den elektrisch steuerbaren Feststoffmotoren funkioniert
- man kann die Motoren/Geräte an die zu Verfügung stehende Energie anpassen, z.B. wenig Energie wie bei Satelliten oder viel Energie wie bei (Bomben)Zündern
- man hat inzwischen sieben Materialien entwickelt/entdeckt
- man hat einen billigen "metastabilen Verbundstoff" gefunden, der die Anwendungen in Richtung Explosivstoffe erweitert
- man kann sich eine "pellettierte Form" des Treibstoffes als sicheren Kanonentreibsatz vorstellen

mein Fazit:
Hinter dem ganzen steckt eine endotherme Reaktion, ohne elektrische Energie geht da garnichts. Eine Anwendung in der Raumfahrt ist, bis auf evtl. einen Technologiedemonstrator nicht vorgesehen. Eine Anwendung als Lageregelunstriebwerk bei Satelliten kann ich mir wegen des "gebruzzle" (siehe Video unten) aus Weltraumschrottgründen noch nicht vorstellen. Steuerbare SRB wird es nicht geben, da man sonst noch eine Batterie/Akku mitschleppen müsste. Das Ganze wird vom amerikanischen Verteidigungsministerium DOD finanziert. Man erhofft sich "in der Explosivkraft steuerbare Bomben", "smarte" reichweitengesteigerte Artilleriemunition, "sichere" Kanonentreibsätze... >:(

hier noch ein Video von den Treibsätzen:



Mit traurigen Grüßen
Sven

PS: gehört nicht hier her, bin zufällig darüber gestolpert:
wer sich für Militärforschung interesiert, aktuelle Projekte findet man hier
http://www.virtualacquisitionshowcase.com/ (http://www.virtualacquisitionshowcase.com/)
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: trallala am 30. August 2012, 19:28:06

Ein ganz anderer Fall ist es, wenn man Feststofftriebwerke außerhalb der Erdathmosphäre zündet. Machen wir uns klar, was da hinten aus einem Feststofftriebwerk rauskommt. Ich würde gern das Zeug Schlacke nennen. Also Partikel aus Aluminium, Magnesium - eben Feststoffe. Aus Feststofftriebwerke kommen Feststoffe heraus.

Nehmen wir als Beispiel ein Apogäum Feststoff Triebwerk. Da fliegt bei jedem Zünden - im Apogäum - Schlacke raus,  die auf Keplerschen Bahnen verbleibt. Die Partikel verbleiben im Orbit. In einer Entfernung von 36.000 km. Na toll. Wir verseuchen den wichtigsten kommerziellen Orbit.

Die ausgestoßenen Partikel werden doch nach hinten beschleunigt, sind also viel langsamer als das Raumfahrzeug und werden daher eine andere Bahn haben. Lässt sich das abschätzen, was da für eine Bahn für die "Schlacke" entsteht, wenn man z.B. in einem 36.000km-Orbit mit einem Feststofftriebwerk feuert?
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: Tuner am 30. August 2012, 20:39:13
Leider, keine Zukunft für die Raumfahrt!

man etwickelt wieder Bomben, Raketen, Zünder... die sicher handhabbar sind (keine Battrerie, kein Krawumm),
Raumfahrt ist da leider nur ein "Nebenkriegsschauplatz"...
Schade um die Millionen...
Gibt es nicht genug  Krieg und Elend in der Welt! Ich kann bei solchen Entwicklungen  nur k____zen!

 >:(

zornig: Sven

@MODs
ich glaube da kommt nicht viel sinnvolles, macht den Tread zu
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: klausd am 30. August 2012, 22:17:13
Die ersten Raketen wurden auch nicht entwickelt um in den Weltraum zu kommen, sondern um möglichst schnell Atombomben über den Atlantik zu "schippern". Das bei dieser Feststoff-Entwicklung später kein Spin-Off für die Raumfahrt herauskommt ist gar nicht sicher.

Würden wir hier jede Komponente mit militärischen Ursprung ignorieren, könnten aber einige interessante Technologien unter den Tisch fallen. Eine weitere Beobachtung über die Jahre fände ich daher durchaus legitim. Kein Grund gleich den Thread dicht zu machen. (Meine persönliche Meinung)

Gruß, Klaus
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: NCC1701 am 30. August 2012, 23:59:07
Hallo Klaus,
du hast ja Recht, aber ich werde mich hüten hier das Thema Militär und Raumfahrt weiter zu vertiefen. Es geht um "Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke".

Und wenn mir jemand erklären kann, wie man ein SRB oder eine sinvolle Oberstufe elektrisch steuern kann, dann bin ich dabei....

Ich mag Innovationen (auch wenn das Militär der Zünder ist)
Und jetzt ist Lachen befohlen!!!
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: tobi am 31. August 2012, 00:00:53
Raumfahrt und Militär waren schon immer eng verbunden auch in Europa. Was glaubt ihr denn wer die französischen Atomraketen M51 baut? Natürlich EADS Astrium Space Transportation in Frankreich. Und welche Technologie kommt dabei wohl zum Einsatz? Natürlich die Ariane Boostertechnologie.
http://www.astrium.eads.net/de/programme/m-51.html (http://www.astrium.eads.net/de/programme/m-51.html)
http://de.wikipedia.org/wiki/M_51_%28MSBS%29 (http://de.wikipedia.org/wiki/M_51_%28MSBS%29)

Weil also die industrielle Basis eine Ähnliche ist, dürfte es schwer sein eine Ariane 6 oder NELS ohne Booster durchzubekommen.

Auch in Deutschland macht die Bundeswehr Raumfahrt, nämlich z.B. mit den Radar-Spionagesatelliten (SAR-Lupe) und Kommunikationssatelliten (SatComBw).

In den USA ist das militärische Raumfahrtbudget mindestens so groß wie das zivile ( = NASA Budget). Und die NASA benutzt auch die vom Militär bezahlten EELV Raketen (Atlas V und Delta IV), etc...
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: NCC1701 am 31. August 2012, 00:29:32
"Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Militär und Raumfahrt ist hier einfach falsch am Platz.

Ich hoffe, Morgen etwas mehr Zeit für dieses Thema zu haben.
Stay tuned...
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: Kelvin am 31. August 2012, 01:33:45
Zitat
"Deshalb bin ich gegen Feststofftriebwerke, die außerhalb der Erdathmosphäre gezündet werden."

Ich würde nicht gleich in die Ablehnungsdenke verfallen. Bei einer solchen Nachricht fangen doch erst so manche potentiellen Anwender nachzudenken, ob es den für dies oder jenes für sie eine Option wäre. Ein neuartiger Gurtstraffer? Sicherheitsbremse für Aufzüge? Schweißgerät auf Kartuschenbasis?

Der Erfinder ist naturgemäß immer begeistert und sieht tausend Anwendungsmöglichkeiten. Das muß man verstehen, er arbeitete vermutlich lange genug daran und das Marketing versucht Kapital aus der Erfindung zu schlagen. Die potentiellen Nutzer werden es aber realistischer sehen. Sowohl für Begeisterung als auch Ablehnung besteht aus meiner Sicht im Moment kein Grund. Es ist ein Mosaiksteinchen mehr, welches der Konstrukteur wohl irgendwann zur Verfügung haben wird.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: Kelvin am 31. August 2012, 01:35:55
Zitat
"Lässt sich das abschätzen, was da für eine Bahn für die "Schlacke" entsteht, wenn man z.B. in einem 36.000km-Orbit mit einem Feststofftriebwerk feuert?

Die sind ja noch in der Experimentierphase, es ist auch die Rede von verschiedenen geeigneten Stoffen. Ich glaube nicht, daß man heute darauf wird antworten können, ohne den konkreten Stoff und sein Verhalten zu kennen.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: Kelvin am 31. August 2012, 01:42:53
Zitat
"Schade um die Millionen...
Gibt es nicht genug  Krieg und Elend in der Welt! Ich kann bei solchen Entwicklungen  nur k____zen!"

Nicht die Waffen sind böse, es hängt ganz davon ab, was man damit anfängt. Man sollte sich damit abfinden, daß Waffen zur menschlichen Existenz dazugehören, weil auch Aggressivität und Machtstreben ein Teil der menschlichen Anlagen ist. Man ist auf der sicheren Seite, wenn man sich wirksam verteidigen kann und die möglichen Angreifer davon möglichst frühzeitig überzeugt.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: trallala am 31. August 2012, 18:28:55
Zitat
"Lässt sich das abschätzen, was da für eine Bahn für die "Schlacke" entsteht, wenn man z.B. in einem 36.000km-Orbit mit einem Feststofftriebwerk feuert?

Die sind ja noch in der Experimentierphase, es ist auch die Rede von verschiedenen geeigneten Stoffen. Ich glaube nicht, daß man heute darauf wird antworten können, ohne den konkreten Stoff und sein Verhalten zu kennen.

Ich denke schon, es geht ja um reine Bahnmechanik. Die Geschwindigkeit der Schlake ist ja Geschwindigkeit des Raumfahrzeugs minus Ausstoßgeschwindigkeit. Und da ist halt die Frage, auf was für einer Bahn man sich dann bewegt wenn man mit dieser Geschwindigkeit in 36.000 km Höhe sitzt.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: Matjes am 01. September 2012, 11:51:34
Hallo Tralala

na klar läßt sich das abschätzen. Man kennt die Geschwindigkeit des Raumfahrzeug. In Fall eines Einsatzes als Apogäumsmotor ist der Nachrichtensatellit etwas langsamer als Kreisbahngeschwindigkeit. Das Feststofftriebwerk würde zum Beschleunigen des Satelliten verwendet. Damit ergibt sich eine elliptische Bahn der "Schlacke", die aber trotzdem eine geschlossene Bahn ist. Keplersche Orbits sind geschlossene Bahnen. Die "Schlacke" kommt immer wieder genau an dem Punkt vorbei, an dem sie vom Triebwerk ausgestoßen wurde. Und dieser Punkt liegt genau auf der Flugbahn der wichtigen Nachrichtensatelliten. 

Gruß von Matjes
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: trallala am 01. September 2012, 12:09:46
Aber vielleicht liegt der tiefste Punkt der Ellypse tief genug, damit die Schlacke in absehbarer Zeit von der Athmosphäre abgebremst wird und verglüht? Darauf zielte meine Frage, ob das jemand abschätzen kann.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: Matjes am 01. September 2012, 18:26:53
Hallo Tralala

Danke für Deine Hartnäckigkeit.
Die Frage lautet: Liegt das Perigäum der Schlacke nicht genügend tief, so daß wir Feststofftriebwerke auch als Apogäumstriebwerke verwenden können, ohne uns den erdnahen Raum dauerhaft zu verdrecken.


Habe jetzt den lieben ganzen Tag gerechnet, Formeln gewälzt und habe versucht eine Abschätzung zu treffen.
Hier die Ergebnisse:

Zur Berechnung der Umlaufgeschwindigkeit eines eliptisch umlaufenden Körper wird häufig die Kepler Gleichung verwendet. Manche nennen sie auch vis visa Gleichung.

Geschw. = Wurzel aus (G * M * (2/r - 1/a))

G: Grav Konst : 6,673 E-11 m^3 / (kg * s^2 )
M: Masse des Zentralkörper Sonne: 1,989 E30 kg oder Erde 5,974 E24 kg
r: Entfernung des umlauf. Körper vom Zentralobjekt
a: gr Halbachse (Bitte Def. der gr. Halbachse beachten: Hälfte des Durchmessers
der Bahn des umlauf. Objekts)

Beispiel 1: Erde umkreist die Sonne
r=a=149 Mill km
Wenn man denn alles richtig macht bekommt man 29,845 km/sec heraus

Beispiel 2: Sat umkreist auf gestat. Kreisbahn die Erde
r=a= 12750/2 + 36000 = 42375 km (Radius der Erde plus Höhe über Erde)
Wenn man denn alles richtig macht bekommt man 3,067 km/sec heraus
Wenn ihr wollt könnt ihr die Umlaufzeit kontrollieren. Es stimmt.

Diese Beispiele sind nur Kontrollbeispiele, wenn Jemand es nachrechnen will. Es übt wirklich.


Beispiel 3: Sat umkreist die Erde auf Ellipse (es interessiert die Geschw in Apogäum)
Erddurchmesser: 12570 km
Zusatzannahme: Perigäum: 400 km
r = 36000 + 12570/2             (Sat durchläuft gerade das Apogäum)
a= (36000 + 12570 /2 + 400)/2 (Def der gr. Halbachse beachten)
Wenn man denn alles richtig macht bekommt man 1,610 km/sec heraus.
Ergebnis der Rechnung: Der Satellit hat also im Apogäum noch eine Geschw. von 1,6 km/sec.

Die Austrittsgeschw. der Schlacke aus einem Feststofftriebwerk beträgt je nach Triebwerk
ungefähr 3 km / sec. Die Schlacke fliegt also anders herum um die Erde.

Das war für mich doch schon eine Überraschung.
 
Es ging um eine Abschätzung.
Verseucht die Schlacke aus einem Feststofftriebwerk den erdnahen
Raum dauerhaft. Meine Abschätzung hat zum Ergebnis, daß die Schlacke es tun würde.

Gruß von Matjes
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: GerdW am 01. September 2012, 18:44:53
Alle GPS-2.. Satelliten hatten einen Star-37 Feststoff-Apogäumsmotor, mit Ausnahme der 2 neuesten GPS-2F-Satelliten.
Ein paar GPS-2A Satelliten sind seit mehr als 20 Jahren in Betrieb.  :)
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: ZiLi am 01. September 2012, 18:45:45
Matjes: Also wenn ich Deine Rechenbeispiele sehe, würde das bedeuten, dass zur Zirkularisierung eines GTOs zum GSO eine Geschwindigkeitssteigerung von ~1,5km/sec auf ~3km/sec erfordert. Gegeben, dass es möglich WÄRE, über das Abbrandprofil eines Solids die Austrittsgeschwindigkeit so zu steuern, dass anfangs eine durchschnittliche Austrittsgeschwindigkeit von 1,5, ansteigend bis zum Schluss 3km/sec erreicht würde (wäre das bei einem Hohl/Stern-Brenner möglich oder vielleicht sogar gegeben?), müsste eigentlich der Grossteil der Schlacke auf quasi Nullgeschwindigkeit kommen, und somit mehr oder weniger sofort aus dem Orbit fallen. Wo ist der Haken an meinem Gedankengang?

Nein, ich bin NICHT für Solid-Kickstufen und Solid-Zirkularisierungsmotoren, und bin weiterhin dafür, Solids nur im suborbitalen Geschwindigkeitsbereich (also Unterstufen, Booster) zu betreiben - aber jetzt interessierts mich doch.

-ZiLi-
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: tobi am 01. September 2012, 19:04:52
ZiLi, keiner wird ernsthaft in Betracht ziehen die Ausströmgeschwindigkeit eines Motors auf die Hälfte zu senken. Das wäre Verschwendung. Das wäre auch nur durch verschiedene Treibstoffzusammensetzungen innerhalb des Blocks möglich. Die Form gibt hauptsächlich den Massenstrom und somit den Schub vor, die Ausströmgeschwindigkeit wird durch den spezifischen Energiegehalt bestimmt.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: ilbus am 02. September 2012, 22:24:38
Zur Wiederzündungfähigkeit der FEststoffantribe ein Auszug aus Bern Leitenbergers Aufsätzen zur Feststoffantrieben:

http://bernd-leitenberger.de/feststofftriebwerke.shtml (http://bernd-leitenberger.de/feststofftriebwerke.shtml)

Zu dem angeblichen Festpartikelproblem:

Im Orbit bleibt gar nichts gefährlichwes. Wenn man die zum Beschleunigen  benutzt so sind die Austrätenden Partikel um 2000 bis 3000km/s langsmaer als der Raumkörper. Um in die Atmosphäre wieder einzuträten erzeugen Bremstriebwerke eine unvergleichbar geringere Delta-V. Und zum Abbremsen werden die Abgase sehr nahe an die Fluchtgeschwindigkeit beschleunigt und mit dem Mondeinfluss verlassen die ERdumlaufbahn.

Grundsätzlich jedoch (nach meinem Verständniss der chemischen Reaktion) werden keine größere Partikel erzeugt die größer als das, was wir Staub nennen, sein werden.

Und zur allerletzt. Militär hin oder her, aber das Auto so wie es heute ist in seinen Anfängen auch von der Armee gefördert worden...dieser Blickwinkel ist zu einfach. Mich wird es nicht wundern, wenn eine der orbitalen Retungskapselkonzepte in der nahen Zukunft ausschließlich auf solchen Triebwerken aufgebaut werden.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: tobi am 02. September 2012, 22:47:32
Der hat doch ein fettes Copyright auf seiner Seite, also bitte hier nicht so ein großes Zitat, das macht nur Probleme.
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: ilbus am 03. September 2012, 10:30:40
Ok Tobi, hatte also doch den richtigen Verdacht. Danke für die Berichtigung.

Zu der Wiederzündbarkeit etc. schaut einfach unter dem Link den Abschnitte "Vorzeitige Brennschluss" und "Schubregelung" nach
Titel: Re: Elektrisch steuerbare Feststofftriebwerke
Beitrag von: vger am 23. September 2012, 18:40:01
Hat er sich mal beschwert?
Ganze Abschnitte sollte man von nirgendwo kopieren, das sollte bekannt sein, das es so was wie Urheberrechte gibt, auch ohne Copyrighthinweis. Übrigens steht auch bei raumfahrer.net
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sogar hier beim Forum, obwohl sicherlich die wenigsten Einträge von Portalredeakteuren stammen.